rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Kürzung des Vorwegabzugs bei Beschäftigung eines Rentners
Leitsatz (redaktionell)
1. Es ist für die Kürzung des Vorwegabzugs unerheblich, dass die Versicherungspflicht bei abhängiger Beschäftigung dazu führt, dass die gleichzeitige Anspruchsberechtigung aus der Krankenversicherung der Rentner ausgeschlossen ist.
2. Gehen der Arbeitgeber sowie die gesetzliche Krankenversicherung übereinstimmend von einer Versicherungspflicht aus, kann es nach § 41 Abs. 1 AO offen bleiben, ob für den Steuerpflichigen wegen seiner früheren Tätigkeit im öffentlichen Dienst Versicherungsfreiheit nach § 6 Abs. 1 SGB V in Betracht gekommen wäre.
3. Bezieht ein Steuerpflichtiger aus mehreren Beschäftigungsverhältnissen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, so ist für jedes Beschäftigungsverhältnis gesondert zu prüfen, ob eine Kürzung des Vorwegabzugs erfüllt ist. Trifft das für ein Beschäftigungsverhältnis zu, sind sämtliche Einnahmen aus diesem Beschäftigungsverhältnis in die Bemessungsgrundlage für die Kürzung des Vorwegabzugs einzubeziehen, ohne dass es auf die Höhe der erbrachten Zukunftssicherungsleistung ankommt.
Normenkette
EStG § 2 Abs. 2 Nr. 3, § 3 Nr. 62, § 10 Abs. 1 Nr. 2a, Abs. 3 Nr. 2 S. 2a; SGB V § 5 Abs. 1 Nrn. 1, 11, Abs. 8, § 6 Abs. 1; AO § 41 Abs. 1
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Streitig ist die Kürzung des Vorwegabzugs von Vorsorgeaufwendungen nach § 10 Abs. 3 Nr. 2 Satz 2 a Einkommensteuergesetz (EStG) in der für die Streitjahre geltenden Fassung.
Die im Jahr 1929 geborene Klägerin ist Dipl.-Psychologin. In der Zeit vom 1. Juli 1995 bis 31. August 2001 war sie beim X versicherungspflichtig beschäftigt. Außerdem erzielte sie in den Streitjahren als Leiterin der Y GmbH in O Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Zu diesen Einkünften gehörten vom Landesamt bezahlte Versorgungsbezüge aus einem früheren Dienstverhältnis. Zudem bezog die Klägerin eine Witwen- sowie eine Altersrente.
Das Y führte für die Klägerin Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung sowie zur Renten- und Arbeitslosenversicherung ab. Der Anteil der Klägerin am Gesamtsozialversicherungsbeitrag betrug ausweislich der Lohnsteuerbescheinigungen des Y im Jahr 2000 4.106 EUR, im Jahr 2001 3.834 EUR. Hierbei handelte es sich um Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung.
Das beklagte Finanzamt (FA) ließ bei den Veranlagungen der Klägerin zur Einkommensteuer 2000 und 2001 antragsgemäß Vorsorgeaufwendungen zum Abzug als Sonderausgaben zu. Den Vorwegabzug i.H.v. 6.000 DM kürzte es jeweils um 16 v.H. der Einnahmen der Klägerin aus ihrer Tätigkeit beim Y (vgl. Einkommensteuerbescheid 2000 vom 7. Mai 2002 sowie Einkommensteuerbescheid 2001 vom 3. Juni 2003).
Gegen die Einkommensteuerbescheide 2000 und 2001 legte die Klägerin am 14. Mai 2002 sowie am 16. Juni 2003 Einsprüche mit der Begründung ein, eine Kürzung des Vorwegabzugs sei nicht gerechtfertigt, da ihr auf Grund der Beitragsleistungen des Arbeitgebers kein Anspruch auf Versicherungsleistungen entstanden sei. Das FA wies die Einsprüche durch einheitliche Entscheidung vom 20. Februar 2004 als unbegründet zurück. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Kürzung des Vorwegabzugs seien gegeben, da der Arbeitgeber für die Klägerin Zukunftssicherungsleistungen i.S.v. § 3 Nr. 62 EStG erbracht habe. Denn die Klägerin habe durch die Beitragsleistungen des Arbeitgebers zumindest dem Grunde nach einen Anspruch aus der gesetzlichen Krankenversicherung erworben.
Mit der am 17. März 2004 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Zur Begründung lässt sie im Wesentlichen folgendes vortragen: Der Vorwegabzug sei nicht zu kürzen, da der Arbeitgeber keine Leistungen für die Zukunftssicherung erbracht habe. Durch die Beiträge habe sie keinen Rentenanspruch erworben. Auch die Arbeitslosenversicherungsbeiträge hätten keine Vorsorge begründet, da sie auf Grund ihres Alters von über 65 Jahren keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld mehr habe erwerben können. Krankenversicherungsschutz habe bereits aus der seit dem Jahr 1972 bezahlten Witwenrente bestanden. Die vom Arbeitgeber entrichteten Krankenversicherungsbeiträge seien nur angefallen, weil sie auf Grund der Witwenrente gesetzlich versichert gewesen sei. Sie habe auch keinerlei Ansprüche auf Beihilfe. Vielmehr setze die gesetzliche Krankenversicherung eine Beihilfeberechtigung aus. Sie sei nicht wegen der Beihilfeansprüche versicherungsfrei. Die Krankenkasse sei demnach zur vollen Krankenversicherungsleistung allein auf Grund der Witwenrente verpflichtet gewesen, ohne dass Beihilfepflicht bestanden habe. Der Krankenversicherungsschutz habe bereits in vollem Umfang bestanden und habe sich nicht erhöht. Auch die Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherungsleistungen seien nicht neu entstanden und hätten sich ebenfalls nicht erhöht. Da sie folglich aus den vom Arbeitgeber gezahlten Pflichtbeiträgen keinen Leistungsanspruch erworben habe, seien ...