Entscheidungsstichwort (Thema)

Zurechnung von Einnahmen und Abzug von Schuldzinsen bei einem der Zwangsverwaltung unterliegenden Grundstück. Einkommensteuer 1989

 

Leitsatz (amtlich)

1. Dem Erwerber eines Grundstücks, für das Zwangsverwaltung angeordnet ist, sind vom Zwangsverwalter vereinnahmte Mieterträge als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zuzurechnen.

2. Vom Zwangsverwalter vereinnahmte Mietertrage sind, soweit sie für Zinszahlungen auf die am zwangsverwalteten Grundstück abgesicherten Darlehen der Veräußerer verwendet worden sind, keine Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung des Erwerbers.

 

Normenkette

EStG § 21 Abs. 1 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1, § 11 Abs. 1 S. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 11.03.2003; Aktenzeichen IX R 66/01)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die bis zum 26. Mai 2001 entstandenen Gerichtskosten tragen die Klägerin zu 6/7 und der Beklagte zu 1/7. Die außergerichtlichen Kosten trägt jeder Beteiligte selbst. Die danach entstandenen Kosten trägt die Klägerin in voller Höhe.

3. Der Streitwert beträgt bis zum 26. Mai 2001 DM 28.1422, danach 19.646 DM.

 

Tatbestand

Mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 1. Dezember 1988 (Urkundenrolle … des Notars …) erwarb die Klägerin (Klin) von ihren Eitern die in der Gemarkung … belegenen auf die Grundstücke … und … (im folgenden: …) eingetragenen Teileigentumsrechte, verbunden mit sämtlichen an diesen Grundstücken bestehenden Sondereigentumseinheiten. Das Anwesen war zu diesem Zeitpunkt mit Grundpfandrechten in Höhe von 5.723.437 DM belastet. Nach den Vertragsvereinbarungen waren diese Belastungen vom Veräußerer zur Löschung zu bringen. Sowohl die Veräußerer als auch die Klin beantragten die Löschung. Der Kaufpreis betrug gemäß § 3 der Kaufvertragsurkunde 4 Millionen DM. Dieser war nach dem Vertragsinhalt spätestens am 31. Januar 1989 fällig, nicht aber vor Eintragung der Eigentumsänderung und vor der Nichtausübung vertraglich vereinbarter Rücktrittsrechte.

Ferner war in der Vertragsurkunde vermerkt, dass für das Anwesen Zwangsverwaltung und Zwangsversteigerung angeordnet ist. Die Zwangsverwaltung war am 26. Januar 1988 angeordnet, am 19. Januar 1990 aufgehoben sowie am 17. Mai 1990 erneut angeordnet worden. Sie wurde am 6. Mai 1994 erneut aufgehoben, am 16. August 1994 wieder angeordnet und am 5. März 1996 aufgehoben.

In ihrer am 16. April 1991 beim Beklagten (Bekl) eingereichten Einkommensteuer (ESt)-Erklärung 1989 erklärte die Klin aus der … Einnahmen in Höhe von 133.301,50 DM und Werbungskosten in Höhe von 195.266,06 DM, in denen unter anderem Schuldzinsen in Höhe von 45.000 DM enthalten waren. Im unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) stehenden ESt-Bescheid vom 20. September 1991 ließ der Bekl diese Zinsaufwendungen zunächst zum Werbungskostenabzug zu.

Am 22. Dezember 1993 führte der Bekl bei der Klin für die Jahre 1988 bis 1991 eine Außenprüfung durch. Im Prüfungsbericht vom 18. April 1995 ermittelte der Prüfer unter anderem die AfA-Bemessungsgrundlage für das Gebäude … neu und traf unter „1.10 Zinsen” folgende Feststellungen:

„… hat bis heute den Kaufpreis in Höhe von 4 Mio DM an die Veräußerer nicht bezahlt. Ein Kredit wurde deshalb von der Eigentümerin nicht aufgenommen. Finanzierungskosten sind nicht entstanden.

Die vom Zwangsverwalter an die Gläubiger der Eheleute … abgeführten Beträge sind keine abzugsfähigen Werbungskosten bei …

1989

1990

1991

DM

DM

DM

Weniger Werbungskosten lt. BP (bisherige Zinsen)

45.000

70.000

100.000

Die als Zinsen erklärten Aufwendungen haben die Gläubiger teilweise als Darlehenstilgung gebucht. Die Nachberechnung der Zinsen durch die … am 27.02.1995 richtet sich gegen die Darlehensschuldner … und … Daraus können keine als Werbungskosten abzugsfähigen Zinsen bei … abgeleitet werden. Im übrigen sind die Ansprüche bis 31.12.1990 am 31.12.1994 verjährt und auch überwiegend nicht bezahlt.”

Der Bekl folgte dieser Auffassung und erließ am 15. Februar 1996 einen gemäß § 164 Abs. 2 AO geänderten ESt-Bescheid, in dem er die Zinsen nicht zum Werbungskostenabzug zuließ sowie einen Betrag in Höhe von 38.759 DM aus einer verdeckten Gewinnausschüttung bei den Einkünften aus Kapitalvermögen erfasste.

Gegen diesen ESt-Bescheid legte die Klin rechtzeitig Einspruch ein. Der Bekl wies den Einspruch durch Einspruchsentscheidung vom 4. Oktober 1999 als unbegründet zurück.

Mit der hiergegen erhobenen Klage wendet sich die Klin gegen den Ansatz der verdeckten Gewinnausschüttung und gegen die Nichtberücksichtigung der an den Zwangsverwalter abgeführten Beträge als Werbungskosten. Zu letzterem Punkt trägt sie vor, das Objekt … sei lange Zeit unter Zwangsverwaltung gestanden. Der Zwangsverwalter habe die Mieten vereinnahmt und damit Verbindlichkeiten getilgt. Die Anordnung der Zwangsverwaltung habe eine Beschlagnahme des Grundstücks zugunsten der Gläubiger bewirkt, ihr seien die Verwaltungs- und Benutzungsbefugnisse hinsichtlich des Grundstückes entzogen worden. Auf die Verwendung der Mi...

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