rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Rechtswidrigkeit der gesamten Prüfungsanordnung wegen vermeintlich rechtswidriger Bestimmung des Prüfungsorts. keine Nichtigkeit der Bestimmung des Prüfungsorts bei nur irrtümlich unterstelltem Einverständnis des Unternehmers. kein Verwertungsverbot bei Anfechtung des Prüfungsorts nach Durchführung der Außenprüfung. Anforderungen an ordnungsgemäße Rechtsbehelfsbelehrung
Leitsatz (redaktionell)
1. Da die Bestimmung des Prüfungsorts innerhalb einer Prüfungsanordnung einen gesonderten Verwaltungsakt darstellt, kann eine eventuelle Rechtswidrigkeit der Bestimmung des Prüfungsorts (hier: Prüfung des Unternehmens der Ehefrau in den den Geschäftsräumen des Einzelunternehmens des Ehemanns nicht dazu führen, dass die Prüfungsanordnung insgesamt rechtswidrig oder nichtig ist.
2. Sind der Steuerberater einer Einzelunternehmerin und das FA zu Unrecht von dem Vorliegen eines Einverständnisses der Unternehmerin mit der Durchführung der Außenprüfung in den Geschäftsräumen des Unternehmens des Ehemannes ausgegangen, so begründet dieser Umstand keinen derart gewichtigen Rechtsfehler, dass die Bestimmung des Prüfungsorts als nichtig anzusehen wäre.
3. Eine erst nach Durchführung einer Außenprüfung mit dem Ziel der Rechtswidrigkeitserklärung der Prüfungsanordnung erhobene Klage ist grundsätzlich als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig. Im Falle der Feststellung, dass die Bestimmung des Prüfungsorts rechtswidrig war, ist jedoch kein Verwertungsverbot anzunehmen, denn die Bestimmung des Prüfungsorts bewirkt anders als die Prüfungsanordnung selbst nicht die Verpflichtung des Steuerpflichtigen zur Duldung der Außenprüfung, sondern regelt nur eine Modalität ihrer Durchführung.
4. Eine Rechtsbehelfsbelehrung ist erst dann unrichtig i. S. d. § 356 Abs. 2 AO, wenn sie in wesentlichen Aussagen unzutreffend oder derart unvollständig oder missverständlich gefasst ist, dass hierdurch – bei objektiver Betrachtung – die Möglichkeit zur Fristwahrung gefährdet erscheint. Das ist nicht der Fall, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung nicht auf die Möglichkeit der Einspruchseinlegung per E-Mail oder darauf hinweist, dass die Frist zur Einlegung des Einspruchs dann nicht beginnt, wenn der entsprechende Verwaltungsakt nicht zugegangen ist.
Normenkette
AO § 125 Abs. 1-2, § 193 Abs. 1, §§ 196, 355 Abs. 1, § 356 Abs. 1-2, § 357 Abs. 1-2, § 122 Abs. 2; BpO §§ 6, 100 Abs. 1 S. 4
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Prüfungsanordnung (PA) des Beklagten (Bekl) vom 18. Juni 2013 sowie die damit verbundene Bestimmung des Prüfungsorts wirksam bzw. rechtmäßig waren.
Die Klägerin (Klin) betreibt ein Einzelunternehmen in X. Gegenstand des Betriebs ist der Handel mit ….
Mit PA vom 18. Juni 2013 ordnete der Bekl die Durchführung einer Außenprüfung (AP) bei der Klin an. Zur Begründung bezog er sich auf § 193 Abs. 1 in Verbindung mit (i.V.m.) den §§ 194 bis 196 der Abgabenordnung (AO).
Geprüft werden sollten hiernach:
– die Einkommensteuer einschließlich gesonderter Feststellungen |
2009 – 2011 |
– die Gewerbesteuer |
2009 – 2011 |
– die Umsatzsteuer |
2009 – 2011. |
Zugleich bestimmte der Bekl, dass die Prüfung voraussichtlich am 5. August 2013 um 8.30 Uhr in den Geschäftsräumen des Ehemannes der Klin beginnen solle.
Der PA war eine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt, die auszugsweise den folgenden Wortlaut hatte:
„Sie können gegen die in dieser Verfügung enthaltenen Anordnungen (Verwaltungsakte) den Rechtsbehelf des Einspruchs einlegen. Der Einspruch ist bei dem auf Blatt 1 bezeichneten Finanzamt schriftlich einzureichen, diesem elektronisch zu übermitteln oder dort zur Niederschrift zu erklären.
Die Frist für die Einlegung des Rechtsbehelfs beträgt einen Monat (§ 355 Abs. 1 AO). Sie beginnt mit dem Ablauf des Tages, an dem Ihnen diese Verfügung bekanntgegeben worden ist. Bei Zusendung durch einfachen Brief oder Zustellung durch eingeschriebenen Brief gilt die Bekanntgabe mit dem dritten Tag nach Aufgabe zur Post als bewirkt, es sei denn, dass die Verfügung zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist (§ 122 Abs. 2 AO, § 4 Abs. 1 VwZG).”
Die daraufhin bei der Klin durchgeführte AP wurde vom Bekl mit Prüfungsbericht vom 4. September 2013 abgeschlossen.
Mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 27. Dezember 2013 legte die Klin Einspruch ein. Zur Begründung ließ sie ausführen, die Rechtsbehelfsbelehrung, die der Bekl der PA beigefügt habe, sei nicht ordnungsgemäß, so dass nicht die Monatsfrist des § 355 Abs. 1 AO, sondern nur die Jahresfrist des § 356 Abs. 2 AO einzuhalten gewesen sei. Eine Rechtsbehelfsbelehrung sei unrichtig, wenn die Formulierung des § 122 Abs. 2 AO nicht vollständig wiedergegeben werde. Sie müsse deshalb lauten:
„… außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist.”
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