Entscheidungsstichwort (Thema)
Besserstellung des hinsichtlich der Kapitaleinkünfte unehrlichen Steuerbürgers
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Gleichstellung des unehrlichen Steuerbürgers mit dem ehrlichen ist nicht dadurch herzustellen, dass die Kapitaleinkünfte bei beiden von der Einkommensteuer freizustellen wären, sondern dadurch, dass die Kapitaleinkünfte bei beiden in derselben Weise der Einkommensteuer unterworfen werden.
2. Das FG darf durch seine Entscheidung die Rechtsposition eines Klägers im Vergleich zum Zustand vor Klageerhebung nicht verschlechtern (Verbot der reformatio in peius).
Normenkette
EStG § 20; GG Art. 3 Abs. 1; FGO § 96
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
Tatbestand
Die Klägerin (Klin) war in den Streitjahren als Zahnärztin selbständig tätig. Ihre Praxis befand sich in der … in …
Mit notariellem Kaufvertrag vom 02. Juni 1984 erwarb die Klin zum Kaufpreis von 1.500.000 DM das mit einem Zweifamilienhaus bebaute Grundstück … in … mit allem Zubehör und allen Einrichtungs- und Ausstattungsgegenständen. Vom Kauf ausgenommen wurden lediglich die Familienbilder und Bücher des Verkäufers sowie ein Satz Trinkgläser.
Besitz, Nutzen und Gefahr gingen zum 02. Juli 1984 auf die Klin über. Steuern, Lasten und sonstige Abgaben hatte sie ab dem 01. Juli 1984 zu tragen.
In den Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre erklärte die Klin für das Objekt … in … die folgenden Mieteinnahmen und Werbungskostenüberschüsse:
|
Mieteinnahmen |
Werbungskostenüberschüsse |
1984 |
3.600 DM |
77.932 DM |
1985 |
9.400 DM |
75.827 DM |
In den unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Einkommensteuerbescheiden für 1984 vom 25. Juli 1986 und für 1985 vom 2. Dezember 1986 setzte der Beklagte (Bekl) die Einkünfte der Klin entsprechend den eingereichten Steuererklärungen an.
Folgende Einkünfte aus Kapitalvermögen wurden dabei der Einkommensteuer unterworfen:
für 1984: |
14.657 DM |
für 1985: |
11.099 DM |
In den Jahren 1989 und 1990 wurde bei der Klin eine Betriebsprüfung für die Jahre 1984–1986 durchgeführt. Dabei gelangte der Prüfer zu der Auffassung, dass das Objekt … in … lediglich in der Zeit vom 1. Dezember 1985 bis 31. Dezember 1986 (an die Eheleute … und …) vermietet gewesen sei, in dem davor liegenden Zeitraum vom 01. Juli 1984 bis 30. November 1985 hingegen von der Klin eigengenutzt worden sei. Außerdem vertrat der Prüfer die Auffassung, dass für die Zeit der von ihm angenommenen Eigennutzung die Kostenmiete anzusetzen sei. Dadurch ergaben sich nur noch Werbungskostenüberschüsse in Höhe von 50.282 DM für 1984 und 26.939 DM für 1985.
Außerdem kürzte der Prüfer die im Rahmen der Gewinnermittlung für die Zahnarztpraxis geltend gemachten Kraftfahrzeugkosten (einschließlich der Abschreibungen) in beiden Streitjahren um 50 v.H., was zu Gewinnerhöhungen von 4.700 DM für 1984 und 4.100 DM für 1985 führte.
Ferner ließ der Prüfer die in der Gewinnermittlung der Klin für das Jahr 1984 angesetzten Aufwendungen in Höhe von 2.100 DM für die Anschaffung einer Damenarmbanduhr nicht zum Abzug zu.
Bereits im Rahmen der oben erwähnten Betriebsprüfung hatte die Klin (auszugsweise) einen auf den 16. September 1984 datierten Mietvertrag zwischen ihr und … (Bl. O 43 ff. der Akten „Schriftwechsel aufgrund BP”) vorgelegt. Als Gegenstand der Miete war darin „das Wohnhaus …” angegeben, als Beginn des Mietverhältnisses der 01. Oktober 1984. Der Mietzins war auf monatlich 1.200 DM festgelegt. Der Vertrag sah außerdem die Tragung „aller Verbrauchsabgaben auch Heizkosten” durch den Mieter vor. Die Klin übernahm die Pflege der Gehölze im Garten. Für die Instandhaltung der Rabatten, des Rasens und der übrigen Anlagen sollte der Mieter Sorge tragen. Die Klin verpflichtete sich, durch geeignete Maßnahmen wie Dämmung, Drainage und neue Fenster für die Austrocknung und Beziehbarkeit der Räume im Untergeschoss zu sorgen. Für die Zeit nach Instandsetzung sah der Vertrag eine Neuvereinbarung des Mietzinses vor. Der vorhandene Rasenmäher sowie die übrigen Gartengeräte sollten von der Klin gestellt werden.
Mit Schreiben vom 11. Juli 1989 (Bl. O 43 ff. der Akten „Schriftwechsel aufgrund BP”) hatte … dem Prüfer auf Antrage mitgeteilt, er habe das Haus … von der Klin in der Absicht angemietet, darin seine (Naturheil-)Praxis „zu machen”. Er habe das Haus jedoch nicht bezogen. Er habe sich vielmehr „später anders entschieden”. Angemietet habe er das ganze Haus – und zwar „am 01. Oktober 1984 bis Ende Februar 1985”.
Auf die Frage, ob der zum Haus gehörende Garten von ihm genutzt und gepflegt worden sei, antwortete …:
„Zum kleinen Teil ja, nicht jedoch die Hecken und Sträucher”.
Auf die Frage, ob er die Nebenkosten für Heizung, Strom und Wasser getragen habe, antwortete er:
„Nein, denn ich verbrauchte nichts. Dass ich mich anders entschieden habe, war wesentlich, weil die Gartenarbeit recht umfangreich ist”.
Auf die Frage, wie hoch der Mietpreis gewesen sei und auf welche Weise er...