Entscheidungsstichwort (Thema)

Verschmelzung. Übernahmefolgegewinn bei der Konfusion von Forderungen und Verbindlichkeiten. Passivierung bei einer Rangrücktrittsvereinbarung. Schlussbilanz. keine Änderung von Bilanzansätzen bei bestandskräftiger Steuerfestsetzung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Bei der Verschmelzung einer Körperschaft auf eine natürliche Person entsteht ein Übernahmefolgegewinn, wenn die Verbindlichkeiten der verschmolzenen Gesellschaft höher sind als die Forderungen des übernehmenden Rechtsträgers.

2. Dies gilt auch dann, wenn die Forderung zum Privatvermögen des übernehmenden Einzelunternehmers gehört.

3. Der Besteuerung des Übernahmefolgegewinns steht nicht entgegen, dass sich die Wertminderung der erloschenen Forderung bis zum steuerlichen Übertragungsstichtag nicht steuermindernd bei dem übernehmenden Rechtsträger ausgewirkt hat.

4. Eine Verbindlichkeit ist zu passivieren, wenn sie mit einer Rangrücktrittsvereinbarung versehen ist, nach der sie nicht nur aus künftigen Gewinnen, sondern auch aus einem die sonstigen Verbindlichkeiten übersteigenden Vermögen zu bedienen ist.

5. Ergibt sich aus den Gesamtumständen des Falles, dass der Ansatz der übergehenden Verbindlichkeiten zu Buchwerten gem. § 3 Abs. 2 UmwStG beantragt wurde, kann der nach § 4 Abs. 1 i. V. m. § 6 Abs. 1 UmwStG entstandenen Übernahmefolgegewinn nicht mehr durch Vorlage einer steuerlichen Schlussbilanz der GmbH sowie einen Antrag auf Ansatz von Zwischenwerten nach § 3 Abs. 2 UmwStG rückgängig gemacht werden.

6. Der Umstand, dass die GmbH zum Zeitpunkt der Verschmelzung überschuldet und nicht in der Lage war, die gegenüber ihrem Alleingesellschafter bestehenden Verbindlichkeiten zu bedienen, rechtfertigt es nicht, die Schulden in der Schlussbilanz nicht oder nur mit einem geringeren Wert anzusetzen.

7. Die Änderung der Bilanzansätze ist nicht mehr zulässig, wenn sie bestandskräftigen Steuerfestsetzungen zugrunde liegen.

 

Normenkette

UmwStG § 4 Abs. 1, § 6 Abs. 1, § 2 Nr. 1, § 3; EStG § 6 Abs. 1 Nr. 5, § 5 Abs. 1, 2a, § 4 Abs. 1; BewG § 12 Abs. 1 S. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 09.04.2019; Aktenzeichen X R 23/16)

 

Tenor

1. Das Verfahren wegen Einkommensteuer 2007 wird eingestellt, nachdem die Klage insoweit zurückgenommen worden ist (§ 72 Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung).

2. Soweit die Klage die Einkommensteuer 2008 – 2010 und den Gewerbesteuermessbetrag 2009 und 2010 betrifft, wird sie abgewiesen.

3. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob nach § 4 Abs. 1 i.V.m. § 6 Abs. 1 UmwStG ein Übernahmefolgegewinn anzusetzen ist.

Der Kläger (Kl) erzielt mit seiner Zimmerei Einkünfte aus Gewerbebetrieb.

Mit notariellem Vertrag vom 25. September 1996 gründeten er und seine Lebensgefährtin, Frau P, die K GmbH (künftig: GmbH) mit einem Stammkapital von 50.000 DM, von dem der Kläger 49.500 DM und Frau P 500 DM übernahmen. Mit notariell beurkundeten Beschlüssen vom 19. März 1997 erhöhten die Gesellschafter das Stammkapital um 20.000 DM auf 70.000 DM und der Kläger brachte als Sacheinlage sein bis dahin unter der Firma „Kl Montagen” betriebenes einzelkaufmännisches Unternehmen mit allen Aktiva und Passiva in die neu gegründete GmbH ein.

Am 10. Juni 2008 veräußerte Frau P ihren GmbH-Anteil im Nennbetrag von 500 DM an den Kläger zu einem Kaufpreis von 100 EUR. Sodann wudr e – ebenfalls am 10. Juni 2008 – ein notariell beurkundeter Verschmelzungsvertrag geschlossen, nach dem die GmbH ihr Vermögen als Ganzes mit allen Rechten und Pflichten unter Auflösung ohne Abwicklung auf ihren nunmehrigen Alleingesellschafter Kl im Wege der Verschmelzung durch Aufnahme gem. § 2 Nr. 1, § 3 Abs. 2 Nr. 2 UmwG überträgt.

Unter B. II. dieses Vertrages heißt es: „Der Verschmelzung wird die noch in Erstellung begriffene Bilanz der GmbH zum 31.12.2007 als Schlussbilanz gemäß § 17 Abs. 2 UmwG zugrunde gelegt.” Unter B. III. (Verschmelzungsstichtag) wird ausgeführt, dass die Übernahme des Vermögens der GmbH im Innenverhältnis zum 01.01.2008 erfolge und von diesem Zeitpunkt an alle Handlungen und Geschäfte der GmbH als für Rechnung ihres Alleingesellschafters vorgenommen gälten. Unter C. I. (Feststellung der Verschmelzungsbilanz) ist schließlich festgehalten: „Die Feststellung der Schlussbilanz gemäß § 17 Abs. 2 UmwG erfolgt nach deren Fertigstellung durch gesonderten Beschluss.”

Die Verschmelzung wurde am 27. August 2008 ins Handelsregister eingetragen.

Das Finanzamt (FA) forderte beim Kläger als Gesamtrechtsnachfolger der GmbH am 12. September 2008 die Verschmelzungsbilanz an. Trotz Zwangsgeldandrohung und Zwangsgeldfestsetzung reichte er diese jedoch nicht ein. Erst am 15. April 2009 ging beim FA zusammen mit der Körperschaftsteuererklärung 2007 der Jahresabschluss der GmbH zum 31.12.2007 ein. Dieser wurde am 31. Juli 2008 erstellt und vom Kläger als vormaligem Geschäftsführer der GmbH unterzeichnet. Ein Hinweis auf die erfolgte Verschmelzung findet sich dort nicht.

Im Jahresabschluss der GmbH...

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