Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer 1988 bis 1990
Nachgehend
BFH (Beschluss vom 27.02.1998; Aktenzeichen VI R 7/97) |
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Rechtsstreits.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob für eine 100 Jahre alte, zum Musikunterricht verwendete … abzusetzen ist.
Die zusammenveranlagten Kläger beziehen beide Einkünfte aus … Arbeit, die Klägerin war in den Streitjahren …, der Kläger war als … tätig. Die Klägerin hat im … für … eine von Eugenio Degani im Jahre 1894 gebaute Geige gekauft. Dafür machte sie im … … in den … und … jeweils … als AfA geltend. Der Beklagte lehnte deren Anerkennung in den Einkommensteuerbescheiden 1988 und 1989 jeweils vom … und im vorläufigen Einkommensteuerbescheid 1990 vom … ab, da es sich um Lebenshaltungskosten handele. Die eingelegten Einsprüche blieben ohne Erfolg, weil der Beklagte die Geige in Anlehnung an die Behandlung von Gemälden anerkannter Meister mangels zeitlicher Begrenzung ihrer Nutzung nicht als abnutzbares Wirtschaftsgut betrachtet.
Mit ihrer Klage machen die Kläger geltend, auch eine alte Geige sei ein abnutzbares Wirtschaftsgut. Die intensive berufliche Nutzung bedinge einen erheblichen technischen Verschleiß. Auch Umwelt- und Witterungseinflüsse, insbesondere durch das ständige Mitführen des Instruments begrenzten die Nutzungsdauer. Ob tatsächlich ein Wertverzehr eingetreten sei, habe für die Abschreibung keine Bedeutung.
Das Finanzgericht Hamburg habe in einem Urteil vom 15. Mai 1985 III 188/82 die Abnutzbarkeit eines 260 Jahre alten Cellos anerkannt. Die dagegen eingelegte Revision habe der Bundesfinanzhof ohne Gründe zurückgewiesen.
Für eine neue Konzertgeige sei von einer Nutzungsdauer von 50 Jahren auszugehen. Dies gelte auch für ein älteres Instrument.
Die Kläger beantragen,
unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom … die Einkommensteuerbescheide 1988 und 1989 vom … und den vorläufigen Einkommensteuerbescheid 1990 vom … in der Weise abzuändern, daß bei den Einkünften der Klägerin aus nichtselbständiger Arbeit 2% der Anschaffungskosten ihrer Degani-Geige als Werbungskosten anerkannt werden, hilfweise, die Revision zuzulassen. Weiter beantragen die Kläger, den Sachverständigen wegen Befangenheit abzulehnen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er vertritt nach wie vor seinen in der Einspruchsentscheidung dargelegten Standpunkt.
Das Gericht hat zu der Frage der Abnutzbarkeit der Geige durch Beweisbeschluß vom … ein Sachverständigengutachten erhoben. Auf den Inhalt des Gutachtens vom … … wird Bezug genommen.
Der vorstehende Sach- und Streitstand ist den Gerichtsakten, den vom Beklagten vorgelegten Akten sowie der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem erkennenden Senat am 12. November 1996 entnommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Zunächst ist festzuhalten, daß der Senat sich auf die Aussage des Gutachters stützen kann. Der Antrag der Kläger, ihn wegen Befangenheit abzulehnen, ist unzulässig.
Nach § 82 FGO in Verbindung mit § 406 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit § 42 ZPO kann ein Sachverständiger wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. Befangenheit ist nach § 42 Abs. 2 ZPO zu besorgen, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Mißtrauen gegen die Unparteilichkeit des Sachverständigen zu rechtfertigen. Maßgeblich ist der verständig gewürdigte Standpunkt des Ablehnenden. Das Ablehnungsgesuch ist gemäß § 406 Abs. 2 ZPO vor seiner Vernehmung anzubringen, danach nur, wenn glaubhaft gemacht wird, daß der Ablehnungsgrund nicht geltend gemacht werden konnte. Letzteres Erfordernis ist im Streitfall nicht gegeben. Die Kläger haben die Besorgnis der Befangenheit mit dem Inhalt eines über die Arbeitsweise des Gutachters referierenden Artikels in der Tageszeitung „Badische Neueste Nachrichten” vom … … und mit dem Widerspruch seines Gutachtens zu dem Inhalt des Urteils des Finanzgerichts Hamburg vom 15. Mai 1985 III 188/82 begründet. Beide Sachverhalte waren vor der Vernehmung des Gutachters bekannt. Die Kläger haben keine Gründe dafür vorgetragen, weshalb sie sie nicht schon vorher dem Gericht mitteilen konnten. Der nachträglich gestellte Befangenheitsantrag ist deshalb abzulehnen.
Zu den Werbungskosten gehören nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Ziff. 7 EStG 1988 auch Absetzungen für Abnutzung und Substanzverringerung im Sinne des § 7 Abs. 1 EStG. Danach ist bei Wirtschaftsgütern, deren Verwendung oder Nutzung sich erfahrungsgemäß auf einen längeren Zeitraum erstreckt, für ein Jahr der Teil der Anschaffungs- oder Herstellungskosten abzusetzen, der bei ihrer gleichmäßigen Verteilung auf die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer des Wirtschaftsguts entfällt. Dies gilt jedoch nur, soweit das Wirtschaftsgut durch die Nutzung verbraucht wird (BFH-Urteil vom 4. Juni 1992 IV R 101/90, BStBl II 1993, 276), d. h. im wesentlichen, die wirtschaftliche Verwertbarkeit verliert oder sich technisch verschleißt. Wirtschaftliche und technische Abnutzung sind je für sich zu beurteilen und sind nebe...