rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Zubereitung und Servieren des Mittagessens in Wohnstift ist keine haushaltsnahe Dienstleistung
Leitsatz (redaktionell)
1. Dienstleistungen sind nur dann „haushaltsnah” und nach § 35a EStG begünstigt, wenn sie im räumlichen Bereich eines vorhandenen Haushalts erbracht werden.
2. Danach sind Aufwendungen eines Steuerpflichtigen für das tägliche Mittagessen, das in der zentralen Küche eines Wohnstifts zubereitet und in einem Speisesaal eingenommen wird, keine haushaltsnahen Dienstleistungen i. S. d. § 35a EStG.
Normenkette
EStG § 35a
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die 1928 geborene Klägerin bewohnt ein Appartement in einem Wohnstift (betreutes Wohnen). Bei ihr ist ein Grad der Behinderung von 100 festgestellt. In Ihrer Einkommensteuererklärung für 2010 machte sie Aufwendungen für haushaltsnahe Dienstleistungen in Höhe von 4.823 EUR, für Pflege- und Betreuungsleistungen von 135 EUR und für Handwerkerleistungen von 590 EUR geltend. Aus der Kostenaufstellung der Residenz für das Streitjahr ergeben sich 4.823,91 EUR für haushaltsnahe Dienstleistungen, darunter 2.385,79 EUR für die Zubereitung und das Servieren des täglichen Mittagsmenüs im hauseigenen Restaurant oder im Appartement, Pflege und Betreuungsleistungen in Höhe von 791,82 EUR und Handwerkerleistungen in Höhe von 590,82 EUR, darunter Renovierungsarbeiten (Fassade, Gebäudedach, Gemeinschaftsräume) von 484,77 EUR und Instandsetzungsarbeiten von 75,75 EUR.
Im Einkommensteuerbescheid für 2010 vom 5. August 2011 berücksichtigte der Beklagte den Behindertenpauschbetrag des § 33b Abs. 3 des Einkommensteuergesetztes (EStG) in Höhe von 1.420 EUR, die Pflege- und Betreuungsleistungen blieben deshalb außer Ansatz. Von den haushaltsnahen Dienstleistungen blieb der Betrag für die Zubereitung und das Servieren des täglichen Mittagsmenüs im hauseigenen Restaurant oder im Appartement in Höhe von 2.385,79 EUR und von den Handwerkerleistungen blieben die Aufwendungen für Renovierungsarbeiten (Fassade, Gebäudedach, Gemeinschaftsräume) von 484,77 EUR und Instandsetzungsarbeiten von 75,75 EUR unberücksichtigt, sodass die Steuer für die Inanspruchnahme von haushaltsnahen Dienstleistungen um 20 % von 2.438,12 EUR (488 EUR) und für Handwerkerleistungen um 20 % von 30,30 EUR (7 EUR) gemäß § 35a EStG ermäßigt wurde.
Gegen den Bescheid erhob die Klägerin Einspruch und trug vor, bei anderen Bewohnern des Heims seinen die haushaltsnahen Dienstleistungen in vollem Umfang anerkannt worden. Wie sie dem Anwendungsschreiben zu § 35a EStG des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 15. Februar 2010 entnommen habe, sei der Begriff „haushaltsnahe Dienstleistung” gesetzlich nicht definiert. Es gelte also der übliche Bedeutungssinn eines Wortes. „Nah” bedeute „nicht weit entfernt”, was begrifflich nicht gleichbedeutend sei mit „im” Haushalt. In Randnummer 4 des Schreibens finde eine Sinnverkehrung statt. Wenn der Gesetzgeber eine Abweichung vom normalen Sprachgebrauch gewollt hätte, dann wäre dies in einer Legaldefinition zum Ausdruck gekommen. Dies hätten die anderen Sachbearbeiter möglicherweise erkannt und deshalb auch die Essenszubereitung in der zentralen Küche nicht beanstandet. Aus einer gewissen Eitelkeit heraus werde der Speisesaal jetzt Restaurant genannt. Hierin werde von 11.30 Uhr bis 14.00 Uhr in Schichten das tägliche Mittagessen serviert, wenn es nicht ins Appartement geliefert werden müsse. Ansonsten sei der Saal in der Regel geschlossen. Theoretisch wäre es möglich, in jedem der über 600 Appartements das Mittagessen vor Ort zuzubereiten, da in jedem Appartement zwei Kochplatten vorhanden seien. Organisatorisch wäre dies aber ein Unding. Bettlägerige, Kranke und Behinderte seien auf die Hilfe der zentralen Küche angewiesen, die auch Frühstück und Abendessen liefere.
Mit Einspruchsentscheidung vom 11. Oktober 2011 wies der Beklagte den Einspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Zur Begründung ist unter Bezugnahme auf das BMF-Schreiben ausgeführt, bei Bewohnern eines Wohnstifts oder Altenwohnheims seien Aufwendungen für Dienstleistungen nach § 35a EStG grundsätzlich nur begünstigt, wenn sie im Appartement (dem Haushalt des Bewohners) erbracht würden. Nach dem BMF-Schreiben gehörten neben den im Haushalt des Steuerpflichtigen durchgeführten Arbeiten u.a. die Hausmeisterarbeiten, die Gartenpflege sowie kleinere Reparaturarbeiten, die Dienstleistungen des Haus- und Etagenpersonals sowie die Reinigung der Gemeinschaftsräume, Flure, Treppenhäuser zu den begünstigten haushaltsnahen Dienstleistungen. Die Zubereitung von Mahlzeiten und Speisen sei nur begünstigt, wenn sie im Haushalt des Steuerpflichtigen erfolge. Die Aufwendungen für Renovierungsarbeiten (Fassade, Gebäudedach, Gemeinschaftsräume) sowie für Instandsetzungsarbeiten seien ebenfalls nicht begünstigt, da diese Aufwendungen außerhalb des Appartements liegende Gemeinschaftsflächen bet...