Entscheidungsstichwort (Thema)

Erwerb und Verpachtung eines Reithofs an die Ehefrau als Liebhaberei. Maßgeblicher Zeitraum für die Totalüberschussprognose bei der Verpachtung eines Grundstücks. Einkommensteuer 1995

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Verpachtung eines beim Erwerb fast ausschließlich fremdfinanzierten Reithofs an die Ehefrau ist als Liebhaberei zu behandeln, wenn nach den Gesamtumständen zu Lebzeiten des Eigentümers nicht mehr mit einem Totalüberschuss der Pachteinnahmen über die Werbungskosten zu rechnen ist.

2. Für private Motive des Erwerbs und der Verpachtung spricht es, wenn weder der Kläger noch seine Ehefrau für den Betrieb eines Reithofs ausgebildet sind, die vereinbarte Pacht, insbesondere in Relation zum eingesetzten Kapital, weit unter der marktüblichen Pacht liegt und vor dem Kauf weder eine betriebswirtschaftliche Kalkulation noch eine Rentabilitätsrechnung erstellt wurden.

3. Bei einer Totalüberschussprognose ist das Alter und die Lebenserwartung des Steuerpflichtigen zu berücksichtigen, so dass bei Grundstücken nicht - ggf. generationenübergreifend – auf die Dauer der Nutzungsmöglichkeit des Grundstücks, sondern auf die voraussichtliche Dauer der Nutzung durch den Nutzenden abzustellen ist.

 

Normenkette

EStG § 21 Abs. 1 Nr. 1, § 2 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 2 Nr. 2, § 12 Nr. 1

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger zu tragen.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Kläger mit der Vermietung landwirtschaftlicher Flächen und Gebäude eine Liebhaberei ausübt und daher die daraus erzielten Verluste nicht ausgleichsfähig sind.

Die Kläger sind verheiratet und haben drei Kinder. Der Kläger ist im Jahr 1945 geboren, die Klägerin im Jahr 1947. Beide erzielten in den Streitjahren als Unternehmer (teilweise) und Geschäftsführer (teilweise) verschiedener Unternehmen in der Textilbranche Einkünfte aus Gewerbebetrieb und Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in folgender Höhe:

Jahr

Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Einkünfte aus nichtselbständiger

Arbeit

Kläger

Klägerin

Kläger

Klägerin

DM

DM

DM

DM

1991

8.703

2.225

228.160

1992

2.939

./. 65.248

85.360

1993

./. 22.470

70.360

2.800

1994

76.965

328.695

33.117

1995

73.010

275.043

37.000

1996

20.276

333.324

42.455

1997

37.846

75.953

42.454

1998

55.486

26.900

52.991

38.442

1999

158.741

52.688

39.660

Mit Kaufvertrag vom 25. November 1991 erwarb der Kläger den landwirtschaftlichen Betrieb … gen, Ortsteil …, zum Kaufpreis von 2.200.000 sfr = 2.484.420 DM, zu dem noch Anschaffungsnebenkosten in Höhe von 96.000 DM hinzukamen. Im Einzelnen handelt es sich um zwei Grundstücke auf der Gemarkung der Gemeinde … und um elf Grundstücke auf der Gemarkung der Gemeinde … Ortsteil … mit allem Zubehör mit Ausnahme eines Traktors und zwei Anhängern. Die Grundstücke waren teilweise bebaut mit einem zweistöckigen Wohnhaus mit zwei Wohnungen, einer Scheune, einer Stallung und einer Werkstatt in einem Baukörper, zwei weiteren alleinstehenden Stallungen, einer Reithalle und einem Wagenschopf.

Von dem Kaufpreis waren 1.500.000 sfr sofort fällig. Diesen Betrag finanzierte der Kläger zunächst mit drei Darlehen der Volksbank …, und zwar einem Darlehen über 1.000.000 DM zu einem festen Zinssatz von 6,9 % bis 30. Januar 2004 ohne Tilgung, einem Annuitätendarlehen über 400.000 DM zu einem variablen Zinssatz von 7,5 % mit 2 % jährlicher Tilgung und einem Annuitätendarlehen über 300.000 DM zu einem festen Zinssatz bis 30. Dezember 1998 mit 2 % jährlicher Tilgung. Der restliche Kaufpreis von 700.000 sfr war vereinbarungsgemäß am 2. November 1992 fällig, ab diesem Zeitpunkt mit 7 % zu verzinsen und sollte „in jedem Fall” am 2. November 1993 zu bezahlen sein. Er wurde vom Kläger durch Aufnahme eines Darlehens über 210.639 sfr bei der … Ende des Jahres 1993, eines Darlehens über 200.280 sfr bei der … November 1995, eines Darlehens über 250.000 DM bei der … im Juli 1996 und durch 100.000 DM aus dem Verkauf zweier Eigentumswohnungen entrichtet. Die durch die Stundung der Kaufpreisschuld entstandenen Zinsen in Höhe von 56.894 sfr für 1993 und 38.237 sfr für 1994 wurden vom Kläger in die Einnahmen-Überschussrechnung und Einkommensteuererklärungen nicht aufgenommen.

Der Stand der Darlehensverbindlichkeiten entwickelte sich wie folgt:

31.12.1994

2.143.562 DM

zuzüglich Restkaufpreisschuld

einschließlich Zinsrückstände

584.492 sfr

31.12.1995

2.251.180 DM

zuzüglich Restkaufpreisschuld

einschließlich Zinsrückstände

461.055 DM

31.12.1996

2.514.984 DM

31.12.1997

2.536.840 DM

31.12.1998

2.529.934 DM

31.12.1999

1.177.268 DM

Mit Pachtvertrag vom 23. März 1992 verpachtete der Kläger die erworbenen Grundstücke ab 1. April 1992 für fünf Jahre an die Klägerin „zur Nutzung als Betrieb einer Pferdezucht, Pensionstierhaltung und sonstiger landwirtschaftlicher Nutzung” zu einem Pachtzins von monatlich 6.000 DM. Ohne Kündigung des Vertrages soll sich das Pachtverhältnis jeweils um ein weiteres halbes Jahr verlängern. Nach § 7 des Pachtvertrages hat die ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Finance Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?