Entscheidungsstichwort (Thema)
Bekanntgabe von Verwaltungsakten an eine GbR. Rechtzeitigkeit der Zuordnungsentscheidung der unternehmerischen Nutzung eines Gebäudes
Leitsatz (redaktionell)
1. Wird ein Verwaltungsakt, der sich inhaltlich an eine GbR richtet, an die Gesellschafter der GbR adressiert, ist dieser wirksam gegenüber der GbR bekannt gegeben worden.
2. Bestehen keine Zweifel über den als Ehegattengemeinschaft tätigen Unternehmer (GbR), bedarf es keines Hinweises auf die rechtliche Verbundenheit der Eheleute (GbR).
3. Die Vorsteuer aus den Baukosten für ein gemischt genutztes Gebäude kann nur abgezogen werden, wenn der Bauherr zeitnah entschieden und dokumentiert hat, in welchem Umfang das Gebäude unternehmerisch genutzt werden soll.
4. Dies ist spätesens bis zum Ablauf der gesetzlichen Frist zur Abgabe der Umsatzsteuerjahreserklärung möglich (31. Mai des Folgjahres). Im Streitfall wurden zuvor auch keine Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben, in denen eine Zuordnungsentscheidung hätten enthalten sein können. Eine Zuordnungsentscheidung ist auch nicht in anderen dem Finanzamt zugeleiteten Unterlagen rechtzeitig dokumentiert worden.
Normenkette
UStG § 15 Abs. 1, § 10 Abs. 4 S. 1 Nr. 2, § 2; BGB § 109 Abs. 1, § 714
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Die Klägerin, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), ist unternehmerisch im Sinne des § 2 Umsatzsteuergesetz (UStG) tätig. Sie stellt … her; ihre Tätigkeit umfasst auch die Vermittlung von … und den Groß- und Einzelhandel mit …. Die beiden verheirateten Gesellschafter der GbR sind auch nichtselbständig tätig.
Das Unternehmen wird in zwei Räumen des selbstgenutzten Einfamilienhauses ausgeübt. Der Arbeitsraum wird ausschließlich zur Herstellung von … genutzt. Das Büro dient als Arbeitszimmer für verwaltungstechnische und schriftliche Arbeiten.
Ausweislich der vom Beklagten dem Gericht vorgelegten Umsatzsteuerakten haben die damals durch eine Steuerberatungsgesellschaft vertretenen Eheleute ihre Umsatzsteuerjahreserklärung für 2002 am 4. Januar 2005 beim Beklagten eingereicht. In der Anlage wurde mitgeteilt, dass die Eheleute in 2001 ein unbebautes Grundstück in F, C-Straße 1, erworben hätten. Das Gebäude sei am 6. Mai 2002 bezogen worden. Dieses werde selbst bewohnt. Es seien aber auch Räume zur Ausübung einer gewerblichen Tätigkeit (18,3 qm) geschaffen worden. Das darin enthaltene Kinderzimmer 2 sei erst Anfang 2003 vollständig eingerichtet worden.
Am 28. Oktober 2005 fand u. a. betreffend das Streitjahr 2005 eine Umsatzsteuersonderprüfung statt. Dabei wurde festgestellt, dass das Gebäude zu Recht nach § 15 Abs. 1 UStG insgesamt dem Unternehmen zugeordnet wurde, da eine mehr als 10 %ige Nutzung erfolgt war. Die Außenprüfung folgte aufgrund der getroffenen Feststellungen der Berechnung der Klägerin in Bezug auf den Anteil der gewerblich genutzten Räume. Die Klägerin hatte am 3. Oktober 2005 dazu mitgeteilt, dass die Aufteilung der Wohn- und Nutzfläche 23,72 % Gewerbefläche ergebe. Zu diesem Anteil hatte die GbR die entsprechenden Anteile der übrigen Wohnfläche, nämlich des Windfangs, des Flurs und der Treppe hinzugerechnet.
Im Rahmen einer Außenprüfung wurde für den nicht unternehmerisch genutzten Teil des Hauses die Besteuerung der unentgeltlichen Wertabgabe nach § 10 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 UStG in Höhe der Kosten (10 % der Herstellungskosten) berechnet. Aufgrund dieser Feststellungen erließ der Beklagte am 22. Dezember 2006 den erstmaligen Umsatzsteuerbescheid für 2005 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Die unentgeltliche Wertabgabe für sonstige Leistungen setzte er den Prüfungsfeststellungen entsprechend fest und damit die Umsatzsteuer (16 %) darauf in Höhe von 2.173,76 EUR.
Dagegen legte die GbR am 9. Januar 2007 Einspruch ein. Nachdem das Einspruchsverfahren einige Zeit geruht hatte, nahm der Beklagte am 19. Februar 2008 die Bearbeitung des Einspruchsverfahrens wieder auf, und zwar unter Hinweis darauf, dass der BFH mit Urteil v. 19.04.2007 V R 56/04 BStBl. II 2007, 676 entschieden habe, dass die Neuregelung der Bemessungsgrundlage in § 10 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 UStG für Zeiträume ab 1. Juli 2004 gilt. Außerdem, so der Beklagte, sei als Grundlage für die Ermittlung der Kosten von einer betrieblichen Nutzung in Höhe von lediglich 14,5 % auszugehen. Dabei sei nur die Fläche des Arbeitsraums und des Arbeitszimmers mit insgesamt 18,3 qm von 122,37 qm zu berücksichtigen. Diesen Prozentsatz habe die Rechtsbehelfsstelle im Schreiben vom 30.03.2007 ermittelt (Bemessungsgrundlage 151.482,17 EUR). Im Übrigen sei die abzugsfähige Vorsteuer 2005 aus den anteiligen Raumkosten auf die betriebliche Fläche und aus den Kosten für Telefon und Internet auf 20 % zu begrenzen.
Dementsprechend erging am 21. Juli 2008 ein Umsatzsteueränderungsbescheid gem. § 164 Abgabenordnung (AO). Der Beklagte hob den Vorbehalt der Nachprüfung auf. Es ergab sich eine Umsatzsteuer in Höhe...