rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Änderung eines Einkommensteuerbescheids zur Nachversteuerung von Lebensversicherungsbeiträgen
Leitsatz (redaktionell)
Den Vorschriften über die Nachversteuerung von Lebensversicherungesbeiträgen (§ 10 Abs. 5 EStG, § 30 EStDV) ist weder nach ihrem Wortlaut noch nach ihrem Sinn und Zweck zu entnehmen, dass das Besteuerungstatbestandsmerkmal "schädliche Verwendung von Versicherungsbeiträgen" uneingeschränkt zu jeder Zeit und ohne Rücksicht auf die Bestandskraft des Einkommensteuerbescheids, in welchem die Nachversteuerung durchzuführen war, nachträglich berücksichtigt werden könnte. Sie sind formell so zu behandeln wie jede andere Besteuerungsgrundlage auch.
Normenkette
EStG § 10 Abs. 5; EStDV § 30; AO 1977 § 173 Abs. 1 Nr. 1, § 172 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d
Tatbestand
Streitig ist, ob die Voraussetzungen zur Änderung der Einkommensteuerfestsetzung zur Nachversteuerung von Lebensversicherungsbeiträgen gegeben sind und ob dem die Festsetzungsverjährung entgegensteht.
Der Kläger hat im Streitjahr 1992 geheiratet Er gab seine Einkommensteuererklärung für 1992 im September 1994 ab und beantragte die besondere Veranlagung nach § 26 c des Einkommensteuergesetzes (EStG), die mit Einkommensteuerbescheid vom 13. Oktober 1994 durchgeführt wurde.
Im April 1995 gaben der Kläger und seine Ehefrau eine gemeinsame Einkommensteuererklärung für 1992 ab und beantragten die Zusammenveranlagung. Dementsprechend erließ das beklagte Finanzamt (FA) den Einkommensteuerbescheid vom 27. Juni 1995, mit dem es den Einkommensteuerbescheid vom 13. Oktober 1994 nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) änderte.
Aufgrund einer Außenprüfung für die Jahre 1992 bis 1994 im August 1996 wurde der Einkommensteuerbescheid für 1992 vom 27. Juni 1995 nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO durch den Einkommensteuerbescheid vom 26. Mai 1997 geändert. Dieser Bescheid wurde wiederum geändert durch Einkommensteuerbescheid vom 19. August 1998, in welchem das FA erstmals die Nachversteuerung von Lebensversicherungsbeiträgen nach § 10 Abs. 5 EStG, § 30 der Einkommensteuerdurchführungsverordnung (EStDV) durchführte, die bei der Einkommensteuerveranlagung des Klägers für die Jahre 1989 bis 1991 als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 5 Nr. 2 EStG berücksichtigt worden waren. Das FA stützte diese Änderung auf § 172 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d AO. Die Nachversteuerung als solche ist unstreitig.
Bereits am 3. Januar 1994 war beim FA die Mitteilung über die schädliche Verwendung der Lebensversicherung und damit der Voraussetzungen für die Nachversteuerung eingegangen. Auch bei der Außenprüfung im August 1996 wurde die steuerschädliche Verwendung der Lebensversicherung festgestellt. Gleichwohl ist die Nachversteuerung in den Einkommensteuerbescheiden vom 13. Oktober 1994, 27. Juni 1995 und 26. Mai 1997 unterblieben.
Mit dem Einspruch gegen den Änderungsbescheid vom 19. August 1998 wandte der Kläger Festsetzungsverjährung bezüglich der Nachversteuerung ein. Mit Einspruchsentscheidung vom 12. November 1999 wies das FA den Einspruch mit der Begründung zurück, Festsetzungsverjährung sei nicht eingetreten.
Mit der Klage macht der Kläger weiterhin die Festsetzungsverjährung geltend und beantragt,
den angefochtenen Einkommensteueränderungsbescheid für 1992 vom 19. August 1998 aufzuheben.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Mit Schreiben vom 13. Dezember 2000 wies der Berichterstatter die Beteiligten auf die Möglichkeit hin, dass es für den Änderungsbescheid vom 19. August 1998 an einer Änderungsvorschrift fehle. Das FA führte daraufhin aus, nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs -BFH- sei die Nachversteuerung als eigene Korrekturregelung im Sinn des § 172 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d AO anzusehen. Auf die Tatsache, dass das FA die Nachversteuerung bereits in früheren Bescheiden hätte durchführen können, komme es daher verfahrensrechtlich ebenso wenig an wie darauf, ob neue Tatsachen im Sinn des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO oder die Voraussetzungen für eine Änderung der Einkommensteuerbescheide für 1989, 1990 und 1991 nach § 175 Abs. 1 N. 2 AO vorliegen. Der Gesetzgeber habe sich aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung gegen die Abwicklung der Nachversteuerung über § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO entschieden, sondern in § 172 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d AO eine eigenständige, von anderen Voraussetzungen abhängige Korrekturvorschrift geschaffen. Es komme daher im vorliegenden Streitfall nicht darauf an, ob die Voraussetzungen des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO oder des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO erfüllt sind oder nicht Es genüge, dass die Voraussetzungen des § 172 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d AO vorliegen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet und führt wie erkannt zur Aufhebung des angefochtenen Einkommensteueränderungsbescheids.
Der Senat folgt nicht der Auffassung des FA, dass die bestandskräftigen Einkommensteuerbescheide für 1992 nach § 172 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d AO abänderbar waren.
Nach § 10 Abs. 5 EStG, § 30 Abs. 1 EStDV ist eine Nachversteuerung für den Veranlagungszeitraum...