Entscheidungsstichwort (Thema)
Tätigkeitsort des in Deutschland ansässigen Geschäftsführers einer Schweizer Kapitalgesellschaft. Besteuerungsrecht für die Einkünfte. Einkommensteuer 1997, 1998, 1999 und 2000
Leitsatz (redaktionell)
Nach der Fiktion des Art. 15 Abs. 4 Satz 1 DBA-Schweiz gilt die Tätigkeit des in Deutschland ansässigen Geschäftsführers einer Schweizer Kapitalgesellschaft als am Sitz der Gesellschaft ausgeführt, sofern sie nicht so abgrenzbar ist, dass sie lediglich Aufgaben außerhalb der Schweiz umfasst. Ist die Tätigkeit also nicht in diesem Sinne abgrenzbar, so kommt es auf den tatsächlichen Tätigkeitsort des Geschäftsführers nicht an. Liegt der Sitz der Gesellschaft in der Schweiz, und wurden die Einkünfte aus der Geschäftsführertätigkeit nachweislich tatsächlich in der Schweiz besteuert, so sind sie in Deutschland unter Progressionsvorbehalt von der Einkommensteuer freizustellen.
Normenkette
DBA CHE Art. 15 Abs. 4 S. 1, Art. 24 Abs. 1 Nr. 1; EStG 1997 § 32b
Nachgehend
Tenor
1.Die Einkommensteuerbescheide für das Jahr 1997 vom 15. Juni 2000, für das Jahr 1998 vom 19. Juni 2000, für das Jahr 1999 vom 02. Mai 2001, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12. April 2001, sowie der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2000 vom 16. Juli 2003 werden dahingehend abgeändert, dass die Einkünfte des Klägers aus seiner Tätigkeit für die … AG von der Bemessungsgrundlage der deutschen Einkommensteuer unter Anwendung des Progressionsvorbehalts ausgenommen werden. Die festzusetzende Einkommensteuer ist durch den Beklagten zu berechnen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2.Die Revision wird zugelassen.
3.Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
4.Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
5.Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des mit Kostenfestsetzungsbeschluss angesetzten Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit leisten.
Tatbestand
Streitig ist insbesondere, ob die Arbeitseinkünfte des Klägers aus seiner Tätigkeit als Geschäftsführer für die … AG mit Sitz in der Schweiz von der deutschen Besteuerung freizustellen sind.
Die Kläger sind verheiratet und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Nachdem sie ursprünglich in der Bundesrepublik Deutschland ihren Wohnsitz hatten, sind sie Anfang April 2001 in die Schweiz verzogen. Der Kläger ist laut Arbeitsvertrag vom 25. April 1994 Geschäftsführer der … AG, deren Tochter-… sowie der … GmbH, jeweils mit Sitz in der Schweiz. Das Gehalt wird durch die … GmbH, ebenfalls mit Sitz in der Schweiz, ausgereicht. Wirtschaftlich wird es von der … AG, deren schweizerischen Tochtergesellschaften sowie der … GmbH getragen. Arbeitsort ist nach dem Arbeitsvertrag an den Sitzen der Konzerngesellschaften. Die Arbeitszeit richtet sich entsprechend dem Arbeitsvertrag nach den Bedürfnissen der Gesellschaft, wobei die Vertragsparteien von einer durchschnittlichen Arbeitszeit von 2–3 Tagen die Woche ausgehen. Der Kläger verfügt über eine Mietwohnung in der Schweiz, die nur wenige Kilometer vom Sitz der Gesellschaft entfernt ist und in der er an den berufsbedingten Nichtrückkehrtagen übernachtet. Ausweislich einer Bestätigung der betreffenden Gemeinde in der Schweiz vom 16. Mai 2000 ist der Kläger seit 1994 mit seinem schweizerischen Einkommen in der Schweiz steuerpflichtig. In der Schweiz deklariert und versteuert wurden danach die Bruttolohnsummen aus der Tätigkeit als Geschäftsführer der … AG, deren Tochter-… sowie der … GmbH. Daneben bezieht der Kläger Einkünfte aus seiner Tätigkeit als Geschäftsführer für die Firma … GmbH mit Sitz in Deutschland. In den vorliegenden Einkommensteuererklärungen der Jahre 1997 bis 2000 beantragte der Kläger den Arbeitslohn aus der Schweiz als steuerfrei (unter Progressionsvorbehalt) zu behandeln. Hiervon abweichend behandelte der Beklagte (Bekl) in den streitgegenständlichen Bescheiden die Einkünfte aus der Schweiz zu 50 % als in Deutschland steuerpflichtigen Arbeitslohn. Unberücksichtigt blieben auch Aufwendungen für Dienstreisen mit dem privaten PKW in Höhe von DM 3.120,– im Jahr 1997 sowie DM 2.080,– im Jahr 1998. Sämtliche Bescheide ergingen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Zur Begründung führte der Beklagte hinsichtlich der 50 %igen Besteuerung der Einkünfte aus der Schweiz sinngemäß aus, dass der Kläger keine Nachweise über den Ort der tatsächlichen Tätigkeit erbracht habe, wozu er nach § 90 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) verpflichtet sei. Deshalb sei eine sachgerechte Schätzung dahingehend erfolgt, dass die Tätigkeit des Klägers zu 50 % außerhalb der Schweiz erfolgt sei. Auch eine Anrechnung der schweizerischen Steuern sei mangels eines entsprechenden Nachweises nicht möglich. Aufwendungen für Dienstreisen könnten mangels Nachweis nic...