Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine umsatzsteuerfreie Entnahme eines (ohne Vorsteuerabzug erworbenen) Kfz durch Veräußerung ohne Umsatzsteuerausweis
Leitsatz (redaktionell)
1. Wird ein Kfz ohne das Recht auf Vorsteuerabzug erworben und später dem Unternehmen durch den Abzug der Vorsteuer aus den laufenden Kfz-Kosten zugeordnet, kann das Kfz zwar unbesteuert entnommen, aber nur besteuert veräußert werden.
2. Nach Ergehen des EuGH-Urteils Bakcsi im Jahr 2006 (Slg. 2001, I-1831) reicht die Veräußerung des Kfz ohne Umsatzsteuerausweis und die bloße Erklärung, den Umsatz nicht versteuern zu wollen, als Nachweis für die Entnahmehandlung nicht aus.
Normenkette
UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1, § 3 Abs. 1b S. 2; EWGRL 388/77 Art. 2 Nr. 1, Art. 11 Teil A Abs. 1a
Tenor
Die Klage wird abgewiesen
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Inzahlunggabe eines Gebrauchtwagens beim Neuwagenkauf als umsatzsteuerpflichtige Lieferung oder als steuerfreie Entnahme zu behandeln ist.
Der Kläger erwarb im März 2005 einen Pkw des Typs „B1” zu einem Bruttokaufpreis von 41.870 EUR. Er konnte, da er seinerzeit nicht unternehmerisch tätig war, aus der ihm erteilten Rechnung den offen im Kaufpreis ausgewiesenen Umsatzsteueranteil von 5.775,17 EUR nicht als abzugsfähige Vorsteuer geltend machen.
Seit November 2006 betätigte sich der Kläger als beratender Betriebswirt. Zu diesem Zweck legte er den Pkw unter Ansatz einen Teilwerts von 27.000 EUR in das Betriebsvermögen ein. In der Folgezeit nutzte der Kläger das Fahrzeug weit überwiegend für betriebliche Anlässe und lediglich in geringem Umfang privat. Aus den ihm erteilten Eingangsrechnungen einschließlich der Tankquittungen machte er einen Vorsteuerabzug von insgesamt 567,94 EUR geltend, der indessen – seinen Angaben zufolge – außer auf Benzinrechnungen lediglich auf eine kleine Wartungsrechnung und nicht auf den Ankauf von Bestandteilen des Pkw (wie etwa Ersatzteilen) entfiel.
Ein gutes halbes Jahr später entschied sich der Kläger Ende Mai 2007 für den Ankauf eines neuen Pkw des Typs „B2”, der ihm am 15. Juni 2007 geliefert wurde und für den ihm der Verkäufer, der Vertragshändler X GmbH einen Kaufpreis von netto 44.205,88 EUR zuzüglich 8.399,12 EUR offen ausgewiesener Umsatzsteuer in Rechnung stellte. Ebenfalls mit Vertrag vom 15. Juni 2007 gab der Kläger den bisher genutzten Pkw B1 bei der X GmbH für 23.200 EUR in Zahlung. Über den Gebrauchtwagen-Ankauf erteilte ihm die X GmbH einen Beleg, in dem der Ankaufspreis ohne offenen Ausweis von Umsatzsteuer aufgeführt ist.
In seiner Umsatzsteuer-Voranmeldung für Juni 2007 machte der Kläger den Vorsteuerabzug für den Neuwagenankauf steuermindernd geltend, ohne seinerseits aus dem Verkauf des zuvor genutzten Pkw einen steuerpflichtigen Ausgangsumsatz zu erklären. In einem der Voranmeldung beigefügten Schreiben seiner steuerlichen Beraterin und späteren Prozessbevollmächtigten gab der Kläger an, das Fahrzeug am 15. Juni 2007 aus dem Betrieb umsatzsteuerfrei wieder entnommen zu haben. Den Beleg der X GmbH über den Gebrauchtwagen-Ankauf legte der Kläger bei.
Das beklagte Finanzamt (der Beklagte) vertrat die Auffassung, der gebrauchte Pkw sei vom Kläger nicht für Zwecke entnommen worden, die außerhalb seines Unternehmens lägen. Vielmehr habe die Hingabe des Wagens an die X GmbH der Finanzierung des Neuerwerbs gedient. Mit dieser Begründung behandelte der Beklagte die Inzahlunggabe als umsatzsteuerpflichtig, ermittelte aus dem Verkaufspreis von 23.200 EUR eine steuerliche Bemessungsgrundlage von 19.495 EUR und setzte die Umsatzsteuer-Vorauszahlung für den Monat Juni 2007 am 3. August 2007 unter entsprechender Erhöhung der zu einem Steuersatz von 19% steuerpflichtigen Umsätze gegenüber der Steueranmeldung des Klägers um 3.705 EUR höher fest.
Der Einspruch, mit dem der Kläger geltend machte, dass er den Pkw zwar – ohne dass dies indessen zwingend gewesen wäre – im November 2006 seinem Unternehmen zugeordnet habe, dass er jedoch bei Inzahlunggabe des Altfahrzeugs gegenüber der X GmbH als Privatmann aufgetreten sei und den Pkw bereits vor Lieferung des Neuwagens aus dem Unternehmensvermögen entnommen habe, blieb erfolglos. Der Beklagte stellte sich im Zuge seiner Einspruchsentscheidung vom 16. September 2008 auf den Standpunkt, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) auch die Lieferung von nicht vorsteuerbelasteten Pkw (gemeint wohl: von nicht vorsteuerentlasteten Pkw) der Umsatzsteuer unterliege und der Kläger den Nachweis einer Entnahme des Fahrzeugs vor seiner Veräußerung nicht geführt habe.
Mit seiner fristgerecht erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Anliegen weiter. Hierzu trägt er vor, der Gebrauchtwagenverkauf an die X GmbH sei auf der privaten Ebene erfolgt. In der Abrechnung sei keine Umsatzsteuer ausgewiesen worden. In seiner – des Klägers – Buchführung sei nur eine Entnahme, nicht aber die Veräußerung erfasst worden. Damit sei für Dritte eindeutig erkennbar, dass es sich um ein...