Entscheidungsstichwort (Thema)
Zollrechtliche Einreihung von Haselnüssen in KN 0802 oder 2008. Bindungswirkung einer verbindlichen Zolltarifauskunft
Leitsatz (redaktionell)
1. Thermisch behandelte getrocknete Haselnüsse sind in die Zollposition KN 0802 und nicht in KN 2008 einzureihen, sofern die Erhitzung nicht zu einer dauerhaften Charakterveränderung der Haselnüsse insoweit geführt hat, als das Kerninnere der Haselnuss braun gefärbt ist und das Enzym Polyphenoloxidase inaktiv ist.
2. Die Bindungwirkung einer verbindlichen Zolltarifauskunft erstreckt sich nur auf Waren, die der in der Auskunft beschriebenen Ware in jeder Hinsicht entsprechen.
Normenkette
EWGV 2658/87 KN 0802; KN 2008; ZK Art. 12 Abs. 1
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob das beklagte Hauptzollamt (HZA) berechtigt war, bei der Klägerin wegen unzutreffender Einreihung aus einem Drittland eingeführter thermisch behandelter Haselnüsse in die – in der im Zeitpunkt der Einfuhren geltenden Fassung der Verordnung (EWG) 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 geregelte – Kombinierte Nomenklatur (KN) Zoll nachzuerheben.
Die Klägerin handelt mit Nüssen und Trockenfrüchten, welche sie importiert, veredelt, verpackt und vertreibt. Zu den von ihr vertriebenen Produkten gehören insbesondere Haselnüsse, die sie u. a. von der türkischen Firma B als ganze Kerne bezieht und im Inland entweder ganz, gemahlen oder gehobelt verkauft. Die importierten Haselnüsse (jedenfalls diejenigen der Größenklasse 9-11 mm) werden seit dem Jahr 2002 vor dem Import durch die Lieferantin einer thermischen Behandlung unterzogen. Dabei werden die Haselnüsse mit einem sog. Röster 12 Minuten lang erhitzt, wobei die Durchschnittstemperatur 115°C beträgt, allerdings kurzzeitig (in sbesondere anfangs) auch Temperaturen bis 140°C erreicht werden; Ziel dieser Behand lung ist es, den Feuchtigkeitsgehalt der Haselnüsse auf 4,0 bis 5,5 % zu reduzieren.
Auf ihren Antrag hin ist der Klägerin am 13. Dezember 2001 von der Oberfinanzdirektion (OFD) … am 13. Dezember 2001 unter der Nr. … eine verbindliche Zolltarifauskunft (vZTA) erteilt worden, die sich auf die wie folgt beschriebene Ware bezog
„Türkische Haselnusskerne, leicht geröstet, Kaliber 9/11 mm.
Antragsangaben (als zutreffend unterstellt): Die Haselnusskerne werden bei 110 bis 140°C leicht geröstet. Hierbei sinkt der Feuchtigkeitsgehalt auf 4 bis 5,5 %. Die Nüsse haben eine leichte Röstnote und partiell abgelöste Samenhäutchen. Weitere Angaben zur Beschaffenheit enthält der Prüfbericht des Handelslaboratoriums. Verpackung: Big-Bags a 1.000 kg. netto.
Untersuchungsbefund: ganze, ca. 1 cm große, hell- bis mittelbraune Haselnusskerne, teils mit großflächig abgeplatzter Samenschale. Geruch: arteigen, z. T. ist eine sehr schwache Röstnote wahrnehmbar; Geruch der halbierten Kerne: deutliche Röstnote. Geschmack: arteigen, teilweise bitter, nur vereinzelt schwach geröstet schmeckend. Prüfung auf Röstung mittels HPLC des Wasserdampfdestillats: schwach geröstet.
Haselnüsse, in anderer Weise zubereitet oder haltbar gemacht, anderweit weder genannt noch inbegriffen, in unmittelbaren Umschließungen mit einem Gewicht des Inhalts von mehr als 1 kg.”
und eine Einreihung in die Zollnomenklatur unter der Unterposition 2008 1919 festlegte (vgl. die Anlage K5 zum Schriftsatz der Klägerin vom 13. September 2007; FG-ABl. 53).
Am 3., 4. und 9. Dezember 2003 meldete die Klägerin je eine Sendung von ihr aus der Türkei importierter „20 BIG-BAGS NUESSE IN ANDERER WEISE ZUBEREITET ODER HALTBAR GEMACHT” zunächst mit einer vereinfachten Zollanmeldung zur Überführung in den freien Verkehr an; im Feld 33 „Warennummer” ist jeweils „2008 1919 100” angegeben (zollfrei). An den genannten Tagen erfolgte auch die jeweilige Gestellung der Waren durch einen von der Klägerin beauftragten Spediteur, in deren Rahmen repräsentative Proben entnommen und – ausweislich der jeweiligen Ersuchen des HZA Weiden zur Probenuntersuchung – jeweils in Kunststoffbeuteln (mit Zollplombe P 813 verschlossen) zur Überprüfung der Einreihung in den Zolltarif an die damalige Zolltechnische Prüfungs- und Lehranstalt (ZPLA) … der OFD X weitergeleitet wurden. Bei den Waren handelte es sich – nach den insoweit vom HZA nicht bestrittenen Angaben der Klägerin – ebenfalls um im vorstehend umschriebenen Sinne thermisch behandelte Haselnüsse des Kalibers 9/11 mm.
Bei der Klägerin wurden die eingeführten Haselnüsse jeweils am Tag nach der Gestellung einer Wareneingangskontrolle unterzogen. Die hierüber gefertigten Laborberichte vom 4., 5. und 10. Dezember 2003, auf die wegen weiterer Messdaten Bezug genommen wird (vgl. FG-ABl. 36 bis 41), weisen jeweils folgende sensorischen Befunde aus:
Aussehen: |
mittelbraune, ganze, kleine, runde Haselnusskerne mit Schrumpfkernanteil |
Geruch: |
charakteristisch, leichte Röstnote, ohne Abweichung |
Geschmack: |
charakteristisch, leichte Röstnote, ohne Abweichung |
Die ZPLA untersuchte die bei ih...