Entscheidungsstichwort (Thema)
Besteuerung von Gewinnen aus dem Verkauf kontingentierter und damit hochpreisiger Eintrittskarten (hier: Champions-League-Finaltickets) nicht einkommensteuerbar
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei Champions-League-Finalkarten handelt es sich bei verfassungskonformer Auslegung um Wertpapiere, die seit Inkrafttreten des Unternehmenssteuerreformgesetzes nicht (mehr) dem Anwendungsbereich des § 23 EStG unterfallen, die auch von keinen Tatbestand des § 20 EStG erfasst werden und deren Veräußerung damit keinen steuerbaren Vorgang darstellt.
2. Bei einer Eintrittskarte handelt es sich nicht um eine Kapitalforderung i.S. des § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 7 i. V. m. Abs. 1 Nr. 7 EStG, da der in ihr enthaltene Anspruch nicht auf Geld, sondern auf den Zutritt zu einer Veranstaltung gerichtet ist.
Normenkette
EStG § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1, S. 2, § 20 Abs. 1 Nr. 7, Abs. 2 S. 1 Nr. 7
Nachgehend
Tenor
1. Der Einkommensteuerbescheid für 2015 vom 07.06.2016 wird dahingehend abgeändert, dass keine Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften zum Ansatz kommen und das zu versteuernde Einkommen sich damit auf 67.114,– Euro vermindert, so dass sich eine festzusetzende Einkommensteuer in Höhe von 17.863,– Euro ergibt.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Ermöglicht der Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung im Wert von mehr als 1.500 EUR, haben die Kläger in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruches Sicherheit zu leisten. Bei einem vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruch bis zur Höhe von 1.500 EUR kann der Beklagte der vorläufigen Vollstreckung widersprechen, wenn die Kläger nicht zuvor in Höhe des vollstreckbaren Kostenanspruchs Sicherheit geleistet haben, §§ 151 FGO i.V.m. 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
In ihrer Einkommensteuer-Erklärung für das Streitjahr 2015 haben die Kläger bei den privaten Veräußerungsgeschäften die Anschaffung und Veräußerung von zwei Eintrittskarten für das Champions-League-Finale 2015 in Berlin erklärt.
Diese hatten sie, nachdem sie sich für einen entsprechenden Erwerb registriert hatten, über die offizielle UEFA-Webseite im April 2015 zugelost bekommen (vgl. zum Verfahren Websitenausdruck, Bl. 51 der Gerichtsakte). Die Anschaffungskosten betrugen 330,– EUR. Ursprünglich hatte der Kläger geplant, das Finale zusammen mit seinem Sohn zu besuchen. Nachdem jedoch feststand, dass das Finale ohne deutsche Beteiligung stattfinden würde, entschloss sich der Kläger zum Verkauf der Karten (vgl. insoweit Ausführungen des Klägers im Rahmen der informatorischen Anhörung; Websitenausdruck UEFA Champions League 2014/15, Bl. 53 der Gerichtsakte). Der Verkauf erfolgte über die Ticketplattform X am 10.05.2015. Der ausbezahlte Veräußerungserlös abzüglich Gebühren betrug 2.907,– EUR.
Die Kläger gingen von der Steuerfreiheit des Veräußerungsgeschäfts aus und erklärten in der eingereichten Einkommensteuer-Erklärung ausdrücklich einen Gewinn in Höhe von 0,– Euro.
Im Einkommensteuerbescheid für 2015 vom 07.06.2016 erfasste das beklagte Finanzamt jedoch sonstige Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften in Höhe von 2.577,– EUR.
Die Erläuterungen zur Festsetzung enthalten dabei folgende Ausführungen:
„Die Veräußerung der Champions League Finalkarten ist steuerpflichtig im Sinne des § 23 EStG. Die Steuerbefreiung nach § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 2 EStG greift nur für Gegenstände des täglichen Gebrauchs. Gegenstände des täglichen Gebrauchs sind Wirtschaftsgüter, die üblicherweise zur Nutzung angeschafft werden. Das Wirtschaftsgut darf keine Eignung zur Einkünfteerzielung besitzen. Besitzt ein Wirtschaftsgut eine Nutzungs- und eine Wertsteigerungskomponente muss man darauf abstellen, ob eine Eignung zur Wertsteigerung vorliegt, also ob derartige Gegenstände auch als Wertanlage angeschafft werden. Eine Eintrittskarte ist kein Gegenstand des täglichen Gebrauchs, sondern vielmehr nur zur einmaligen Nutzung an einem bestimmten Tag geeignet. Dadie Nachfrage bei Champions League Finalkarten das Angebot extrem übersteigt, handelt es sich um Gegenstände, die von vielen als Spekulationsobjekt mit garantiertem Gewinn angeschafft werden. Der Schwarzmarkt ist diesbezüglich riesig. Somit ist eine Wertsteigerungskomponente gegeben.”
Mit Schreiben vom 04.07.2016 stellten die Kläger einen Antrag auf schlichte Änderung des Einkommensteuerbescheids dahingehend, die sonstigen Einkünfte mit Null Euro festzusetzen. Bei den Eintrittskarten handele es sich um Gegenstände des täglichen Gebrauchs, die von einer Besteuerung ausgenommen seien.
Mit einem ohne Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Schreiben vom 15. Juli 2016 lehnte das beklagte Finanzamt den Änderungsantrag ab. Champions-League-Finalkarten stellten keinen Gegenstand des täglichen Gebrauchs dar, da sie eine Wertsteigerungskomponente enthielten.
Mit weiterem Schreiben vom 17. April 2017 bat...