Entscheidungsstichwort (Thema)
Widerruf der Bestellung als Steuerberater nach Abgabe der eidestattlichen Versicherung. Widerlegung der Gefährdung von Mandanteninteressen durch arbeitsvertragliche Beschränkungen. Weitergabe von Informationen über rückständige Einkommensteuer des Steuerberaters auch bei Zusammenveranlagung zulässig
Leitsatz (redaktionell)
1. Die gesetzliche Vermutung, dass ein Steuerberater in Vermögensverfall geraten ist, wenn er in das vom Insolvenzgericht oder Vollstreckungsgericht zu führende Schuldnerverzeichnis eingetragen ist, kann dieser auch während des Fortbestehens der Eintragung widerlegen durch den Nachweis, dass seine wirtschaftlichen Verhältnisse gleichwohl geordnet sind und er in der Lage ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen; dabei der trägt der Steuerberater die Feststellungslast.
2. Ist ein im Schuldnerverzeichnis eingetragener Steuerberater bei einer Steuerberatungsgesellschaft, an der er selbst nicht beteiligt ist, als einziger Steuerberater-Geschäftsführer mit beruflicher Niederlassung am Sitz der Gesellschaft angestellt, so sind umfassende arbeitsvertragliche Beschränkungen (u.a. Ausschluss der Befugnis, Steuererstattungen entgegenzunehmen, Vermögen von Mandanten treuhänderisch zu verwalten oder Anderkonten für diese zu unterhalten) als nicht durchführbar, nicht ernstlich gewollt, einer effektiven Überwachung nicht zugänglich und damit als nicht geeignet anzusehen, eine konkrete Gefährdung von Auftraggeberinteressen auszuschließen.
3. Die Weitergabe von Informationen über die persönlichen Einkommensteuerverbindlichkeiten eines in Vermögensverfall geratenen Steuerberaters durch die Oberfinanzdirektion an die Steuerberaterkammer ist auch dann zulässig, wenn eine Zusammenveranlagung erfolgt ist und die zusammenveranlagte Ehefrau hinsichtlich der Verbindlichkeiten Gesamtschuldnerin ist; § 10 StBerG als diesbezügliche Rechtsgrundlage ist eine Sonderregelung, die den Datenschutzbestimmungen des Bundesdatenschutzgesetzes vorgeht.
Normenkette
StBerG § 46 Abs. 2 Nr. 4, § 10 Abs. 1; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1; AO § 30a; BDSG § 1 Abs. 3, § 39; ZPO § 915
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Bestellung des Klägers als Steuerberater zu Recht wegen Vermögensverfalls widerrufen worden ist.
1.
Der Kläger, der im Zuständigkeitsbereich der beklagten Berufskammer als Steuerberater bestellt war, war zunächst (zu 49 v.H. beteiligter) Gesellschafter – Geschäftsführer der X Steuerberatungsgesellschaft Treuhandgesellschaft mbH, O (im Folgenden: X GmbH). Mitgesellschafter waren G Z (zu 49 v.H.) sowie K Z und b A (jeweils zu 1 v.H.). Im Dezember 1998 erwarb der Kläger die Geschäftsanteile von G Z und b A (zu Kaufpreisen in Höhe von 713.507,82 EUR und 14.827,46 EUR), den Geschäftsanteil von K Z erwarb Steuerberater P R. Im Januar 2003 wurde die Firma der Gesellschaft in „Y Unternehmensberatung GmbH” geändert. Am 24. Februar 2003 stellte der Kläger für die Gesellschaft einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens.
Seit 1. Februar 2003 ist der Kläger gesamtvertretungsberechtigter Fremdgeschäftsführer der SP X GmbH, Wirtschafts- und Steuerberatungsgesellschaft mit Sitz in O (im Folgenden: SP X GmbH). Gesellschafter sind Rechtsanwalt T, L, und Steuerberaterin K, L, letztere ist (seit August 2006 einzige) weitere Geschäftsführerin. Frau Rechtsanwältin F, O, wurde durch Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 27. Juli 2006 Prokura erteilt.
Gemäß § 2 des Geschäftsführervertrags vom 7. Februar 2003 hat der Kläger die Pflichten eines Geschäftsführers einer GmbH gemäß dem Gesetz und nach Maßgabe der Satzung zu erfüllen sowie die Weisungen der Gesellschafterversammlung zu befolgen. Folgende Geschäfte bedürfen der vorherigen Zustimmung der Gesellschafterversammlung: Erwerb, Veräußerung und Belastung von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten; Aufnahme und Hingabe von Krediten von einzeln mehr als 25.000 EUR; Wechselbegebungen und Verbürgungen; Errichtung und Aufgabe von Zweigniederlassungen; Bestellung und Abberufung von Prokuristen; Versorgungszusagen jeglicher Art; Abschluss von Verträgen und Geschäften jeder Art, die im Einzelfall größere Verpflichtungen als 25.000 EUR für die Gesellschaft mit sich bringen oder die Gesellschaft ohne Rücksicht auf den Wert länger als ein Jahr verpflichten; alle Geschäfte, die außerhalb des durch den Gesellschaftszweck bestimmten normalen Geschäftsbetriebs der Gesellschaft liegen. Nach § 3 des Vertrages erhält der Kläger ein Bruttogehalt von 2.500 EUR monatlich sowie den monatlichen Ersatz von Aufwendungen.
Am 27. Juni 2006 wurde der Geschäftsführervertrag vom 7. Februar 2003 wie folgt ergänzt:
- „Der Arbeitnehmer ist nicht berechtigt, Aufträge alleine für die Arbeitgeberin anzunehmen. Der Arbeitnehmer nimmt auch persönlich keine Aufträge für die Gesellschaft ohne ausdrückliche Zustimmung zum...