rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Änderung eines Einkommensteuerbescheids nach Ausübung von Aktienoptionen. Wegzug aus dem Inland zwischen Bezug und Ausübung einer Aktienoption

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Änderung und Aufhebung eines Steuerbescheids nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO scheidet aus, wenn die Finanzbehörde mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bei Kenntnis der nachträglich bekannt gewordenen Tatsachen nicht anders entschieden hätte.

2. Wie die Finanzbehörde bei Kenntnis bestimmter Tatsachen oder Beweismittel den Sachverhalt in seinem ursprünglichen Bescheid gewürdigt hätte, ist im Einzelfall aufgrund des Gesetzes, wie es nach der damaligen Rechtsprechung des BFH ausgelegt wurde, und der die Finanzbehörden bindenden Verwaltungsanweisungen zu beurteilen, die im Zeitpunkt des ursprünglichen Bescheiderlasses gegolten haben.

3. Einkünfte aus dem verbilligten Bezug von Aktienoptionen, die anteilig für eine Tätigkeit im Inland bezogen wurden und außerhalb der Zeit der unbeschränkten Steuerpflicht zufließen, unterliegen dem Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland.

 

Normenkette

AO § 173 Abs. 1 Nr. 1, § 176 Abs. 1 Nr. 3; EStG §§ 10d, 34 Abs. 3, § 34c Abs. 3, 6; DBA USA Art. 15 Abs. 1 S. 2

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob ein bestandskräftiger Einkommensteuerbescheid nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) geändert werden darf.

Die Kläger sind Eheleute und werden zur Einkommensteuer zusammen veranlagt. Sie wohnten im Jahr 1998 (Streitjahr) bis zum 20. Juli 1998 in Deutschland und unterlagen bis zu diesem Zeitpunkt der unbeschränkten Einkommensteuerpflicht. Während der Zeit der unbeschränkten Steuerpflicht bezog der Kläger u.a. als Geschäftsführer einer Tochtergesellschaft eines Pharmakonzerns, der B GmbH, X/Deutschland, (B-GmbH) Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Nach dem beruflich bedingten Umzug der Kläger in die Vereinigten Staaten von Amerika (USA) bezog der Kläger Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit von einer US-amerikanischen Tochtergesellschaft desselben Pharmakonzerns (Gehaltsabrechnung Bl. 85 Leitz-Ordner).

Der Kläger erhielt von der ausländischen Muttergesellschaft der B-GmbH in den Jahren 1990 bis 1995 (im Einzelnen siehe Aufstellungen auf Bl. 115 ff. Leitz-Ordner, auf die wegen weiterer Einzelheiten Bezug genommen wird) Aktienoptionen eingeräumt. Die eingeräumten Rechte konnten frühestens nach drei Jahren ausgeübt werden (Sperrfrist) und mussten innerhalb der folgenden 7 Jahre ausgeübt werden, sonst verfielen sie (s. Bl. 93 der Gerichtsakte). Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses wegen Rente, betriebsbedingter Kündigung, Vorruhestand oder Tod hätten kürzere Fristen für die Einlösung gegolten. Bei fristloser Kündigung wäre das eingeräumte Recht verfallen.

Die Optionsrechte der Jahre 1990 bis 1995 übte der Kläger nach dem Umzug in die USA im November und Dezember 1998 aus. Aufgrund der Ausübung flossen ihm im Streitjahr – nach einer tatsächlichen Verständigung unstreitig – Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von insgesamt 5.723.549 DM zu.

Die Einkünfte aus den Optionsgeschäften meldeten die Kläger in Höhe von 3.134.230 US-$ zur Bundesstaatssteuer des US-Bundesstaats Pennsylvania und zur US-Gemeindesteuer sowie – in Höhe eines Teilbetrags von 227.232 US-$ – zur US-Bundessteuer an. In Deutschland reichten die Kläger am 3. April 2000 eine Einkommensteuererklärung für das Jahr 1998 ein, in der sie zum verbilligten Bezug der Aktien durch Ausübung der Aktienoptionen keine Angaben machten und keine Einkünfte erklärten; eine bezifferte Erklärung von steuerfreien ausländischen Einkünften, die im Rahmen des Progressionsvorbehalts zu berücksichtigen sind, erfolgte nicht, weil eine Besteuerung dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Vermeidung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und einiger anderer Steuern (BGBl II 1991, 354, BStBl I 1991, 94; – DBA USA –) widerspreche. Im Einspruch vom 8. Juli 1999 (Bl. 21 ESt-Akte) gegen den Vorauszahlungsbescheid für das Jahr 1998 vom 10. Juni 1999 hatten die Kläger „Progressionseinnahmen” des Klägers für den Zeitraum August bis Dezember 1998 in Höhe von – lediglich – 1.079.316 DM erklärt.

Im Einkommensteuerbescheid vom 1. August 2000 berücksichtigte der Beklagte (das Finanzamt – FA –) die Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit erklärungsgemäß. Der Eingabewertbogen datiert vom 26. Juli 2000 (Bl. 68 ESt-Akte). Der genannte Bescheid blieb unangefochten. Am 28. Oktober 2002 änderte das FA diesen Bescheid aufgrund eines Verlustrücktrags gemäß § 10d des Einkommensteuergesetzes (EStG).

Aufgrund einer im Rahmen einer Außenprüfung bei der B-GmbH gefertigten Kontrollmitteilung vom 8. April 2003 (Bl. 2 ff. Leitz-Ordner) erfuhr die Veranlagungsstelle des FA von...

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