Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensbesteuerung von Leistungen einer Schweizer Pensionkasse an einen deutschen Grenzgänger. Einkommensbesteuerung der Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteile an eine Schweizer Pensionskasse.
Leitsatz (redaktionell)
1. Beiträge eines in der Schweiz ansässigen Arbeitgebers an eine Schweizer Pensionskasse zur Absicherung eines in Deutschland wohnhaften Arbeitnehmers für den Fall der Invalidität, des Alters oder des Todes gehören zum steuerpflichtigen Arbeitslohn nach § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG.
2. Spar- und Risikobeiträge eines Schweizer Arbeitgebers sind nur insoweit steuerfreier Arbeitslohn gemäß § 3 Nr. 62 S. 1 EStG, als sie für den Versicherungsschutz des Arbeitnehmers im Bereich der obligatorischen beruflichen Vorsorge notwendig sind.
3. Der von dem Schweizer Arbeitgeber freiwillig gezahlte Betrag an die Schweizer Pensionskasse ist auch dann steuerpflichtig, wenn der gesetzlich geschuldete Beitrag niedriger ist als der Betrag, den der Arbeitgeber bei einer Versicherungspflicht im Inland zu zahlen gehabt hätte.
4. Beiträge des Arbeitnehmers an eine Schweizer Pensionskasse sind, soweit sie der Versicherung im Obligatorium der beruflichen Vorsorge und damit der Finanzierung der Mindestleistung dienen, nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG als Sonderausgaben zu berücksichtigen.
5. Beiträge des Arbeitnehmers an eine Schweizer Pensionskasse sind, soweit sie der Versicherung im Bereich der überobligatorischen Vorsorge dienen, nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b EStG als Sonderausgaben zu berücksichtigen.
6. Wird der Abzug von Aufwendungen an ein Versicherungsunternehmen von der Voraussetzung abhängig gemacht, dass diesem eine Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb im Inland erteilt worden ist, liegt ein Verstoß gegen die Arbeitnehmerfreizügigkeit vor.
7. Die Freizügigkeitsleistung einer Schweizer Pensionskasse in Gestalt des Vorbezugs für den Erwerb von Wohnungseigentum ist, soweit sie aus dem Überobligatorium stammt, hinsichtlich der im Vorbezug enthaltenen Zinsen nicht nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 S. 2 EStG steuerpflichtig.
8. Bei dem Vorbezug aus dem Obligatorim einer Schweizer Pensionskasse handelt es sich um eine andere Leistung aus einer gesetzlichen Rentenversicherung, die gemäß § 3 Nr. 3 EStG als Kapitalabfindung steuerfrei ist (abweichend von FG Baden-Württemberg v. 23.10.2009, 11 K 4303/08 rk).
Normenkette
EStG 2005 § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 3 Nr. 3, §§ 56, 62-63, 10 Abs. 1 Nrn. 2a, 2b, 3, Abs. 2 S. 1 Nr. 2a Hs. 2, § 20 Abs. 1 Nr. 6; LStDV § 2 Abs. 2 Nr. 3; DBA CHE Art. 15a; AEUV Art. 45; FZA Art. 16 Abs. 2; FGO § 118 Abs. 1
Nachgehend
Tenor
1. Unter Änderung des Einkommensteuerbescheids vom 1. Oktober 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28. Februar 2008 wird die Einkommensteuer auf … festgesetzt.
2. Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
4. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Ermöglicht der Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung von mehr als 1.500 EUR, darf die Vollstreckung nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe des darin festgesetzten Erstattungsbetrages erfolgen. In anderen Fällen kann der Beklagte die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder durch Hinterlegung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet.
5. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der am xx.xx. 1968 geborene, ledige Kläger wird für den Veranlagungszeitraum 2005 (Streitjahr) allein zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger hat im Inland seinen Wohnsitz und seine ständige Wohnstätte.
Der Kläger arbeitet seit dem yy.yy. 1992 in der Schweiz, und zwar als Feuerwehrmann, zunächst bei der C-AG (Arbeitsvertrag vom 22. März/11. März 1992). Seit dem 1. Januar 1998 war er dann bei der N-AG weiterhin als Feuerwehrmann beschäftigt (s. den Arbeitsvertrag vom 2. Dezember 1997). Zum 1. Januar 2001 wechselte der Kläger zur JAG bzw. Arbeitgeberin, bei der er bis heute weiterhin als Feuerwehrmann beschäftigt ist (Hinweis auf den Arbeitsvertrag vom 13./23. November 2001 und den Auszug aus dem individuellen Konto). Die Werksfeuerwehr, der der Kläger angehört, erfüllt die ihr gestellten Aufgaben für mehrere Unternehmen der chemischen Industrie in Basel. Der Arbeitsort des Klägers blieb von Anfang seiner Tätigkeit an in der Schweiz im Wesentlichen der Gleiche.
Mit Beginn seiner Tätigkeit bei der C-AG am yy.yy. 1992 trat der Kläger in die Pensionskasse C ein (Ziff. 6 des Arbeitsvertrages vom 11. März/22. März 1992 in Verbindung mit den Versicherungsausweisen vom 30. November 1992, 14. Januar 1993 und 15. Januar 1997). Diese Pensionskasse wurde am 13. Februar 1998 umbenannt in Pensionskasse N (s. S. 7 des Handelsregisterauszugs vom 22. April 2010). Mit Beginn seiner Tätigkeit bei der J-AG zum 1. Januar 2001 trat der Kläger in die Pensionskasse J ein (s. Art. 2 Ziff. 1 des am 1. Januar 2005 Reglements J. Die Austrittsleist...