Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Erstattung von Avalgebühren für Sicherheitsleistung bei Aussetzung der Vollziehung
Leitsatz (redaktionell)
Wird vom Finanzamt Aussetzung der Vollziehung nur gegen Sicherheitsleistung gewährt und gegen die Anordnung der Sicherheitsleistung kein Rechtsmittel eingelegt, besteht – abgesehen von dem im finanzgerichtlichen Verfahren nicht zu überprüfenden Amtshaftungsanspruch nach § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG – kein Anspruch des Steuerpflichtigen auf Erstattung der von der Bank für die Stellung einer Bürgschaft in Rechnung gestellten Avalgebühr.
Normenkette
AO §§ 241, 248, 361 Abs. 2 S. 5; FGO §§ 69, 139 Abs. 1, § 149; ZPO §§ 91, 788; EStG § 77; BGB § 839; GG Art. 34
Nachgehend
BFH (Beschluss vom 26.09.2008; Aktenzeichen II B 88/08) |
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Streitig ist der Ersatz von Kosten (Avalgebühren), die für eine Sicherheitsleistung zur Abwendung der Vollziehung von Steuerbescheiden aufgebracht wurden.
Die Klägerin betreibt ein Unternehmen, das Geldspielautomaten und Unterhaltungsgeräte in Gaststätten und ihr gehörenden Spielhallen zur entgeltlichen Nutzung aufstellt.
Mit Schreiben vom 04. Dezember 2001 beantragte die Klägerin unter Verweis auf den Beschluss des Bundesfinanzhofes vom 30. November 2000 V B 87/00, BFH/NV 2001, 657 die Umsätze aus Geldspielautomaten sowie die damit zusammenhängenden Vorsteuerbeträge als steuerfrei bzw. nicht abzugsfähig zu behandeln und beantragte Aussetzung der Vollziehung. Im Hinblick auf die Höhe der auszusetzenden Beträge forderte die Beklagte (Finanzamt – FA –) die Klägerin auf, Sicherheit zu leisten. Dieser Aufforderung kam die Klägerin am 22. März 2002 mit Einlieferung einer Bankbürgschaft der Kreissparkasse X über 30.000 EUR nach. In der Folgezeit gewährte das FA Aussetzung der Vollziehung für diese und weitere Umsatzsteuerbeträge. Die mit Verfügung vom 10. November 2003 gewährte Aussetzung der Vollziehung der Umsatzsteuer 4/02 – 13/02 über insgesamt 75.215,82 EUR wurde aufgrund der bisher geleisteten Sicherheit in Höhe von 30.000 EUR gewährt. Weitere Sicherheiten bis zur vollen Höhe des ausgesetzten Betrages wurden nicht mehr verlangt. Einen Antrag nach § 69 Finanzgerichtsordnung (FGO) mit dem Begehren, Aussetzung der Vollziehung ohne Sicherheitsleistung zu gewähren, stellte die Klägerin nicht.
Nachdem der Europäische Gerichtshof (EuGH) die Rechtsauffassung der Klägerin bestätigt hatte, gab das FA am 16. März 2005 die Bürgschaftsurkunde der Kreissparkasse X zurück. Diese stellte der Klägerin Avalgebühren in Höhe von 1.107,50 EUR in Rechnung (Rechtsbehelfsakte – nicht paginiert –).
Mit Schreiben vom 11. Juli 2005 beantragte die Klägerin beim FA die Erstattung der von ihr für die Bürgschaft geleisteten Avalgebühren. Das FA lehnte dies ab. Eine Erstattung von Kosten im Zusammenhang mit einer Sicherheitsleistung bei einer Aussetzung der Vollziehung sei vom Gesetzgeber nicht vorgesehen. Weder § 361 Abs. 2 Satz 5 Abgabenordnung (AO) noch den Vorschriften über die Sicherheitsleistung (§§ 241 – 248 AO) lasse sich ein solcher Anspruch entnehmen. Zur Begründung des hiergegen eingelegten Einspruchs verwies die Klägerin darauf, dass die Nichterstattungsfähigkeit der Kosten auf Rechtsprechung beruhe, die mehrere Jahrzehnte alt sei und daher heutzutage nicht mehr zwingend Bestand haben müsse. Der Einspruch blieb erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 06. September 2005).
Mit der hiergegen am 10. Oktober 2005 fristgerecht erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Zur Begründung lässt sie im Wesentlichen folgendes vortragen: Die AO treffe keine Aussage darüber, wer die Kosten einer Sicherheitsleistung bei einer Aussetzung der Vollziehung zu tragen habe. Diese Regelungslücke sei durch Analogie oder Rückgriff auf allgemeine Regeln zu schließen. Es könne eine Analogie zu § 788 oder auch zu § 91 Zivilprozessordnung (ZPO) gezogen werden. Die von der Klägerin getragenen Avalgebühren seien notwendige Kosten zur Abwendung einer Zwangsvollstreckung gewesen, die, da die vom FA vertretene Rechtsauffassung durch das Urteil des EuGH nicht bestätigt wurde, analog zu diesen Vorschriften zu erstatten seien. Des Weiteren habe nach allgemeinen wirtschaftlichen Grundsätzen der Verursacher von Kosten diese auch zu tragen. Das FA habe aufgrund einer falschen rechtlichen Betrachtungsweise die Bürgschaft angefordert. Die Avalgebühren müssten demnach auch dem FA zur Last fallen. Die Klägerin verweist weiter auf den Beschluss des FG Baden-Württemberg vom 24. Januar 2007 3 K 7/03, EFG 2007, 783. Auch wenn der dem Streitfall zugrunde liegende Sachverhalt nicht mit dem Sachverhalt der vorgenannten Entscheidung identisch sei, seien die rechtlichen Überlegungen übertragbar. Die bisher ergangenen Urteile zur Versagung der Erstattung von Avalgebühren behandelten nur die Frage, ob diese zu den im Rahmen des § 149 FGO erstattungsfähigen Kosten gehören. Da die Klägerin kein Gerichts- oder Aussetzungsverfahre...