Entscheidungsstichwort (Thema)
Weitervermietung einer Einliegerwohnung innerhalb von sechs Monaten im Rahmen der großen Übergangsregelung für die Nutzungswertbesteuerung als nachrangige Rechtsfrage hinsichtlich einer Vorläufigkeitsfestsetzung wegen Einkunftserzielungsabicht
Leitsatz (redaktionell)
Erfolgt eine Veranlagung wegen der tatsächlichen Ungewissheit, inwieweit eine Einkunftserzielungsabsicht hinsichtlich einer vermieteten Einliegerwohnung in einem ansonsten eigengenutzten Zweifamilienhaus vorliegt, vorläufig nach § 165 AO 1977, kann das Finanzamt im Rahmen der endgültigen Steuerfestsetzung die fehlerhafte Annahme der Weitervermietung der Einliegerwohnung innerhalb der Sechsmonatsfrist nach Beendigung des Mietverhältnisses i.S. des § 21 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 EStG als nachrangige Rechtsfrage nach § 165 Abs. 2 AO 1977 berichtigen.
Normenkette
AO 1977 § 165 Abs. 1-2; EStG § 21 Abs. 2 S. 1, § 21a Abs. 1 S. 3 Nr. 2, § 52 Abs. 21
Tatbestand
Streitig ist, ob der Beklagte (Bekl) für die Jahre 1993 und 1994 nach § 165 Abs. 2 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) geänderte Einkommensteuer (ESt)-Bescheide erlassen durfte.
Die Kläger (Kl) sind Eigentümer des 1986 fertiggestellten Zweifamilienhauses ... ... in ... Während die Hauptwohnung seit der Fertigstellung von den Kl selbst genutzt wurde, war die Einliegerwohnung bis einschließlich Februar 1992 fremdvermietet. Sie stand anschließend bis zu einer weiteren Fremd Vermietung ab Oktober 1996 leer. Im Hinblick auf dieses Grundstück deklarierten die Kl in ihren gemeinsamen ESt-Erklärungen für 1993 einen Verlust in Höhe von DM 50.331 und für 1994 einen Verlust in Höhe von DM 36.072. In der Anlage zur Anlage V der ESt-Erklärung 1993 wurde hinsichtlich der Mieteinnahmen in dem Gebäude darauf hingewiesen, daß die Einliegerwohnung im Jahr 1993 nicht vermietet worden sei und eine Vermietung voraussichtlich wieder ab 1995 erfolgen werde. In der Anlage zur Anlage V der ESt-Erklärung 1994 wurde von den Kl ausgeführt, aufgrund der veränderten Verhältnisse auf dem Wohnungsmarkt habe sich herausgestellt, daß die Wohnung im bisherigen Zustand nicht habe vermietet werden können; deshalb sei ab 1995 von ihnen versucht worden sei, die Wohnung in möbliertem Zustand zu vermieten. Entsprechende Nachweisunterlagen würden mit der Steuererklärung 1995 eingereicht werden.
Der Bekl berücksichtigte entsprechend den ESt-Erklärungen diese Verluste in den nach § 165 Abs. 1 AO teilweise vorläufigen ESt-Bescheiden 1993 vom 19. April 1995 und 1994 vom 17. Dezember 1996. In den Erläuterungen des ESt-Bescheids 1993 ist ausgeführt: „Der Bescheid ergeht vorläufig gem. § 165 AO hinsichtlich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung ...straße ... in ..., da eine Vermietungsabsicht der Einliegerwohnung noch nicht erkennbar ist.” Die Erläuterungen des ESt-Bescheids 1994 enthalten die Ausführung: „Der Bescheid ergeht nach § 165 Abs. 1 AO vorläufig hinsichtlich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus dem Objekt ..., da die Vermietungsabsicht bezüglich der Einliegerwohnung zur Zeit noch nicht abschließend geprüft werden kann.”
Am 15. Januar 1997 stellten die Kl im Hinblick darauf, daß die Einliegerwohnung in dem Gebäude seit 15. Oktober 1996 wieder vermietet werde, den Antrag, die Vorläufigkeitsvermerke in den bestandskräftig gewordenen ESt-Bescheiden 1993 und 1994 aufzuheben und hinsichtlich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (V+V) für endgültig zu erklären. Daraufhin erließ der Bekl am 7. Februar 1997 – gestützt auf § 165 Abs. 2 Satz 1 AO – geänderte ESt-Bescheide für die Streitjahre, in denen die Vermietungsverluste in Bezug auf das Grundstück ... die insgesamt nicht zum Abzug zugelassen wurden. Der Bekl begründete dies damit, wegen der sechsmonatigen Unterbrechung der Vermietung der Einliegerwohnung hätten die Voraussetzungen für eine Anwendung der sog. großen Übergangsregelung nach den §§ 21 a Abs. 1 Satz 3 und 52 Abs. 21 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht mehr vorgelegen.
Hiergegen legten die Kl form- und fristgerecht Einspruch ein.
Nachdem sie im Einspruchsverfahren unter Vorlage von Nachweisunterlagen hinsichtlich der Einliegerwohnung ihre weiter bestehende Vermietungsabsicht dargelegt hatten, erließ der Bekl am 4. September 1997 geänderte ESt-Bescheide für die Streitjahre, in denen er die die Einliegerwohnung betreffenden Verluste für 1993 in Höhe von DM 16.808 und für 1994 in Höhe von DM 13.244 unter dem Gesichtspunkt vorweggenommener Werbungskosten berücksichtigte. Da die Kl weiterhin die Auffassung vertraten, die Erstbescheide hätten nicht nach § 165 AO korrigiert werden können, wies der Bekl den Einspruch mit Entscheidung vom 19. September 1997 zurück. In der Einspruchsentscheidung, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, vertrat er die Auffassung, die Vorläufigkeitsvermerke hätten nach ihrem Wortlaut die gesamten Einkünfte aus V+V bezüglich des Objekts ... umfaßt. Soweit der Vorläufigkeitsvermerk gereicht habe, hätten auch Rechtsfehler zu Ungunsten der Kl beseit...