Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfassungsmäßigkeit der Abzugsbeschränkung für Verluste von Kapitalgesellschaften aus stillen Beteiligungen an Kapitalgesellschaften nach § 15 Abs. 4 Satz 6 EStG, § 15 Abs. 4 Satz 7 EStG und § 15 Abs. 4 Satz 8 EStG in der Fassung des Gesetzes zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz). - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: XI R 20/23)
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Abzugsbeschränkung für Verluste von Kapitalgesellschaften aus stillen Beteiligungen an anderen Kapitalgesellschaften nach § 15 Abs. 4 Satz 6 EStG, § 15 Abs. 4 Satz 7 EStG und § 15 Abs. 4 Satz 8 EStG in der Fassung des Gesetzes zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz) vom 26.6.2013 ist verfassungskonform und verstößt insbesondere nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG.
2. Soweit die Verfassungswidrigkeit in der unterschiedlichen Behandlung von im Innenverhältnis an Kapitalgesellschaften beteiligten Kapitalgesellschaften einerseits und anderen Mitunternehmerschaften andererseits gesehen wird (vgl. BFH, Beschluss v. 20.10.2010, I R 62/08, BStBl 2011 S. 272), ist darauf zu verweisen, dass der Gesetzgeber mit der tatbestandlichen Begrenzung von § 15 Abs. 4 Satz 6 EStG, § 15 Abs. 4 Satz 7 EStG und § 15 Abs. 4 Satz 8 EStG auf Kapitalgesellschaften und mitunternehmerische Innengesellschaften nicht Kapitalgesellschaften gegenüber natürlichen Personen bzw. Außengesellschaften benachteiligen, sondern den Tatbestand der Umgehungsschutzbestimmungen typisierend auf den für bedeutsam erachteten Fall des Kapitalgesellschaftskonzerns beschränken wollte und hiermit seine Befugnis zur Typisierung nicht überschritten hat. Soweit der Anwendungsbereich der Vorschrift als zu weitgehend angesehen wird, da auch nicht beherrschende Beteiligungen erfasst werden und damit das Kernanliegen des Gesetzgebers überschritten wird, so ist dies dem mit jeder Typisierung verbundenen Ziel der Vereinfachung und einem möglichst praktikablen Gesetzesvollzug geschuldet.
3. Trotz der bestehenden erheblichen rechtlichen Unterschiede zwischen der Mehrmütterorganschaft und der atypisch stillen Gesellschaft ist es auch nicht willkürlich, wenn der Gesetzgeber mit Rücksicht darauf, dass die mit Mehrmütterorganschaften verfolgten Ziele von Verlustzuweisungen faktisch auch durch Innengesellschaften erreicht werden können, Vorschriften zum Ausschluss von Umgehungsmöglichkeiten für erforderlich gehalten hat.
Normenkette
EStG 2015 § 15 Abs. 4 Sätze 6-8, § 20 Abs. 1 Nr. 4 S. 2; GG Art. 3 Abs. 1; KStG § 8 Abs. 1
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Verfassungsmäßigkeit der Abzugsbeschränkung für Verluste von Kapitalgesellschaften aus stillen Beteiligungen an Kapitalgesellschaften nach § 15 Abs. 4 Sätze 6 bis 8 des Einkommensteuergesetzes i.d.F. des Gesetzes zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz) vom 26. Juni 2013 (BGBl. I 2013, 1809; –EStG–).
Die Klägerin ist eine 2000 errichtete GmbH mit Sitz in c. Gegenstand des Unternehmens ist …. Seit der Gründung hält die Klägerin eine Beteiligung an der D AG in a (vormals D GmbH). Auf die Gesellschaftsverträge vom 21. Dezember 2000 und 21. Dezember 2016 wird Bezug genommen (Vertragsakten Bl. 11 ff.; 60 ff.).
Mit Vertrag vom 30. Juli 2010 beteiligte sich die Klägerin an der E GmbH in d, als atypisch stille Gesellschafterin. Gegenstand dieses Unternehmens ist … (vgl. Handelsregister AG e HRB …, Gerichtsakte Bl. 55 f.). Die Klägerin leistete am 2. August 2010 eine Bareinlage i.H.v. … EUR, die am 5. August 2011 um … EUR auf … EUR erhöht und im Juli 2012 unter Verzicht auf eine Rückzahlung auf … EUR herabgesetzt wurde. Nach dem Vertrag über die Errichtung einer atypisch stillen Gesellschaft (Gerichtsakte Bl. 57 – 67) ist sie an Gewinn und Verlust entsprechend dem Verhältnis der atypisch stillen Einlage zum Stammkapital der E GmbH beteiligt. Verluste sind dem stillen Gesellschafter auch insoweit zuzurechnen, als die Verluste den Betrag der Einlage übersteigen, diese sind jedoch nur mit künftigen Gewinnanteilen auszugleichen. Bei Beendigung der stillen Gesellschaft besteht ein Auseinandersetzungsanspruch auch auf die anteiligen stillen Reserven unter Einschluss eines selbst geschaffenen Firmenwertes. Bis einschließlich des Streitjahres 2017 fielen bei der E GmbH ausschließlich Verluste an. Auf die Jahresabschlüsse der E GmbH für die Streitjahre wird Bezug genommen (Gerichtsakte Bl. 148 ff.; 179 ff.; 210 ff.).
Die Einkünfte aus der atypisch stillen Beteiligung werden vom Finanzamt d (FA d) gemäß § 179 Abs. 1 i.V.m. § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a der Abgabenordnung (AO) gesondert und einheitlich festgestellt. Für die Jahre 2010 bis 2014 wiesen die Mitteilungen des FA d insgesamt Verluste (nach Anwendung ...