Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufwendungen für den behindertengerechten Umbau eines Bades als außergewöhnliche Belastung. Einkommensteuer 1999
Leitsatz (amtlich)
Die Kosten des behindertengerechten Umbaus eines zuvor vollständig intakten und funktionsfähigen Badezimmers sind als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig, wenn der Umbau ausschließlich deswegen erfolgt ist, weil der an multipler Sklerose erkrankte und auf den Rollstuhl angewiesene Steuerpflichtige eine für Rollstuhlfahrer geeignete Dusche und eine entsprechende Toilette samt Waschmöglichkeit im Erdgeschoss des Hauses benötigt.
Normenkette
EStG 1997 § 33 Abs. 1-2
Nachgehend
Tenor
Der Einkommensteuerbescheid 1999 wird dahin geändert, dass (weitere) Aufwendungen in Höhe von 13.004 DM als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden.
Dem Beklagten wird aufgegeben, die geänderte Steuerfestsetzung nach Maßgabe der Urteilsgründe zu errechnen, den Klägern das Ergebnis dieser Berechnung unverzüglich mitzuteilen und den Bescheid mit dem geänderten Inhalt nach Rechtskraft dieser Entscheidung neu bekannt zu geben.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der den Klägern zu erstattenden Kosten oder durch Hinterlegung abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Tatbestand
Streitig ist die Abziehbarkeit von Aufwendungen für den behindertengerechten Umbau eines Bades als außergewöhnliche Belastung.
Die Kläger sind Eheleute, die gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt werden. Der Kläger ist an multipler Sklerose erkrankt. Er ist geh- und stehbehindert und auf die Benutzung eines Rollstuhles angewiesen. Im Streitjahr 1999 betrug der Grad der Behinderung 80 v.H.. Im Rahmen der Einkommensteuererklärung machten die Kläger Aufwendungen in Höhe von 13.004 DM für den behindertengerechten Umbau eines (bereits vorhandenen und völlig intakten) Bades im Erdgeschoss ihres 1980 errichteten und 1984 angeschafften Wohnhauses als außergewöhnliche Belastung geltend. Die Aufwendungen beliefen sich auf insgesamt 18.004 DM; dem Kläger wurde von der Beihilfestelle und der privaten Krankenversicherung (Pflegeversicherung) ein (Pauschal-)Betrag von 5.000 DM erstattet. Im einzelnen ging es um folgende Baumaßnahmen einschließlich der damit zusammenhängenden Demontage- und Neuinstallationsarbeiten: Die vorhandene Dusche, die eine 30 cm hohe Duschwanne hatte und die der Kläger deshalb nicht gefahrlos nutzen konnte, wurde entfernt und eine ebenerdige Dusche mit Behindertensitz installiert. In diesem Zusammenhang wurden die Bodenfliesen entfernt und wasserdicht neu verlegt Das vorhandene WC wurde entfernt und durch ein neues (Behinderten-)WC ersetzt, das wegen der Rollstuhlbenutzung weiter in die Mitte des Raumes verlegt und erhöht angebracht sowie mit Armstützen versehen wurde. Das vorhandene Waschbecken wurde entfernt und durch ein besonderes Behindertenwaschbecken mit flacherem Ablauf ersetzt; das Waschbecken wurde wegen der Rollstuhlbenutzung niedriger angebracht. Der bisher vorhandene Spiegelschrank, den der Kläger vom Rollstuhl aus nicht erreichen konnte, wurde entfernt und durch einen über dem Wachbecken angebrachten (nach unten) klappbaren Spiegel ersetzt Zur Unterbringung der notwendigen Wasch- und Pflegemittel wurde ein Schrank angeschafft, den der Kläger vom Rollstuhl aus erreichen konnte.
Der Beklagte (das Finanzamt –FA–) ließ die Aufwendungen mit Einkommensteuerbescheid vom 15. Juni 2000 nicht zum Abzug zu. Der Einspruch blieb ohne Erfolg. Auf die Einspruchsentscheidung vom 18. Juli 2001 wird Bezug genommen.
Mit der Klage machen die Kläger weiterhin geltend, die streitigen Aufwendungen seien als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen. Die Kläger tragen vor, das (bereits vorhandene) Duschbad sei ausschließlich wegen der eingetretenen Behinderung des Klägers umgebaut worden. Der Umbau stelle einen verlorenen Aufwand dar. Das frühere Duschbad sei vor dem Umbau genauso intakt und funktionsfähig gewesen wie das (weitere) Bad im Obergeschoss des Hauses. Entgegen der Auffassung des FA könne es für einen Abzug nicht darauf ankommen, ob die ausgetauschten Gegenstände noch neu gewesen seien.
Die Kläger beantragen, den angefochtenen Bescheid zu ändern und die streitigen Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen.
Das FA beantragt, die Klage abzuweisen. Zur Begründung verweist das FA im Wesentlichen auf die Einspruchsentscheidung.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze des Klägers vom 16. Juni 2000, vom 16. Juli 2000 und vom 23. Juni 2001 im Einspruchsverfahren, die vorgelegten Rechnungen (ESt-Akten 1999, Rechtsbehelfsakten) sowie die Klagebegründung vom 27. Juli 2001 und die in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Fotos Bezug genommen.
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