Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorsteuerabzug und Berichtigung des Vorsteuerabzugs bei dem Erwerb eines Blockheizkraftwerks, das aufgrund eines betrügerischen Schneeballsystems nicht geliefert wird
Leitsatz (redaktionell)
1. Der beabsichtigte Betrieb eines Blockheizkraftwerks führt zu einer unternehmerischen Tätigkeit, wenn der Betrieb auf die nachhaltige Erzielung von Einnahmen durch regelmäßige Einspeisung von Strom in das allgemeine Stromnetz abzielt.
2. Dies gilt auch dann, wenn der Erwerber des Blockheizkraftwerks die hieraus resultierenden Risiken vertraglich weitgehend auf andere abwälzt.
3. Dem Vorsteuerabzug aus der Rechnung für den Erwerb eines Blockheizkraftwerks steht nicht entgegen, dass der Unternehmer Opfer eines betrügerischen Schneeballsystems geworden ist, wenn die Rechnung den Anforderungen des § 14 UStG genügt und das Entgelt gezahlt worden ist.
4. Die im Streitfall vorliegende Konstellation führt dazu, dass dem gutgläubigen Empfänger einer Vorausrechnung der Vorsteuerabzug so lange zusteht, bis für ihn objektiv erkennbar war, dass die Leistung endgültig nicht erbracht wird.Der Vorsteuerabzug ist somit in dem Zeitraum zu berichtigen, in welchem fest steht, dass die Lieferung des Blockheizkraftwerks nicht mehr ausgeführt werden wird.
Normenkette
UStG § 15 Abs. 1, §§ 14, 14a, 2 Abs. 1, § 17 Abs. 2 Nr. 2
Nachgehend
Tenor
1. Unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 6. August 2012 wird der Umsatzsteuerbescheid 2010, zuletzt vom 29. September 2011, geändert. Die Umsatzsteuer wird mit -5.019,99 Euro festgesetzt.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Schuldner kann die Vollstreckung durch einfache Erklärung abwenden, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des vollstreckbaren Betrages leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob dem Kläger der Vorsteuerabzug aus der Rechnung vom 28. August 2010 über den beabsichtigten Erwerb eines Blockheizkraftwerks zusteht.
Der Kläger wurde in ein betrügerisches Schneeballsystem einbezogen. Maßgebliche Aktivitäten entfalteten die Hintermänner des Schneeballsystems über die X-GmbH – mit Sitz in A und Verwaltungssitz in B (nachfolgend: GmbH). Diese begann im Januar 2010 mit der Vermarktung angeblich hocheffizienter umweltfreundlicher Blockheizkraftwerke auf Pflanzenölbasis. Gleichzeitig wurde damit geworben, dass eine eingesetzte Verwaltungsgesellschaft, die Y, mit Sitzen ebenfalls in A und B (nachfolgend: Y) dem Anlagenbetreiber einen „Rund um Service” biete, der die Aufgaben des Betreibers in vollem Umfang wahrnehme. Wegen der Einzelheiten wird auf den vom Kläger vorgelegten Vertriebsprospekt Bezug genommen. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft ergaben, dass der Wirkungsgrad, der den Berechnungen im Werbeprospekt zu Grunde gelegt wurde, von den Geräten tatsächlich nicht zu erreichen war. Die beim Betrieb der Blockheizkraftwerke anfallende Abwärme wurde nicht genutzt. Nur insgesamt vier Blockheizkraftwerk-Container wurden tatsächlich in Betrieb genommen und nur für einen dieser Container wurden tatsächlich Einspeisevergütungen ausgezahlt. Die Hintermänner des Schneeballsystems wurden vom Landgericht C in erster Instanz am 27. Februar 2014 wegen banden- und gewerbsmäßigen Betrugs zu Haftstrafen zwischen drei und neun Jahren verurteilt.
Am 3. August 2010 bestellte der Kläger bei der GmbH ein Blockheizkraftwerk mit einer Leistung von 40 kW zum Preis von 35.700 EUR brutto. Mit Auftragsbestätigung vom 6. August 2010 bestätigte die GmbH verbindlich die eingegangene Bestellung. Der Auftragsbestätigung war eine technische Beschreibung beigefügt, aus der folgende Daten für das erworbene Blockheizkraftwerk erkennbar waren:
Technische Daten |
…bhkw 40 |
Motor |
Deutz D226B-4D |
Einspeiseleistung elektr. |
40 kW |
Generator |
STAMFORD UCI224D |
Kraftstoff |
Rapsöl |
ESS (Energy Saving System) |
JA |
Fernwartung GPS |
JA |
Fernüberwachung GPS |
JA |
Die Lieferung sollte voraussichtlich 14 Wochen nach Geldeingang erfolgen. Bezüglich des Lieferorts wurde darauf hingewiesen, dass die Anlage in einem vom Kläger angemieteten Container montiert, dieser an einen von der GmbH bestimmten Stellplatz – gemäß § 4 Abs. 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen an eine vom Besteller abweichende Lieferanschrift – geliefert und dort aufgestellt werde. Nach Aufstellung sollte dem Kläger der genaue Standort des Blockheizkraftwerks mitgeteilt werden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vorgelegten Unterlagen zur Bestellung verwiesen (Rechtsbehelfsakten, Bl. 23-33).
Im Zusammenhang mit dem Kaufvertrag schloss der Kläger mit der Y drei Verträge, nämlich einen Verwaltungsvertrag (bezüglich Buchhaltung und Abrechnung), einen Premium-Servicevertrag (Betrieb, Wartung und Garantie) und einen Mietvertrag (Anmietung der Stellfläche) bezüglich des Betriebs des Blockheizkraftwerks. Wegen der Einz...