Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorbehaltenes dingliches Wohnrecht. Verzicht. Werbungskostenabzug des Grundstückseigentümers. Einkommensteuer
Leitsatz (redaktionell)
1. Hat sich der Vermögensübergeber ein lebenslanges Wohnrecht an einer Altenteilerwohnung vorbehalten, dessen Eintragung im Grundbuch er nach dem Übergabevertrag jederzeit beantragen kann, so kann er diese unentziehbare, dinglich gesicherte Position auch im Falle eines krankheitsbedingten Auszugs aus der Wohnung allenfalls durch ebenbürtige Erklärungen wieder aufgeben.
2. Hat der Wohnrechtsinhaber eine solche Verzichtserklärung zu Lebzeiten nicht abgegeben, so erlischt das Wohnrecht erst im Zeitpunkt seines Todes mit der Folge, dass der Grundstückseigentümer erst ab diesem Zeitpunkt – bei bestehender Vermietungsabsicht – zum Werbungskostenabzug hinsichtlich der wohnrechtsbelasteten Wohnung berechtigt ist.
Normenkette
EStG 1997 § 9 Abs. 1 S. 1, § 21 Abs. 1 S. 1; BGB § 1093 Abs. 1
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens…
Tatbestand
Der Kläger zu 1 ist verheiratet. Die Eheleute werden zusammenveranlagt.
Mit notariellem Übergabevertrag vom 12. September 1994 übertrug die Mutter des Klägers zu 1 diesem das mit Wohnhaus und Scheune bebaute Grundstück in …
In § 2 Nr. 2 des Übergabevertrages heißt es:
„Die Übergeberin behält sich ein ausschließliches, lebenslängliches, unentgeltliches Wohnungsrecht im gesamten Gebäude … Straße, der Markung …vor.
Die Überlassung der Ausübung des Wohnungsrechts an Dritte, auch teilweise und auch gegen Entgelt ist gestattet.
Schuldrechtlich wird vereinbart, dass dem Übernehmer … für diesen Fall ein Vormietrecht zusteht.
Sämtliche Kosten für Strom, Heizung, Wasser und sonstige Nebengebühren trägt der Sohn … soweit jedoch eine Überlassung erfolgt, gilt die Kostentragungspflicht nicht …
Der Eigentümer ist im Interesse des Wohnungsrechts zur ordnungsgemäßen Instandhaltung des Bauwerks verpflichtet …
Die Eintragung dieses Wohnungsrechts wird bewilligt … Antragstellung bleibt der Berechtigten auf Kosten von … (Sohn) jederzeit vorbehalten …”
Im Sommer 1998 zog die Mutter des Klägers zu 1 aus gesundheitlichen Gründen bis zu ihrem Tode im Juni 2000 in den Haushalt des Bruders des Klägers zu 1.
Im Herbst 1998 sanierte der Kläger zu 1 das Hausdach des Gebäudes für 32.686 DM.
Mit Mietvertrag vom 10. August 1999 vermietete der Kläger zu 1 auf seinen Namen das Wohnhaus ab 1. November 1999. Die Monatsmiete betrug 500 DM. Der Mieter war erst im Laufe des Jahres 2000 zur Mietzahlung verpflichtet, da er umfangreiche Reparaturen auf eigene Kosten durchgeführt hatte. Die Miete kassierte der Kläger zu 1.
In ihrer Einkommensteuererklärung 1998 beantragten die Kläger die Berücksichtigung der Reparaturkosten für die Dachsanierung i.H. von 32.686 DM als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.
In dem nach § 164 Abs. 1 Abgabenordnung – AO – unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Einkommensteuerbescheid für 1998 vom 16. August 2000 verfuhr der Beklagte antragsgemäß. Im Rahmen einer am 6. Mai 2001 für das Streitjahr stattgefundenen Außenprüfung meinte der Außenprüfer, die Reparaturkosten seien nicht als Werbungskosten zuzulassen, weil das Wohnungsrecht im Streitjahr nicht erloschen gewesen sei.
Am 6. Juli 2001 erließ das Finanzamt gemäß § 164 Abs. 2 AO einen Einkommensteuer-Änderungsbescheid für 1998 ohne Berücksichtigung der o.g. Reparaturkosten.
Am 20. Juli 2001 legten die Kläger Einspruch ein. Sie trugen vor, dass die Übergeberin infolge ihrer Krankheit (Diabetes, Parkinson'sche Krankheit) einer ganztägigen Betreuung bedurft hätte und deshalb ab Sommer 1998 vom Bruder des Klägers zu 1 in dessen Wohnung in … aufgenommen worden sei. Bereits zu diesem Zeitpunkt sei in der Familie klar gewesen, dass die Mutter nie mehr alleine in der Wohnung …Straße … leben und auch nicht mehr zurückkehren könne.
Die Mutter des Klägers zu 1 habe auch auf ihr Wohnungsrecht im Sommer 1998 verzichtet. Schriftliche Vereinbarungen insoweit existierten nicht. Der Verzicht der Mutter auf das Wohnrecht im Sommer 1998 ergebe sich daraus, dass der Kläger zu 1 bereits ab 1. November 1999 das Wohnhaus vermietet habe. Die Kläger verweisen auf das Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 31.5.2000 IX R 6/96, BFH/NV 2001, 24, wonach Reparaturkosten als Werbungskosten in Abzug gebracht werden könnten, wenn das Ende der Nutzung des Wohnungsrechts durch den Altenteiler absehbar sei. Im Streitfall sei bereits zu Beginn der Reparaturen absehbar gewesen, dass die Mutter das ihr zustehende Wohnrecht niemals mehr würde ausüben können. Ihre Krankheit habe ab ihrem Umzug eine permanente Betreuung notwendig gemacht.
Durch Einspruchsentscheidung vom 13. Mai 2003 wies das Finanzamt den Einspruch als unbegründet zurück.
Das Finanzamt führte an, dass nach ständiger Rechtsprechung des BFH die erforderliche Einnahmeerzielungsabsicht fehle,...