Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufgabe eines landwirtschaftlichen Betriebs 12 Jahre nach dem Kauf und verlustrealisierender Verkauf des ins Privatmögen überführten Grundbesitzes nach weiteren vier Jahren: Veräußerungsverlust kein Teil des vom Steuerpflichtigen daneben unterhaltenen gewerblichen Grundstückshandels, Entnahme des Grundbesitzes aus dem landwirtschaftlichen Betriebsvermögen keine „Anschaffung” im Hinblick auf die Fristen bei der Drei-Objekt-Grenze im Rahmen des gewerblichen Grundstückshandels
Leitsatz (redaktionell)
1. Nach der BFH-Rspr. liegt i. d. R. ein gewerblicher Grundstückshandel vor, sofern mehr als drei Objekte innerhalb eines engen zeitlichen Zusammenhangs von i. d. R. fünf Jahren ab Anschaffung oder Bebauung veräußert werden. Dieser Fünf-Jahres-Zeitraum ist jedoch nicht als starre – absolute – Grenze zu betrachten, so dass Objekte, die nach mehr als fünf Jahren seit Erwerb oder Errichtung veräußert werden, nicht generell außer Betracht bleiben. Ein Überschreiten des Fünf-Jahres-Zeitraums hat lediglich zur Folge, dass die von dem zeitlichen Zusammenhang ausgehende Indizwirkung hinsichtlich des Vorliegens einer bereits im Zeitpunkt des Erwerbs oder der Errichtung bestehenden (bedingten) Veräußerungsabsicht verringert wird und ggf. durch andere Anhaltspunkte ergänzt werden muss, wobei allerdings grundsätzlich ein maximaler Betrachtungszeitraum von zehn Jahren gilt.
2. Die Entnahme eines Objekts aus dem land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen eines Steuerpflichtigen, der daneben unstreitig einen gewerblichen Grundstückshandel betreibt, stellt mangels Rechtsträgerwechsels keine Anschaffung im Hinblick auf den gewerblichen Grundstückshandel dar. Durch die Entnahme beginnt daher kein neuer Fristlauf i. S. d. BFH-Rspr. zum gewerblichen Grundstückshandel.
3. Hat ein Steuerpflichtiger, der langjährig einen gewerblichen Grundstückshandel betreibt, daneben ein landwirtschaftliches Anwesen gekauft, damit mehr als 12 Jahre Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielt, wegen dauerhafter Erzielung von Verlusten den landwirtschaftlichen Betrieb aufgegeben sowie abgewickelt, den landwirtschaftlichen Grundbesitz ins Privatvermögen überführt und nach weiteren vier Jahren mit Verlust veräußert, so kann der Veräußerungsverlust nicht den Einkünften aus dem gewerblichen Grundstückshandel zugeordnet werden, sondern ist im Rahmen von § 23 EStG steuerbar. Die Veräußerung des Grundbesitzes steht nicht mehr im zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit der ursprünglichen Anschaffung des landwirtschaftlichen Grundbesitzes, sondern mit der (beendeten) Fruchtziehung und ist als deren letzter Akt anzusehen. Der nach über 12 Jahren getroffene Entschluss, das Objekt nach langjähriger Selbstnutzung bzw. Fruchtziehung zu veräußern, begründet keinen neuen Fristbeginn i. S. der o.g. BFH-Rspr. zum Fünf- bzw. Zehnjahreszeitraum hinsichtlich des gewerblichen Grundstückshandels.
4. Die Regelung in § 23 Abs. 1 S. 2 EStG ist im Anwendungsbereich des § 15 EStG nicht analog anwendbar.
Normenkette
EStG § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, S. 2, § 15 Abs. 2, §§ 13-14
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Berücksichtigung eines Verlusts aus einer Grundstücksveräußerung im Jahr 2009 bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb.
Der Kläger (Kl) wurde im Streitjahr zusammen mit seiner Ehefrau zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt. Er betreibt seit über 30 Jahren einen gewerblichen Wertpapier- und Grundstückshandel (im Folgenden nur noch: Grundstückshandel). Sämtliche Grundstücksveräußerungen, die er innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren nach Anschaffung oder Herstellung vornahm, ordnete er spätestens im Zeitpunkt der Veräußerung dem gewerblichen Grundstückshandel zu; teilweise bilanzierte er Grundstücke auch schon ab Anschaffung im Betriebsvermögen seines gewerblichen Grundstückshandels. Vereinzelt ordnete er darüber hinaus auch Grundstücksveräußerungen außerhalb der Zehnjahresfrist dem gewerblichen Grundstückshandel zu; hierbei handelte es sich um Grundstücke, die der Kl zunächst in seinem gewerblichen Grundstückshandel bilanziert, zwischenzeitlich aber entnommen und später – jedenfalls überwiegend – mit Verlust, teilweise an eine von der Ehefrau beherrschte Grundstücksgesellschaft, veräußert hatte.
Aufgrund notariellen Kaufvertrags vom 9. Oktober 1992 erwarb der Kl das Anwesen A, das aus mehreren Grundstücken bestand. Er betrieb in der Folge dort einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb (im Folgenden: Betrieb) und ordnete die Grundstücke des Anwesens seinem land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen zu. Mit Schreiben seines Bevollmächtigten (Bev) vom 13. April 2005 erklärte der Kl, nachdem er anhaltend Verluste erwirtschaftete hatte, die Aufgabe des Betriebs zum 30. Juni 2005. Im Rahmen einer Betriebsprüfung unter anderem ...