rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Besteuerung von Leistungen an eine Grenzgängerin aus einer Schweizer Krankentagegeldversicherung
Leitsatz (redaktionell)
1. Prämienzahlungen des Schweizer Arbeitgebers an eine Krankentagegeldversicherung, durch die der Arbeitnehmer einen eigenen Anspruch auf Leistung im Versorgungsfall erwirbt, unterliegen als Arbeitslohn eines Grenzgängers dem deutschen Besteuerungsrecht.
2. Bei einer Kollektivversicherung sind die Ausgaben des Arbeitgebers nach Maßgabe der Veranlassung auf die einzelnen Arbeitnehmer aufzuteilen.
3. Leistungen aus einer privaten Krankentagegeldversicherung im Rahmen der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall sind kein Arbeitslohn und unterliegen nicht dem Progressionsvorbehalt.
Normenkette
DBA CHE Art. 15a; EStG § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 19a Abs. 1, § 32b Abs. 1; LStDV § 2 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 3 S. 1; VVG § 87
Tenor
1. Unter Änderung des Einkommensteuerbescheides vom 23. August 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17. Januar 2005 wird die Einkommensteuer auf 26.976 EUR festgesetzt.
2. Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Ermöglicht der Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung im Wert von mehr als 1.500 EUR, darf die Vollstreckung nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe des darin festgesetzten Erstattungsbetrages erfolgen. In anderen Fällen kann der Beklagte die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leisten.
4. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
5. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin wird für den Veranlagungszeitraum 2002 (Streitjahr) mit ihrem Ehemann zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.
Die Klägerin war im Streitjahr bei der Y. (im folgenden auch: Arbeitgeberin) in C., Schweiz als Sekretärin beschäftigt (Hinweis auf Zeile 4 des Mantelbogens zur Einkommensteuererklärung für 2002 [Bl. 2 der Einkommensteuerakten]). Nach dem im Streitjahr maßgeblichen Arbeitsvertrag vom 5. Oktober 1973 besteht das Arbeitsverhältnis seit dem 16. Oktober 1973 (Bl. 51-53 der FG-Akten; vgl. insbesondere: B. Ziffern 1.und 2. des Arbeitsvertrages, der mit der Rechtsvorgängerin der Arbeitgeberin, der X-AG abgeschlossen worden war). Wegen der zu A. Ziffer 6 des Arbeitsvertrages in Bezug genommenen Reglemente wird auf den Gesamtarbeitsvertrag für C… Pharma-, Chemie- und Dienstleistungsunternehmen – gültig ab. 1. Januar 2002 – [im folgenden: GAV] und das Reglement zur Gehaltsfortzahlung der Firma Y Bezug genommen (S. 14 ff bzw S.25 ff des Gutachtens von Prof. Dr. A. – im folgenden: Gutachten –).
Im Streitjahr erkrankte die Klägerin und war infolgedessen arbeitsunfähig. Im Lohnausweis für das Streitjahr ist ein von der Klägerin erzielter Bruttolohn von 96.162 CHF ausgewiesen (Bl. 12 der Einkommensteuerakten), in dem „Taggelder aus Kranken-, Unfall- und Invalidenversicherungen” in Höhe von 13.663 CHF enthalten sind (Hinweis im übrigen auf das Schreiben vom 27. Juli 2005 der Arbeitgeberin, Bl. 30 der FG-Akten).
Die Klägerin erhielt von Juli – Oktober 2002 Leistungen aus einer durch ihren Arbeitgeber mit der Z. (so auch ihre eigenen Angaben im Erörterungstermin vom 2. Juni 2006, s. Niederschrift über den Gerichtstermin: Satz 2 Absatz 3 [Bl. 67 der FG-Akten]) abgeschlossenen – nicht obligatorischen (Tz. 3.4 des Gutachtens)– Kollektiv-Krankentaggeldversicherung (Tz. 2 der Stellungnahme vom 2. Dezember 2007, Bl. 137, 138 und 140 der FG-Akten). Im Einzelnen (Hinweis auf die Gehaltsabrechnungen lt. Bl. 94 – 97 der FG -Akten):
Juli: |
3.383,50 CHF |
August: |
5.074,90 CHF |
September: |
3.773,65 CHF |
Oktober: |
1.431,40 CHF |
|
13.663,20 CHF (= 9. 290 EUR) |
Nach den Gehaltsabrechnungen für Juli-August 2002 erfolgten die Netto-Auszahlungen des Gehaltes durch die Arbeitgeberin einschließlich der zuvor dargelegten Taggelder. Zusammen mit den Taggeldern erhielt die Klägerin noch Lohnzahlungen von 3.924.75 CHF (für Juli), 2.233,10 CHF (für August), 3.534,35 CHF (für September) und von 5.876,60 CHF (für Oktober). Damit der Klägerin durch ihre Krankheitsabwesenheit keine finanziellen Vorteile erwuchsen, wurde ihr Lohn um 957, 65 CHF reduziert (vgl. hierzu das Schreiben der Arbeitgeberin vom 6. Dezember 2007 und die Berechnung des sozialversicherungsrechtlichen Entgelts 2002 … [Anlage 3 zum Schriftsatz vom 6. Dezember 2007, Bl. 153 und 159 der FG-Akten]; Tz. 3 der Stellungnahme vom 2. Dezember 2007, Bl. 137 und 140, 141 der FG-Akten). Die Allgemeinen Versicherungsbedingungen (im folgenden: AVB) für die hier in Rede stehende Kollektiv-Krankentaggeldversicherung nach VVG (Bundesgesetz über den Versicherungsvertrag vom 2. April 1908) wurden dem Finanzgericht (FG) vorgelegt. Da die o.g. Leistungen der Z… aufgrund einer Kollektiv-Krankentaggeldversicherung nach VVG erbracht wurden, handelt es sich um solche aus einer Privatversicherung (Tzn. 3.8, 2.18-2.25 des Gutachten...