Entscheidungsstichwort (Thema)
Erstattung von im Organkreis zu Unrecht in Rechnung gestellter und abgeführter Umsatzsteuer. kein Erlass aus sachliche Billigkeitsgründen
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Erstattung einer ohne rechtlichen Grund bezahlten Steuer (§ 37 Abs. 2 AO) ist ausgeschlossen, wenn der Bescheid, der der Zahlung zugrunde liegt, formell bestandskräftig ist und eine Änderung des Bescheids aufgrund des Ablaufs der Festsetzungsfrist ausgeschlossen ist.
2. Abrechnungspapiere innerhalb des Organkreises sind keine „Rechnungen”, so dass eine Rechnungskorrektur nach § 14c UStG von im Orangkreis zu Unrecht in Rechnung gestellter und vom Organträger abgeführter Umsatzsteuer ausscheidet.
3. Bei der Organschaft ist von einem einzigen Steuerpflichtigen auszugehen, der keine Rechnungen an sich selbst, d. h. von dem Organträger an die Organgesellschaft und umgekehrt, ausstellen kann.
4. Ist die Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer von vornherein falsch angesetzt worden, ist § 17 UStG nicht anzuwenden.
5. Konnte sich der Steurepflichtige rechtzeitig gegen eine offensichtlich und eindeutig unrichtige Steuerfestsetzung wehren, kommt ein Erlass aus sachlichen Billigkeitsgründen nach § 227 AO nicht in Betracht.
Normenkette
UStG § 14 Abs. 1, § 14c Abs. 2 S. 3, § 17 Abs. 1, § 2 Abs. 2 Nr. 2; AO § 37 Abs. 2, § 169 Abs. 1, § 227
Tenor
1. Die Klagen werden abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob Umsatzsteuerbeträge, die in den Jahren 1994 bis 1996 von der Klägerin an eine GmbH zu Unrecht in Rechnung gestellt, von der Klägerin angemeldet und abgeführt worden sind, auf Antrag vom 27. Oktober 2005 zu erstatten sind.
Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, an der die Gesellschafter A und B zu je 50 v.H. beteiligt sind. Gegenstand der Gesellschaft ist die Vermittlung von Immobilien zum Kauf oder zur Miete. Die Klägerin tritt auch als Bauträger auf. Daneben besteht eine A & B Wohnbau GmbH mit den Gesellschaftern A & B je zur Hälfte. Deren Gesellschaftszweck ist der Neubau von Wohnungen bzw. die Sanierung von Altbauwohnungen. Unstreitig besteht eine umsatzsteuerliche Organschaft zwischen der GbR als Organträger und der GmbH als Organ.
Trotzdem hatte die Klägerin für drei im Jahr 1999 an die GmbH geleisteten Vermittlungen dieser Rechnungen mit Umsatzsteuerausweis ausgestellt, die Umsatzsteuer in die Erklärung aufgenommen und an das Finanzamt abgeführt. Im Rahmen der im Jahr 2003 durchgeführten Betriebsprüfung bei der Klägerin und der GmbH wurden diese Vermittlungsleistungen mit einem Betrag in Höhe von 29.264 DM bei der Klägerin nicht mehr der Umsatzsteuer unterworfen. In Höhe von 16 % davon, also 4.682,24 DM, wurde eine Forderung der GmbH an die Klägerin gebucht. Bei der Klägerin wurde die Umsatzsteuerschuld gegenüber dem Finanzamt herabgesetzt. Bei der GmbH änderte sich laut Bp-Bericht vom 21. August 2003, Anlage 10, als Folge das Verhältnis der abzugsfähigen zu den nichtabzugsfähigen Vorsteuern. Der Teil der Vorsteuern der GmbH, die auf umsatzsteuerpflichtige Leistungen entfallen ist, wurde bei der GbR als Organträger zum Abzug zugelassen.
Nach dieser Änderung des Umsatzsteuerbescheids für 1999 aufgrund der Betriebsprüfung mit Bescheid vom 4. September 2003 beantragte die Klägerin mit Schreiben vom 27. Oktober 2005 in entsprechender Anwendung des § 14 c Abs. 2 Satz 3 Umsatzsteuergesetz – UStG – die Berichtigung der Umsatzsteuerfestsetzungen für 1994 bis 1996 und 1999 und eine Erstattung in Höhe von 50.822,15 EUR. Insoweit habe die Klägerin in den Jahren 1994 bis 1996 und 1999 an die GmbH Rechnungen mit ausgewiesener Umsatzsteuer ausgestellt, die Umsatzsteuer in ihre Erklärungen aufgenommen und an das Finanzamt abgeführt. Am 20. Oktober 2005 stellte die Klägerin an die GmbH berichtigte Rechnungen ohne Umsatzsteuer aus. Der Betrag der Minderung der Rechnungen in Höhe der Umsatzsteuern forderte die Klägerin von der GmbH zurück, aber gleichzeitig stundete sie diese Beträge bis zur Erstattung der Beträge durch das Finanzamt.
Es wurde vorgetragen, die GmbH habe diese Vorsteuern nicht geltend gemacht, weil es sich um Vermittlungsleistungen für Bauträgerleistungen gehandelt habe, für die der GmbH kein Vorsteuerabzug zugestanden habe und für die kein Vorsteuerabzug vorgenommen worden sei. Insoweit müsse die Umsatzsteuerfestsetzung gemäß § 14c Abs. 2 UStG gegenüber der Klägerin berichtigt werden. Eine Gefährdung des Steueraufkommens sei ausgeschlossen. Nach dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 29. Januar 2004 (IV B 7-S 7280 -19/4, Bundessteuerblatt – BStBl – I 2004, 258) Tz. 84 sei die Umsatzsteuerfestsetzung für den Zeitraum zu berichtigen, in dem die Rechnung ausgestellt worden sei und damit die Steuer gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 4 UStG entstanden sei. Soweit die Berichtigung wegen des Eintritts der Bestandskraft der Steuerfestsetzung nicht mehr möglich wäre, werde gemäß Tz. 86 Satz 2 des BMF-Schreibens der Erlass der Steuer ge...