Entscheidungsstichwort (Thema)
Kraftfahrzeugsteuer bereits aufgrund Zulassung. Zulassungsbescheinigung Teil I und II als Grundlagenbescheid für die Kfz-Steuer. Mindeststeuer für Saisonkennzeichen
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Kraftfahrzeugsteuertatbestand nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 KraftStG ist unabhängig davon, ob das Fahrzeug auch tatsächlich im Straßenverkehr genutzt wird oder genutzt werden darf, bereits dann erfüllt, wenn das Fahrzeug nach den verkehrsrechtlichen Vorschriften über das Zulassungsverfahren für Kraftfahrzeuge zum Verkehr zugelassen worden ist.
2. Die Frage, ob ein Fahrzeug nach den verkehrsrechtlichen Bestimmungen über das Zulassungsverfahren für Kraftfahrzeuge zum Verkehr zugelassen worden ist, wird durch die Zulassungsbescheinigung Teil I und Teil II, die insoweit ein Grundlagenbescheid ist, verbindlich für die Finanzbehörde festgestellt (Aufgabe der Rspr. im Senatsurteil v. 5.3.2008, 13 K 218/06, das noch hinsichtlich der Frage, ob ein Fahrzeug zum Verkehr zugelassen worden ist, ein eigenständiges Prüfungsrecht der Finanzverwaltung angenommen hatte).
3. Durch Ausfertigung der Zulassungsbescheinigungen Teil I und II wird durch die Zulassungsbehörde verbindlich festgestellt, dass die Zulassung vollständig erfolgt ist. Das gilt unabhängig davon, ob ein körperliches Kennzeichen vorhanden war und ob dieses ggf. mit einem Siegel gestempelt worden ist.
4. Selbst bei einer fehlenden Aushändigung der Zulassungsbescheinigung Teil I wäre die Zulassung nicht nichtig. Die Aushändigung des Fahrzeugscheins bildet keinen unerlässlichen Teil der Zulassung selbst, sondern dient lediglich als Zulassungsnachweis.
5. Die Mindeststeuer nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 KraftStG findet auch für Saisonkennzeichen Anwendung.
Normenkette
KraftStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 5 Abs. 1 Nr. 1, § 7 Nr. 1; FZV § 3 Abs. 1 S. 3; AO § 171 Abs. 10, § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1; KraftStDV § 6
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Rechtmäßigkeit des Kraftfahrzeugsteuerbescheides vom 30. Juli 2008 für die Steuernummer xx-xx xxx/x.
Die Klägerin ist im Kraftfahrzeughandel tätig. Für aus dem Ausland importierte Fahrzeuge benötigte diese regelmäßig neue Zulassungsbescheinigungen Teil I und Teil II, da diese Fahrzeuge über solche nicht verfügten. Um diese zu erhalten, beantragte sie jeweils bei der Zulassungsstelle X die Zuteilung eines Saisonkennzeichens (sogenannte Registrierzulassungen).
Aufgrund der sehr hohen Anzahl von so zugelassenen Fahrzeugen wurde das Zulassungsverfahren zur Verwaltungsvereinfachung – welche letzten Endes auch im Interesse der Klägerin lag – nicht ordnungsgemäß durchgeführt. Es wurden vielmehr Kennzeichen für die Klägerin „reserviert” und diese dann immer wieder für von der Klägerin zugelassene Kraftfahrzeuge verwendet. Die Fahrzeuge wurden in der Regel angemeldet und sofort wieder abgemeldet. Die Zulassungsbescheinigung wurde erstellt und sodann in unmittelbarem Anschluss auch die Abmeldung eingetragen. Zumindest teilweise wurde das so beschriebene Zulassungsverfahren in der Vergangenheit auch gänzlich ohne geprägte Nummernschilder durchgeführt. Diese Praxis wurde durch das Regierungspräsidium Y mit Schreiben vom 7. Juli 2008 beanstandet. Das Schreiben des Regierungspräsidiums hat auszugsweise folgenden Wortlaut:
”Eine „Scheinzulassung” findet keine Grundlage im Straßenverkehrsrecht.
Die Zulassungsbehörde des X-Kreises wird daher angewiesen, Fahrzeugen, die vorher in einem anderen Staat zugelassen waren,
- • keine „Tages-/Kurzzeitzulassungen” mit anschließender Außerbetriebsetzung ohne Aushändigung der Zulassungsdokumente Teil I und II und Abstempelung der Kennzeichenschilder bzw.
- • keine Zulassung mit Saisonkennzeichen nach § 9 Absatz FZV ohne Aushändigung der Zulassungsbescheinigung Teil I und Teil II und Abstempelung der Kennzeichenschilder
zu erteilen.
Sofern Außerbetriebsetzungen der Fahrzeuge mit Saisonkennzeichen vor Beginn des Betriebszeitraums vorgenommen wurden, wird die Zulassungsbehörde des X-Kreises angewiesen, die Zulassung zurückzunehmen, die Zulassungsbescheinigungen einzuziehen und dem Kraftfahrtbundesamt zu melden.
Das Landratsamt X wird angewiesen, keine derartigen Scheinzulassungen mehr vorzunehmen und uns über den Vollzug bis zum 15. Juli 2008 zu berichten.”
Mit Schreiben vom 21. Juli 2008 an das Regierungspräsidium Y meldete das Landratsamt X den tatsächlichen Vollzug der Weisung vom 7. Juli 2008.
Für das streitgegenständliche Fahrzeug beantragte die Klägerin am 21. Juli 2008 die Zuteilung eines Saisonkennzeichens für einen Tag, welches antragsgemäß zugeteilt wurde. Gleichzeitig beantragte sie die Abmeldung des Fahrzeuges. Die An- und die Abmeldung wurden in die Zulassungsbescheinigung eingetragen. Sodann erhielt die Klägerin die Zulassungsbescheinigung Teil I und Teil II von der Behörde ausgehändigt.
Das streitgegenständliche Kennzeichen wurde nach der bean...