Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Hinzurechnung fiktiver Zinseinnahmen bei gesellschaftsrechtlich veranlasster zinsloser Darlehensgewährung durch den Alleingesellschafter an ausländische Kapitalgesellschaft
Leitsatz (redaktionell)
Die gesellschaftsrechtlich und nicht durch ein selbstständiges Leistungsaustauschverhältnis veranlasste unentgeltliche Gewährung eines zinslosen Finanzdarlehens durch einen Alleingesellschafter an seine ausländische Kapitalgesellschaft begründet keine Geschäftsbeziehung i. S. d. § 1 Abs. 4 AStG, so dass die Voraussetzungen für eine fiktive Hinzurechnung von Zinsen nach § 1 Abs. 1 AStG nicht vorliegen.
Normenkette
AStG § 1 Abs. 1, 4
Nachgehend
Tenor
1. Die Einkommensteueränderungsbescheide 1999 und 2000, jeweils vom 19. Januar 2004, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23. Juni 2005 werden aufgehoben.
2. Der Einkommensteuerbescheid 2001 vom 19. Januar 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23. Juni 2005 wird dahingehend geändert, dass die Einnahmen aus Kapitalvermögen um 22.230 DM herabgesetzt werden.
3. Die Neuberechnung der festzusetzenden Einkommensteuer wird gemäß § 100 Abs.2 Finanzgerichtsordnung dem Beklagten aufgegeben.
4. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
5. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Ermöglicht der Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung im Wert von mehr als 1.500 EUR, hat der Kostengläubiger in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruch Sicherheit zu leisten. Liegt der vollstreckbare Kostenerstattungsanspruch im Wert bis zu 1.500 EUR, ist das Urteil hinsichtlich der Kosten ohne Sicherheitsleistung vollstreckbar. In diesem Fall kann der Kostenschuldner der Vollstreckung widersprechen, wenn nicht der Kostengläubiger vor der Vollstreckung in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruchs Sicherheit leistet.
6. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
7. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin (Kl) ist als Büroangestellte nichtselbständig tätig. Sie beteiligte sich im Rahmen der Gründung am 18. August 1998 zunächst mit 97 %, ab 27. Mai 1999 mit 100 % am Stammkapital der ungarischen Kapitalgesellschaft …. (im Folgenden: X Das Stammkapital beträgt umgerechnet 65.000 EUR. Geschäftsführer der X Ist der geschiedene Ehemann der Klin, Herr V.A.. Die Gesellschaft hat auf einem ihr gehörenden Grundstück in Ungarn ein Fabrik- und Verwaltungsgebäude errichtet, das verpachtet wird. Zur Finanzierung der Gebäudeherstellung gab die Klin der X Ende 1998 ein unverzinsliches Finanzplandarlehen in Höhe von 370.500 DM.
Der Beklagte (Bekl) wendete auf diese Darlehenshingabe § 1 Abs. 1 Außensteuergesetz (AStG) an und setzte in am 19. Januar 2004 nach § 173 Abs.1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) bzw. nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Einkommensteuer-(ESt)-Bescheiden für 1999 und 2000 geschätzte fiktive Zinseinnahmen in Höhe von 22.230 DM (6 v.H. von 370.500 DM) an. Im Streitjahr 2001 erfolgte eine entsprechende Erhöhung der Einnahmen aus Kapitalvermögen im erstmaligen ESt-Bescheid 2001 am 19. Januar 2004.
Mit der nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage begehrt die Klin die Kürzung der Einnahmen aus Kapitalvermögen in den streitbefangenen ESt-Bescheiden um die hinzugerechneten Zinseinnahmen. Sie trägt zur Begründung vor, § 1 Abs 1 AStG sei nicht anwendbar, da die Hingabe des zinslosen Finanzplandarlehens keine Geschäftsbeziehung im Sinne von § 1 Abs. 4 AStG zwischen ihr und der X begründet habe. Denn Voraussetzung einer Geschäftsbeziehung in diesem Sinne sei, dass ein selbständiges Leistungsaustauschverhältnis zwischen Gesellschafter und Gesellschaft bestehe. Vorgänge hingegen, die im privaten Bereich oder im Gesellschaftsverhältnis begründet seien, seien nicht nach § 1 Abs. 1 AStG zu behandeln.
Die zinslose Darlehenshingabe habe sie im Streitfall nicht als Partnerin eines Austauschverhältnisses, sondern in ihrer Eigenschaft als Gesellschafterin hingegeben. Sie habe die Freiheit, selbst zu bestimmen, ob und in welcher Höhe sie ihrer Gesellschaft Eigen- oder Fremdkapital zuführe. Es stehe ihr auch frei, eine Mischform zu wählen. Sie habe sich hier für die Hingabe eines sog. Finanzplandarlehens entschieden, um die X funktionsgerecht mit Kapital auszustatten. Ansonsten hätte die Gebäudeherstellung nicht durchgeführt werden können.
Wegen der näheren Einzelheiten der Begründung wird auf den Schriftsatz der Klin vom 6. Juli 2005 (AS. 29 ff. FG-Akte) verwiesen.
Die Klin beantragt,
- die geänderten ESt-Bescheide 1999 und 2000 vom 19. Januar 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23. Juni 2005 aufzuheben,
- den ESt-Bescheid 2002 vom 19. Januar 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23. Juni 2005 dahingehend zu ändern, dass die Einnahmen aus Kapitalvermögen um 22.230 DM herabgesetzt werden,
- die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären sowie hilfsweise
- die Revision zuzulassen.
Der Be...