rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeldschädlicher Verzicht i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 7 EStG
Leitsatz (redaktionell)
Ein kindergeldschädlicher Verzicht auf Teile der zustehenden Einkünfte und Bezüge des Kindes i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 7 EStG ist nur anzunehmen, wenn er im Wesentlichen dazu bestimmt ist, den Kindergeldanspruch zu erhalten. Ist hingegen die Kürzung der Ausbildungsvergütung durch einen sonstigen vernünftigen Grund (hier. schwierige wirtschaftliche Lage des Ausbildungsbetriebs) veranlasst, liegt dem kein kindergeldschädlicher Verzicht i.S. dieser Vorschrift zugrunde.
Normenkette
EStG § 32 Abs. 4 S. 7
Tatbestand
Streitig ist, ob der Jahresgrenzbetrag für 2000 in Höhe von 13.500 DM überschritten worden ist.
Der verheiratete Kläger ist Vater von drei Kindern. D. geb. am 20. März 1977, C. – C–, geb. am 22. Februar 1981 und F. geb. am 24. Februar 1984.
Am 05. August 1997 schloss der Kläger als Gesellschafter – Geschäftsführer der Fa. … GmbH, K., … F-GmbH – einen Ausbildungsvertrag mit seinem Sohn C. Der von der Handwerkskammer F. anerkannte und in das Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse eingetragene Vertrag sah eine Vergütung von C im ersten Ausbildungsjahr in Höhe von 1.118 DM, im zweiten Ausbildungsjahr von 1.188 DM, im dritten Ausbildungsjahr von 1.291 DM und im vierten Ausbildungsjahr von 1.380 DM vor.
Infolge wirtschaftlicher Schwierigkeiten der F-GmbH, die dazu führten, dass der einzige Mitarbeiter entlassen werden musste, schloss der Kläger mit seinem Sohn C zum Jahresende jeweils für das Folgejahr einen Nachtragsvertrag (so vom 30.12.1997 für 1998, vom 31.12.1998 für 1999 und vom 16.12.1999 für 2000), worin die Ausbildungsvergütung wie folgt herabgesetzt wurde. Im ersten Ausbildungsjahr betrug sie 748 DM (- 370 DM), im zweiten Ausbildungsjahr 788 DM (- 400 DM), im dritten Ausbildungsjahr 792 DM (- 499 DM) und im vierten Ausbildungsjahr 890 DM (- 490 DM). In den Nachtragsverträgen verzichtete C zugleich auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld.
Bei Überprüfung der Einkommensverhältnisse von C für das Jahr 2000 errechnete das beklagte Arbeitsamt auf der Grundlage des Ausbildungsvertrages vom 05. August 1997 Einkünfte und Bezüge von C, die über dem Jahresgrenzbetrag von 13.500 DM lagen. Die mit dem Nachtragsvertrag vom 16.12.1999 vereinbarte um 490 DM geringere Festsetzung der Ausbildungsvergütung im Kalenderjahr 2000 von 890 DM wertete das Arbeitsamt als unzulässigen Verzicht auf Teile der Ausbildungsvergütung.
Mit Bescheid vom 16. Februar 2000 hob das Arbeitsamt daraufhin das festgesetzte Kindergeld ab 01.01.2000 auf. Der Einspruch blieb erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 19. April 2000).
Hiergegen richtet sich die am 19. Mai 2000 bei Gericht eingegangene Klage, mit der der Kläger sich dagegen wendet, dass C auf seine Ausbildungsvergütung teilweise verzichtet habe. Tatsächlich handele es sich um eine Kürzung der Ausbildungsvergütung, die mit Nachtragsverträgen zum Ausbildungsvertrag vom 05. August 1997 festgelegt worden seien. Die Tatsache, dass es sich um eine Kürzung der Ausbildungsvergütung handele und nicht um einen Verzicht, gehe aus dem Rückgang des Jahresumsatzes sowie aus den Gewinn- und Verlustrechnungen des Ausbildungsbetriebes, der F-GmbH, hervor.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Aufhebungsbescheid vom 16. Februar 2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19. April 2000 aufzuheben.
Das beklagte Arbeitsamt beantragt.
die Klage abzuweisen.
Ergänzend zur Einspruchsentscheidung führt das Arbeitsamt aus, dass es sich bei dem „Nachtragsvertrag zum Ausbildungsvertrag” vom 16. Dezember 1999 arbeitsrechtlich entgegen der bisher vertretenen Auffassung um eine einvernehmliche Änderung des Ausbildungsvertrages vom 05. August 1997 handle und nicht um eine Änderungskündigung, weshalb hier gerade ein Verzicht im Sinne des § 32 Abs. 4 Satz 7 Einkommensteuergesetz (EStG) vorliege. Weshalb dieser Verzicht erfolgt sei, sei steuerrechtlich unbeachtlich. Es komme somit nicht darauf an, ob die wirtschaftliche Situation der F-GmbH zum Zeitpunkt des Abschlusses des Änderungsvertrages gut oder schlecht gewesen sei.
Die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 17. Mai 2000 und 21. August 2000 auf mündliche Verhandlung verzichtet (§ 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung –FGO–).
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Zu Unrecht hat das beklagte Arbeitsamt bei Ermittlung der Einkünfte und Bezüge von C gemäß § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG die Einkunftsteile, um die im Nachtragsvertrag vom 16.12.1999 die Ausbildungsvergütung herabgesetzt wurde, berücksichtigt.
Nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG wird ein Kind, welches das 21. Lebensjahr vollendet hat und für einen Beruf ausgebildet wird, nur berücksichtigt, wenn die Einkünfte und Bezüge, die zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind, im Streitjahr 2000 nicht mehr als 13.500 DM betragen. Nach Satz 7 (vormals Satz 8) dieser Vorschrift steht ein Verzicht auf Teile der zustehenden Einkünfte und Bezüge der Anwendung des Satzes 2 n...