Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Kindergeldanspruch für staatenlose Ausländerin mit Aufenthaltsbefugnis. Kindergeld
Leitsatz (redaktionell)
1. Dass Ausländer, die nur über eine Aufenthaltsbefugnis, nicht aber über eine Aufenthaltsberechtigung oder eine -erlaubnis verfügen, nach § 62 Abs. 2 Satz 1 EStG keinen Kindergeldanspruch haben, gilt auch für staatenlose Ausländer (hier: aus dem Libanon eingereiste Tochter kurdischer Eltern).
2. § 62 Abs. 2 Satz 1 EStG ist nicht verfassungswidrig (vgl. Rspr. des BSG zu § 1 Abs. 3 BKGG).
Normenkette
EStG § 62 Abs. 2 S. 1; StlÜbK Art. 1; StlÜbk Art. 29; AuslG §§ 15, 27; GG Art. 3 Abs. 1
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
Gerichtskosten hat die Klägerin nicht zu entrichten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Klägerin – Klin – einen Anspruch auf Kindergeld für ihr im Januar 2002 geborenes Kind hat oder ob dem die einschränkenden Bestimmungen für Ausländer nach § 62 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes – EStG – entgegenstehen.
Die Klin ist die im März 1984 in der Bundesrepublik geborene Tochter kurdischer Eltern, welche aus dem Libanon eingereist sind. Im April 2002 stellte sie für ihre Tochter … Antrag auf Gewährung von Kindergeld nach den Vorschriften des EStG und gab als Staatsangehörigkeit an „libanesisch”. Die Klin ist im Besitz einer Aufenthaltsbefugnis und eines durch die … ausgestellten Reisedokuments, in dem die Staatsangehörigkeit ebenfalls mit „libanesisch” bezeichnet ist.
Mit Schriftsatz vom 7. Mai 2002 ließ die Klin durch ihren Prozessbevollmächtigten vor dem Verwaltungsgericht … Klage erheben mit dem Ziel, die Einbürgerung als Staatenlose aus dem Libanon zu erreichen. Über die Klage ist noch nicht entschieden.
Mit Bescheid vom 16. April 2002 lehnte die Familienkasse der beklagten Behörde den Antrag auf Kindergeld mit dem Hinweis ab, dass ausländischen Staatsangehörigen ohne qualifizierte Aufenthaltserlaubnis oder Aufenthaltsberechtigung (§§ 15, 27 des Ausländergesetzes) ein Kindergeldanspruch nicht zustehe. In dem sich anschließenden Einspruchsverfahren machte die Klin geltend, sie sei staatenlos und habe deshalb Anspruch auf Gleichbehandlung mit deutschen Staatsangehörigen.
Die Familienkasse wies jedoch den Einspruch mit der Begründung zurück, die Klin sei durch die Ausländerbehörde nicht als Staatenlose nach den Staatenlosenabkommen förmlich anerkannt. An diese Feststellung sei das Arbeitsamt gebunden; eigene Feststellungen zum aufenthaltsrechtlichen Status habe die Behörde nicht zu treffen.
Hiergegen wendet sich die Klin mit der vorliegenden Klage, zu deren Begründung sie im Wesentlichen folgendes vortragen lässt:
Nach dem Gesetz zu dem Übereinkommen über die Rechtstellung der Staatenlosen vom 12. April 1976, (Bundesgesetzblatt – BGBl – II 1976, 473) und dem darauf beruhenden steuerrechtlichen Gleichbehandlungsgebot habe die Klin Anspruch auf Kindergeld nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes.
Der Beklagte – Bekl – bestreite zu Unrecht den Status der Staatenlosigkeit der Klin. Im Sinne des vorgenannten Übereinkommens sei ein „Staatenloser” eine Person, die kein Staat aufgrund seines Rechts als Staatsangehörigen ansieht. Gerade dies sei aber bei der Klin der Fall. Denn die Klin hätte die libanesische Staatsbürgerschaft nur aufgrund eines eigenen Antrags bei den zuständigen Stellen im Libanon erhalten können (Schreiben der Botschaft des Libanon Berlin vom 17. Januar 2003 [Bl. 22 d. FG-Akten]). Die Eintragung der … in den vorläufigen Reisedokumenten der Klin „libanesisch” sei demnach falsch. Auf die Anerkennung der Staatenlosigkeit in einem förmlichen Verfahren der Ausländerbehörde könne es jedenfalls bei einem langjährigen rechtmäßigen Aufenthalt eines in der Bundesrepublik geborenen Staatenlosen für den Anspruch auf Kindergeld nicht ankommen.
Ausgehend von der Staatenlosigkeit der Klin und deren Gleichstellungsanspruch nach dem Staatenlosenabkommen sei es unschädlich, dass die Klin lediglich im Besitz einer Aufenthaltsbefugnis und keiner qualifizierten Aufenthaltsberechtigung sei. Die Klin habe nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes aufgrund ihres langjährigen rechtmäßigen Aufenthalts in der Bundesrepublik seit ihrer Geburt sogar Anspruch auf Einbürgerung.
Die Klin beantragte,
unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung und des Bescheids vom 16. April 2002 den Beklagten zu verpflichten, Kindergeld ab Januar 2002 für das Kind … der Klin festzusetzen.
Der Beklagte – das Arbeitsamt – beantragte hingegen,
die Klage abzuweisen.
In der Klageerwiderung vertritt der Beklagtenvertreter die Auffassung, dass auch Staatenlosen nur Anspruch auf Kindergeld zustehe, wenn sie zugleich eine Aufenthaltsberechtigung oder Aufenthaltserlaubnis vorweisen könnten. Die Vorschrift des § 62 EStG treffe keine Unterscheidung nach Staatenlosen und anderen Ausländern.
Entscheidungsgründe
Die Klag...