Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Einkünfteerzielungsabsicht bei lediglich auf Kostendeckung ausgerichteter Tätigkeit des Herausgeberkreises juristischer Fachzeitschriften

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Herausgeberkreis juristischer Fachzeitschriften handelt ohne Einkünfteerzielungsabsicht, wenn die gemeinschaftliche Tätigkeit der Mitherausgeber von Beginn an ausschließlich unentgeltlich ausgeübt worden ist und, soweit mit ihr Einnahmen verbunden waren, lediglich darauf ausgerichtet war, die mit der Herausgebertätigkeit verbundenen Kosten abzudecken. Mangels Erzielung einkommensteuerlich relevanter Einkünfte ist insoweit keine gesonderte und einheitliche Feststellung durchzuführen.

2. In eine Totalgewinnprognose kann ein möglicher Betriebsaufgabegewinn nicht einbezogen werden, wenn der Zweck der Gesellschaft auf ein langfristiges, dauerhaftes periodisches Erscheinen der Zeitschriften gerichtet und es für jeden aktiven und ausgeschiedenen Herausgeber stets klar war, dass mit seinem Ausscheiden die übrigen Herausgeber die Zeitschriften weiterführen sollten und keiner der Gesellschafter beim Ausscheiden eines Mitherausgebers die Herausgebergemeinschaft auflösen und die Zeitschriften Dritten übertragen wollte.

3. Eine Gewinnerzielungsabsicht des lediglich auf Kostendeckung ausgerichteten Herausgeberkreises kann nicht damit begründet werden, dass die Stellung als Mitherausgeber erhebliche mittelbare wirtschaftliche Vorteile zur Folge habe, weil sich das mit ihr verbundene wissenschaftliche Renommee in Form finanziell lukrativer Mandate, Gutachtenaufträge und Schiedsrichterbestellungen in großem Umfang „monetarisieren” lasse.

 

Normenkette

AO §§ 179, 180 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Buchst. a; EStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 18 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 S. 2

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 24.10.2023; Aktenzeichen VIII B 70/22)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen trägt der Kläger.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen vorläufig vollstreckbar. Ermöglicht der Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung im Wert von mehr als … EUR, haben die Beigeladenen in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruchs Sicherheit zu leisten. Bei einem vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruch bis zu einer Höhe von … EUR kann der Kläger der vorläufigen Vollstreckung widersprechen, wenn die Beigeladenen nicht zuvor in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruchs Sicherheit geleistet haben.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob für den Herausgeberkreis zweier namhafter juristischer Fachzeitschriften für die Streitjahre (2008 bis 2016) ein Verfahren zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Einkünften aus selbständiger Tätigkeit, die nach Ansicht des Klägers mit der Herausgabe dieser Zeitschriften verbunden sind, durchzuführen ist.

Der Kläger ist von Beruf Hochschullehrer und als ordentlicher Professor an der Universität … Inhaber eines Lehrstuhls für Handels-, Wirtschafts- und Schifffahrtsrecht. Außerdem war er von 2013 bis … als direkt gewählter Abgeordneter des Wahlkreises … Mitglied des Deutschen Bundestages. In den Streitjahren (2008 bis 2016) war der Kläger Mitherausgeber der seit Anfang der 1970er Jahre bestehenden „…” (Zeitschrift 1) und des 2004 aus ihr hervorgegangenen „…” (Zeitschrift 2 – Arbeitstitel zunächst: „…” – „Zeitschrift 3”), dessen „Chief Managing Editor” er seither war. Beide Zeitschriften, die sich als sog. Archivzeitschriften in einer vergleichbaren Tradition wie die wesentlich älteren, bereits 1818 bzw. 1858 gegründeten Zeitschriften „”Archiv für die civilistische Praxis” (AcP) und „Zeitschrift für das gesamte Handels- und Wirtschaftsrecht” (ZHR) sehen, erscheinen in dem in A ansässigen Verlag … Weitere Mitherausgeber der beiden Zeitschriften waren in den Streitjahren die Beigeladenen. Bei ihnen handelt es sich um renommierte im Gesellschaftsrecht tätige Juristen, und zwar überwiegend um Hochschullehrer, daneben aber auch um ehemalige Vorsitzende Richter des für das Gesellschaftsrecht zuständigen Zivilsenats des Bundesgerichtshofs (BGH) sowie um Rechtsanwälte und Notare. Die Mitherausgeber überließen die Führung der laufenden Geschäfte und insbesondere die Verbindung zwischen dem Herausgeberkreis und dem Verlag in den Streitjahren dem Beigeladenen zu 1, einem ehemaligen Hochschullehrer mit Forschungsschwerpunkt im Gesellschaftsrecht, der früher Rektor der Universität B und dort Direktor des Instituts für deutsches und europäisches Gesellschafts- und Wirtschaftsrecht gewesen war und seit seiner Emeritierung im Jahre 2007 als Of-Counsel-Partner für die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft XY tätig ist.

Der Herausgeberkreis der Zeitschrift 1 hatte zunächst in den 1970er Jahren aus den beiden Gründungsherausgebern N.N. und O.O. bestanden und war von ihnen in der Folgezeit um weitere Mitherausgeber erweitert worden, von denen einige – so auch di...

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