Entscheidungsstichwort (Thema)

Änderung Einkommensteuerbescheid trotz falscher Rechtsgrundlage. Voraussetzung der Bildung einer Ansparrücklage bei Betriebsgründung. Gewinnerzielungsabsicht eines Reiseveranstalters

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Angabe der unrichtigen Rechtsgrundlage für die Änderung der ursprünglichen Einkommensteuerbescheide ist unschädlich, wenn die Änderung durch eine andere Rechtsgrundlage gedeckt ist (BFH v. 24.3.1981, VIII R 85/80, BStBl II 1981, 778).

2. Die Ungewissheit über die Gewinnerzielungsabsicht eines Unternehmens, das Segeltörns und Segelausflüge organisiert, endet gemäß § 171 Abs. 8 AO nicht bereits mit der gewerblichen Abmeldung des Betriebes, wenn dieser in erheblichem Umfang fortgeführt wird. Dabei reicht eine fünfmonatige Unterbrechung der Geschäftstätigkeit nicht aus, um eine Beendigung der Tätigkeit und eine Betriebsaufgabe anzunehmen.

3. Die Ungewissheit über die Gewinnerzielungsabsicht endet erst mit der Ermittlung des Aufgabegewinns. Dabei kann das FA im Rahmen der für vorläufig erklärten Festsetzung der gewerblichen Einkünfte auch die Frage der Zulässigkeit der Bildung einer Ansparrücklage nach § 7g EStG a. F., deren Klärung es zunächst im Hinblick auf die Klärung der vorrangigen Hauptfrage des Vorliegens der Gewinnerzielungsabsicht zurückgestellt hat, korrigieren, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob diese selbst mit tatsächlichen Ungewissheiten belastet war oder nicht.

4. Gehört zum Betriebskonzept eines Gewerbebetriebes eines Reiseveranstalters, dass Kunden zum Schiff mit dem Omnibus transportiert werden, und ist die Betriebseröffnung noch nicht beendet oder führt die geplante Investition zu einer wesentlichen Betriebserweiterung, ist die verbindliche Bestellung des Busses Voraussetzung für die Bildung einer Ansparrücklage nach § 7g EStG a. F.

5. Bei der Bildung einer Ansparrücklage muss auch bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG die künftige Investition hinsichtlich der Funktion des Wirtschaftsgutes und der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten so präzise bezeichnet werden, dass im Investitionsjahr festgestellt werde kann, ob die vorgenommene Investition derjenigen entspricht, für deren Finanzierung die Rücklage gebildet worden ist.

 

Normenkette

AO §§ 164, 165 Abs. 2, § 169 Abs. 2 Nr. 2, § 170 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, § 171 Abs. 4, 8; EStG § 7g a.F., § 4 Abs. 3; HGB § 269

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 19.01.2011; Aktenzeichen X B 156/10)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Änderung von Einkommensteuerfestsetzungen und die Anerkennung einer Ansparabschreibung.

Der Kläger erzielte in den Streitjahren 2001 bis 2003 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Er meldete daneben zum 1. März 2001 einen Gewerbebetrieb an, mit dem er Segeltörns und Segelausflüge organisierte. Den Gewinn ermittelte der Kläger durch Einnahme-Überschuss-Rechnung. Zum 30. Juni 2006 wurde der Betrieb wieder abgemeldet. In den Einkommensteuererklärungen der Streitjahre erklärte der Kläger jeweils einen Verlust aus Gewerbebetrieb. Die Verluste entstanden durch den Ansatz einer Ansparabschreibung als Betriebsausgabe. Die Einnahme-Überschuss-Rechnung 2001 des Klägers enthielt in einem beigefügtem Auszug aus der elektronischen Jahresbuchhaltung hierzu den Buchungstext „geplanter Omnibuskauf 100.000 DM”. Eine telefonische Nachfrage des beklagten Finanzamtes ergab, dass ein Omnibus erworben werden sollte, dessen Anschaffungskosten 600.000 DM (306.775 Euro) betragen sollten. Ohne Berücksichtigung der Ansparabschreibung erzielte der Betrieb in den Streitjahren geringe Gewinne.

Im Einzelnen ergeben sich aus den Gewinnermittlungen folgende Positionen:

Jahr

Erklärungseingang

erklärte Einnahmen

Gewinn ohne Ansparabschreibung

Ansparabschreibung

erklärter Verlust

2001

18. Dezember 2002

8.190 DM

890 DM (455 Euro)

100.000 DM (51.129,19 Euro)

99.110 DM (50.674 Euro)

2002

20. Mai 2003

4.000 Euro

985 Euro

50.000 Euro

49.015 Euro

2003

8. April 2004

9.793 Euro

770 Euro

25.000 Euro

24.230 Euro

Das beklagte Finanzamt berücksichtigte die Verluste in den Einkommensteuerbescheiden 2001 bis 2003 vom 27. Januar 2003, 25. Juli 2003 und 28. Juni 2004 zunächst erklärungsgemäß. Im geänderten Einkommensteuerbescheid 2003 vom 29. Juni 2004 kürzte es die Ansparabschreibung dann auf 21.580,81 Euro und den Verlust auf 20.811 Euro, weil als geplante Anschaffungskosten 306.775 Euro angegeben waren und die Ansparabschreibung daher höchstens 122.710 Euro betragen konnte. Alle Bescheide ergingen jeweils unter dem Vorbehalt der Nachprüfung und zudem vorläufig hinsichtlich der Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit dem Hinweis, dass die Gewinnerzielungsabsicht noch nicht abschließend hätte geprüft werden können. Mit Schreiben vom 21. Februar 2005 und 2. Januar 2006 beantragte der Kläger jeweils die Aufhebung der teilweisen Vorläufigkeit. Das beklagte Finanzamt begründete in einem Schreiben vom 1. Februar 2006 die Vorläufigkeit...

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