Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Beschwer bei Nullbescheid auch bei Abweichung der geschätzten Besteuerungsgrundlagen von den Angaben des Steuerpflichtigen bei einer eidesstattlichen Versicherung
Leitsatz (redaktionell)
Die Anfechtungsklage gegen einen Einkommensteuerbescheid, der auf 0 Euro lautet (Nullbescheid), ist mangels Beschwer auch dann unzulässig, wenn die vom Finanzamt geschätzten, Besteuerungsgrundlagen von den Angaben des Steuerpflichtigen in einer eidesstattlichen Versicherung abweichen.
Normenkette
FGO § 40 Abs. 1-2, § 100 Abs. 2, § 115 Abs. 2, § 135 Abs. 1; AO § 155 Abs. 2, § 157 Abs. 2
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Klägerin durch den Einkommensteuerbescheid für den Veranlagungszeitraum 2000 (Streitjahr), der die Einkommensteuer auf 0 DM festsetzt, beschwert ist.
Die Klägerin und ihr Ehemann wurden im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Trotz wiederholter Aufforderung des Beklagten gaben die Eheleute eine Steuererklärung für das Streitjahr nicht ab. Der Beklagte schätzte sodann die Besteuerungsgrundlagen gem. § 162 der Abgabenordnung (AO) und erließ am 29. November 2002 einen Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr, der noch am gleichen Tag zur Post gegeben wurde. Die Einkünfte des Ehemannes der Klägerin aus Gewerbebetrieb wurden hierbei mit 30.000 DM der Besteuerung zugrunde gelegt. Einkünfte aus anderen Einkunftsarten lagen nach dieser Schätzung der Besteuerungsgrundlagen weder bei der Klägerin noch bei ihrem Ehemann vor (Blatt 64 bis 65 Einkommensteuerakten). Der zusammengefasste Einkommensteuerbescheid der Eheleute für das Streitjahr erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gem. § 164 AO. Die Einkommensteuer wurde in diesem von der Klägerin angegriffenen Einkommensteuerbescheid unter Berücksichtigung eines Altersentlastungsbetrags und eines Sonderausgabenpauschbetrags nach der Splittingtabelle mit 0 DM festgesetzt. Mit Schreiben vom 5. Dezember 2002 legten die Klägerin und ihr Ehemann gemeinsam Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr vom 29. November 2002 ein. Der Beklagte verwarf mit Einspruchsentscheidung vom 2. Mai 2003 den Einspruch als unzulässig. Mit Schreiben vom 9. Mai 2003, Eingang beim Finanzgericht am 13. Mai 2003, erhoben die Klägerin und ihr Ehemann Klage.
Das Verfahren wurde unter dem Aktenzeichen 8 K 168/03 geführt. Der Senat wies die Klage der Klägerin und ihres Ehemannes mit Gerichtsbescheid vom 11. März 2005 ab (Blatt 17 bis 24 Prozessakte). Nachdem sowohl der Ehemann als auch die Klägerin mit Schreiben vom 29. März 2005 mündliche Verhandlung beantragten und der Senat inzwischen darüber in Kenntnis gesetzt wurde, dass über das Vermögen der Klägerin mit Beschluss des Amtsgerichts – X – vom 22. Februar 2005 das Insolvenzverfahren am 22. Februar 2005 um 12.00 Uhr eröffnet wurde, wurde mit Beschluss des Senats vom 7. April 2005 das Verfahren des Ehemannes abgetrennt und unter dem Aktenzeichen 8 K 76/05 fortgeführt. Letztgenanntes Verfahren ist inzwischen durch Urteil vom 19. Mai 2005 rechtskräftig abgeschlossen. Der Insolvenzverwalter teilte mit Schreiben vom 27. März 2006 mit, dass er den Rechtsstreit nicht aufnehme (Blatt 84 Prozessakte). Mit Schreiben des Amtsgerichts – X – vom 24. April 2008 wurde der Senat darüber in Kenntnis gesetzt, dass das Insolvenzverfahren mit Beschluss des Amtsgerichts – X – vom 6. November 2007 aufgehoben wurde (Blatt 109 bis 110 Prozessakte). Das durch die Insolvenz der Klägerin unterbrochene Verfahren unter dem Aktenzeichen 8 K 168/03 wurde am 29. April 2008 unter dem neuen Aktenzeichen 8 K 1946/08 wieder aufgenommen.
Die Klägerin, die mit Schreiben vom 13. Mai 2008 dem Gericht auf die Ladung vom 6. Mai 2008 – zugestellt am 9. Mai 2008 – mitteilte, dass sie nicht zur mündlichen Verhandlung am 26. Mai 2008 erscheinen werde, vertritt die Ansicht, dass ihr Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid zulässig sei. Bei der Berechnung des zu versteuernden Einkommens müsse auch das Einkommen mit 0 DM festgestellt werden. Die für die Klagebefugnis notwendige Beschwer ergebe sich aus der Diskrepanz zwischen den amtlich festgestellten Einkünften im Einkommensteuerbescheid und den Angaben der Klägerin über ihre Einkünfte an anderer Stelle. Die Klägerin wolle sich der Gefahr von möglichen Konsequenzen nicht aussetzen, die sich ergeben könnten, wenn sie im Gegensatz zu den amtlichen Feststellungen des Beklagten – Einkünfte in Höhe von 30.000 DM – angebe, Einkünfte in Höhe von 0 DM erzielt zu haben. Mit einer Klageabweisung setze der Senat die Klägerin bewusst und gewollt strafrechtlicher Verfolgung wegen Meineids aus, weil die von der Klägerin abgegebenen eidesstattlichen Versicherungen die amtlich vom Beklagten bestätigten Einkünfte nicht enthielten. Es könne nicht sein, dass der Beklagte willkürlich, einfach so, ohne Grundlage oder Anhaltspunkte die Einkünfte aus Gewerbebetrieb ihres Ehemannes...