Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung gewerblicher Einkünfte von freiberuflichen Einkünften bei Unterrichtstätigkeit
Leitsatz (redaktionell)
1. Wird eine unterrichtende Tätigkeit durch die Einschaltung einer Vielzahl von qualifizierten Mitarbeitern nicht mehr eigenverantwortlich ausgeführt, sind die Einkünfte aus der „Unterrichtstätigkeit” als gewerbliche Einkünfte zu qualifizieren.
2. Eine eigenverantwortliche Tätigkeit des Betriebsinhabers ist nur dann gegeben, wenn dieser seine eigene Arbeitskraft so einsetzt, dass er in der Lage ist, für die von seinen Mitarbeitern erbrachten Leistungen die uneingeschränkte fachliche Verantwortung zu übernehmen; hierzu reicht die Übernahme der bürgerlich-rechtlichen Verantwortung gegenüber den Auftraggebern nicht aus.
3. Die Durchführung von Fortbildungsseminaren für Mitarbeiter der gemäß § 40c AFG finanzierten Maßnahmen ist keine wissenschaftliche, sondern eine unterrichtende Tätigkeit i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG.
4. Eine unzutreffende Rechtsauffassung des Finanzamts schafft keinen Vertrauenstatbestand dergestalt, dass dieses auch in späteren Veranlagungszeiträumen an die unzutreffende Auffassung gebunden wäre.
Normenkette
EStG § 18 Abs. 1 Nr. 1; AFG § 40c
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob eine Forschungs- und Bildungseinrichtung in der Rechtsform einer GdbR mit der Durchführung von Fortbildungsveranstaltungen freiberufliche oder gewerbliche Einkünfte erzielt hat.
Die Klägerin Ziff. 1 ist eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts, die in den Jahren 1996 und 1997 (Streitjahre) unter der Bezeichnung „X” Dienstleistungen auf dem Gebiet der Fortbildung und Beratung ausführte. Gesellschafter der X waren die Kläger Ziff. 2 und Ziff. 3, die Eheleute A und B. Der Gesellschaftszweck der in den 80er Jahren durch mündlichen Gesellschaftsvertrag gegründeten X GdbR war die Erbringung von Fortbildungs- und Beratungsleistungen bei der dauerhaften Integration von Problemgruppen in den Arbeitsmarkt.
Die X GdbR war in den Streitjahren ausschließlich für die (damalige) Bundesanstalt für Arbeit (BA) tätig. Grundlage dieser Tätigkeit war der zwischen dem Präsidenten der BA und der X GdbR am 25. Dezember 1990 und 09. Januar 1991 geschlossene Werkvertrag, mit dem sich die X GdbR gegen Zahlung einer jährlich festgelegten Vergütung zur Durchführung spezieller Fortbildungsmaßnahmen für das Ausbildungs- und Betreuungspersonal in den von der BA gemäß § 40c des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) finanzierten Maßnahmen verpflichtete. Die Maßnahmen gemäß § 40c AFG dienten der Förderung der Berufsausbildung von ausländischen Auszubildenden sowie von lernbeeinträchtigten oder sozial benachteiligten deutschen Auszubildenden. Nach dem Werkvertrag und der zugehörigen Leistungsbeschreibung waren Anlass und Ziel der von der X GdbR zu erbringenden Fortbildungsmaßnahmen, die Qualität und Effizienz der ausbildungsbegleitenden Hilfen und der Berufsausbildung in überbetrieblichen Einrichtungen durch eine qualifizierte spezielle Fortbildung der Mitarbeiter zu steigern. Teilnehmer der Veranstaltungen waren vor allem diejenigen Mitarbeiter der sog. Trägereinrichtungen, die mit der (Berufs-) Ausbildung der Benachteiligten befasst waren. Durch die Fortbildung sollten u.a. die Themenbereiche „Zielgruppen, Methodik/Didaktik, Kooperation, curriculare Besonderheiten, Übergang Ausbildung/Beruf, Team” für die praktische Umsetzung in den Ausbildungsalltag aufgearbeitet werden (s. Leistungsbeschreibung, Abschnitt I. „Anlass und Ziel spezieller Fortbildungsmaßnahmen”, Behördenakten –Ordner OFD–). Die angebotenen Seminare sollten gewährleisten, dass jedes sog. Ausbildungsteam mindestens einmal in drei Jahren an einer Fortbildung teilnimmt. Es wurde vereinbart, jährlich insgesamt 80 Wochenseminare durchzuführen, davon 40 Seminare für Mitarbeiter von ausbildungsbegleitenden Hilfen sowie 40 Seminare für Mitarbeiter bei der Berufsausbildung in überbetrieblichen Einrichtungen. Weiter sollten für Ausbildungsleiter vier zweitägige Fortbildungsseminare angeboten werden sowie vier zweitägige Seminare für sog. Teamer und Referenten. Die Wochenseminare sahen fünf Seminartage vor. Insgesamt war zu gewährleisten, dass jeweils 400 Seminartage/Jahr stattfinden können. Die Seminare wurden für jeweils 15 Teilnehmer eingerichtet und von zwei sog. Teamern durchgeführt. Die Teamer mussten neben einer umfassenden Kenntnis der Maßnahmeninhalte fundierte Erfahrungen in der erwachsenenpädagogischen Praxis und der Fachpraxis haben. Zu der Qualifikation der eingesetzten Mitarbeiter wird auf die Aufstellung „Qualifikationsprofile des Teamer/innen-Stamms” Bezug genommen (Behördenakten –Ordner OFD– Heftstreifen „Teamer”). Die Teamer sollten bei der regionalen Umsetzung des Seminarangebots die Vorbereitungs-, Gestaltungs- und Auswertungsaufgaben übernehmen. Die X GdbR war verpflichtet, der BA regelmäßig schriftlich über die Durchführung des Werkauftr...