Entscheidungsstichwort (Thema)

Anordnung zum Führen eines Brennbuches in einer Obstabfindungsbrennerei nach Feststellung auffälliger Ausbeuteergebnisse und Einleitung strafrechtlicher Maßnahmen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Verwaltungsvorschrift „Abfindung der Brennereien” des BMF in der Fassung v. 21.4.2011 (III B 7 – V 2265/10/10005:002, VSF, Kennung V 2265), die in Abs. 42 vorsieht, dass Brennereien, in denen nicht mehr als 5 Stoffbesitzer Branntwein herstellen, von der Pflicht zur Führung eines Brennbuches befreit sind, soweit nicht das Hauptzollamt im Einzelfall etwas anderes bestimmt, verstößt gegen den Wortlaut von § 166 Abs. 1 S. 1 der Brennereiordnung (BO), wonach in Brennereien vom Brennereibesitzer im Regelfall ein Brennbuch nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck (1225/1226) zu führen ist, und entfaltet deswegen nach außen hin keine unmittelbare Bindungswirkung.

2. Soweit in Abs. 42 der „Verwaltungsvorschrift Abfindung der Brennereien” (VSF V 2265) Ausnahmen von der generellen Befreiung von der Pflicht zur Führung eines Brennbuchs für Brennereien, in denen nicht mehr als 5 Stoffbesitzer Branntwein herstellen, zugelassen werden, ohne diese von weiteren Voraussetzungen abhängig zu machen, handelt es sich um eine Ermessensentscheidung, die nur im Rahmen des § 102 FGO der gerichtlichen Überprüfung unterliegt.

3. Die Erwägung, dass die Belastung durch die Führung eines Brennbuchs bei der Güterabwägung gegenüber dem Interesse der Allgemeinheit an einer wirksamen Überwachung des Umgangs mit hochsteuerbaren Waren nicht allzu sehr ins Gewicht fällt, ist nicht zu beanstanden.

4. Im Hinblick auf das System der Besteuerung im Wege der Abfindung ist insbesondere bei auffälligen Ausbeuteergebnissen und Einleitung eines Strafverfahren wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung die Anordnung der Brennbuchführung nicht ermessensfehlerhaft bzw. unverhältnismäßig und verstößt auch nicht gegen die in Art. 12 Abs. 1 GG geregelte Berufsfreiheit.

5. Soweit nach der Verfügung der BFD Südwest vom 30.10.2012 – V 2265 B – 5/12 – ZF 1201 eine schriftliche Dokumentation des Einvernehmens zwischen der die Brennbuchführung anordnenden Stelle des Hauptzollamts und der Steueraufsicht erforderlich ist, handelt es sich um eine interne, keine Schutzwirkung gegenüber Dritten entfaltende Dienstanweisung.

 

Normenkette

BO § 166 Abs. 1 Sätze 1, 4; BranntwMonG § 184a; GG Art. 12 Abs. 1; FGO § 102; AO § 5

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Mit seiner Klage wendet sich der Kläger gegen einen Bescheid, mit dem das beklagte Hauptzollamt (HZA) für seine Brennerei die Führung eines Brennbuchs angeordnet hat.

Der Kläger ist Besitzer der in A unter der Anschrift … weg xx unter der Nr. yyy registrierten Obstabfindungsbrennerei mit einer monopolbegünstigten Erzeugungsgrenze von 300 l Alkohol (lA) im Jahr. Seine Schwester, M, ist ebenfalls Brennereibesitzerin. Ihre Obstabfindungsbrennerei, ebenfalls mit einer monopolbegünstigten Erzeugungsgrenze von 300 lA im Jahr, ist unter der Nr. xxx in der … Straße xx, A, registriert. Am 6. Februar 2014 bewilligte das beklagte HZA dem Kläger und seiner Schwester antragsgemäß die Teilnahme am vereinfachten Lohnbrennen. Dadurch wurde der Kläger in die Lage versetzt, von ihm selbst gewonnenes Material auf das Kontingent der Brennerei seiner Schwester (Brennerei-Nr. xxx) unter Verwendung seines eigenen Brenngerätes zu brennen.

Mit Abfindungsanmeldung vom 17. Februar 2014 meldete M bei dem zentral zuständigen HZA S für den Zeitraum vom 25.-27. Februar 2014 die Verarbeitung von 1800 l Zwetschgenmaische (zwei Fässer à 900 l) im vereinfachten Lohnbrennen an. Als Rohstofflieferant benannte sie die Brennerei des Klägers, Brennerei-Nr. yyy. Am 19. Februar 2014 erteilte das HZA S die beantragte Brenngenehmigung. Im Rahmen einer Routinekontrolle am 26. Februar 2014 nahmen zwei Aufsichtsbeamte des beklagten HZA zwei Kontrollbrände vor. Beim ersten Abtrieb befüllten die Beamten die Brennblase mit dem Rest der Zwetschenmaische aus dem ersten Fass. Die Maische wies einen geringen Vergährungsgrad auf (2,4 %mas; der normale durchschnittliche Vergährungsgrad von Zwetschgenmaische liegt bei 4-5 %mas). Da das Ergebnis zu einer sehr geringen Ausbeute führte und der Kläger erklärte, dies liege an der großen Anzahl der Obststeine, die sich im unteren Teil des Gefäßes befänden, wurde dieser Abtrieb nicht als Kontrollbrand dokumentiert. Stattdessen führten die Aufsichtsbeamten mit der Maische aus dem zweiten Fass nach Umrühren erneut einen Kontrollbrand mit Probeziehung durch. Bei gleichem Vergährungsgrad (2,4 %mas) ergab der Kontrollbrand eine Alkoholausbeute von 7,4 lA je 100 l Maische (Verhandlung über das Probebrennen vom 26. Februar 2014, Behördenakten zum Vorverfahren, Bl. 39). Die Untersuchung der im Beisein des Kläger aus dem Maische-Behälter gezogenen Proben (Niederschrift über die Entnahme und Behandlung von Proben im Branntweinsteuerbereich ...

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