Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung einer Betriebsfeier zu einer betrieblichen Repräsentationsveranstaltung. geldwerter Vorteil beim Auftritt eines weltberühmten Sängers auf einer Betriebsveranstaltung
Leitsatz (redaktionell)
1. Zuwendungen des Arbeitgebers aus Anlass von Betriebsveranstaltungen liegen nicht im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers und sind als Arbeitslohn zu versteuern, wenn der dem einzelnen Arbeitnehmer zugewendete Vorteil die Freigrenze von 110 Euro überschreitet.
2. Unter Betriebsveranstaltungen sind Veranstaltungen auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter zu verstehen, bei denen die Teilnahme grundsätzlich allen Betriebsangehörigen offensteht und bei denen das eigenbetriebliche Interesse des Arbeitgebers an ihrer Durchführung in der Förderung des Kontakts der Arbeitnehmer untereinander und in der Verbesserung des Betriebsklimas zu sehen ist.
3. Die Abgrenzung einer betrieblichen Repräsentationsveranstaltung zu einer Betriebsveranstaltug hängt maßgeblich davon ab, ob an ihr weit überwiegend Geschäftspartner und andere externe Gäste teilnehmen und ob deren Anwesenheit „im Vordergrund” steht. Nur in diesem Fall handelt es sich nicht um eine Veranstaltung auf betrieblicher Ebene für Betriebsangehörige.
4. Der Wert der den Arbeitnehmern anlässlich einer Betriebsveranstaltung zugewandten Leistungen ist anhand der Kosten zu schätzen, die der Arbeitgeber dafür seinerseits aufgewendet hat, und zu gleichen Teilen sämtlichen Teilnehmern – einschließlich der Familienangehörigen und Gäste, die den Arbeitnehmer bei der Betriebsveranstaltung begleitet haben – zuzurechnen.
5. Leistungen, die nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Betriebsveranstaltung stehen und durch die der Arbeitnehmer deshalb nicht bereichert ist, sind nach der neueren Rechtsprechung des BFH nicht als Lohn zu beurteilen und folglich auch nicht bei der Prüfung einzubeziehen, ob die Freigrenze überschritten ist (Hinweis: Neue Rechtslage ab 1.1.2015 gem. § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a EStG i. d. F. des Gesetzes zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften v. 22.12.2014, BGBl I 2014, 2417, BStBl I 2015, 58).
6. Der geldwerte Vorteil für die musikalische Unterhaltung durch einen weltberühmten Künstler auf einer Betriebsveranstaltung ist auf den Betrag zu begrenzen, den der Arbeitnehmer als Preis für eine gleichwertige Konzertkarte hätte entrichten müssen.
Normenkette
EStG 2007 § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 40 Abs. 2 S. 1 Nr. 2, Abs. 3, § 8 Abs. 2 S. 1; LStDV § 2 Abs. 1
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die nach dem 16. März 2015 ausgelösten Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin. Von den übrigen Kosten des Verfahrens tragen der Beklagte drei Fünftel und die Klägerin zwei Fünftel.
3. Das Urteil ist wegen der der Klägerin zu erstattenden Kosten vorläufig vollstreckbar. Betragen diese nicht mehr als 1.500 EUR, ist das Urteil hinsichtlich der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann in diesem Fall die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des mit Kostenfestsetzungsbeschluss festgesetzten Kostenerstattungsbetrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten. Übersteigt der Kostenerstattungsanspruch den Betrag von 1.500 EUR, ist das Urteil wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe des mit dem Kostenfestsetzungsbeschluss festgesetzten Erstattungsbetrages vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darum, ob und inwieweit die Teilnahme von Arbeitnehmern und von deren Ehegatten an einer Veranstaltung zum XX-jährigen Bestehen der Klägerin zu einem lohnsteuerrechtlich relevanten geldwerten Vorteil führt.
Die Klägerin ist eine Kapitalgesellschaft in der Rechtsform einer GmbH, deren Unternehmensgegenstand in der Herstellung und dem Vertrieb von Maschinen insbesondere auf dem … besteht. Sie tritt mit ihren Produkten weltweit auf und ist Weltmarktführer im Branchensegment „…”. Im Jahre 2006 beschäftigte die Klägerin gemeinsam mit den zu ihrer Firmengruppe gehörenden verbundenen Unternehmen etwa 1.000 Mitarbeiter, mit denen sie einen Jahresumsatz von rund XXX Millionen EUR erwirtschaftete und jährlich zwischen XXX und XXX speziell für die individuellen Verhältnisse des jeweiligen Kunden entwickelte …maschinen herstellte.
Anlässlich ihres XX-jährigen Firmenjubiläums veranstaltete die Klägerin am XX.XX. 2006 eine Jubiläumsfeier, zu der sie über die Firmenzeitschrift „…” (…) sämtliche Mitarbeiter einlud. Dabei kündigte sie als vorgesehenen Programmablauf an, dass im Anschluss an einen um 18:00 Uhr stattfindenden Sektempfang zunächst ab 19:00 Uhr verschiedene Reden und Ansprachen gehalten würden, bevor ab 20:30 Uhr (…) und ab 21:00 Uhr (…) auftreten sollten. Um 21:45 Uhr folge dann der Auftritt des engagierten Stargasts, bevor ab 23:00 Uhr von einer sehr bekannten Band, die auch den Stargast begleiten werde,...