Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwendbarkeit des § 23a Abs. 1 UStG in Neugründungsfällen
Leitsatz (redaktionell)
Bei Neugründung einer gemeinnützigen Körperschaft ist für die Anwendbarkeit der Regelung zur Berechnung der abziehbaren Vorsteuerbeträge nach Durchschnittssätzen gemäß § 23a UStG auf den voraussichtlichen Umsatz im ersten Kalenderjahr der unternehmerischen Betätigung abzustellen.
Normenkette
UStG 1999 § 23a Abs. 1-2; KStG § 5 Abs. 1 Nr. 9
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob der Kläger die abziehbaren Versteuern nach § 23 a Abs. 1 Satz 1 Umsatzsteuergesetz 1999 (UStG) pauschal mit 7 v.H. des steuerpflichtigen Umsatzes ansetzen kann.
Der Kläger ist ein nicht eingetragener Verein. Er wurde im Sommer 2002 anlässlich der Flutkatastrophe in den neuen Bundesländern gegründet. Er unterliegt nicht der Buchführungspflicht. Satzungsmäßiger Zweck ist die finanzielle Unterstützung der Flutopfer sowie die Förderung der Kultur durch die Veranstaltung von Konzerten. Der Beklagte erkannte durch vorläufige Bescheinigung vom 3. September 2002 den Kläger als eine Körperschaft im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 9 Körperschaftsteuergesetz an.
Am 3. September 2002 veranstaltete der Kläger in … ein Benefizkonzert, bei dem er einen Umsatz in Höhe von 141.799 EUR erzielte. In der Umsatzsteuer-Voranmeldung für September 2002 stellte der Kläger der Umsatzsteuer aus den Erlösen (7 v.H. aus 141.799 EUR = 9.925,93 EUR) abziehbare Versteuern in gleicher Höhe gemäß § 23 a Abs. 1 Satz 1 UStG gegenüber, so dass sich keine Zahllast ergab. Der Beklagte erkannte in dem Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheid für September 2002 vom … 6. März 2003 den pauschalen Vorsteuerabzug nicht an. Er berücksichtigte lediglich die tatsächlich angefallenen Versteuern in Höhe von zusammen 5.646,80 EUR und errechnete eine Zahllast in Höhe von 4.279,13 EUR (9.925,93 EUR abzügl. 5.646,80 EUR).
Mit dem dagegen eingelegten Einspruch machte der Kläger geltend, er dürfe von der Pauschalierung der Vorsteuerbeträge nach § 23 a UStG Gebrauch machen. Die Umsatzgrenze des § 23 a Abs. 2 UStG sei nicht überschritten. Diese beziehe sich allein und ausschließlich auf den Umsatz im vorangegangenen Kalenderjahr. Im Fall der Neugründung – wie hier – fehle jedoch ein Vorjahresumsatz. Der Einspruch blieb erfolglos. Der Beklagte vertrat in der Einspruchsentscheidung vom 26. August 2003 die Ansicht, dass nach Sinn und Zweck des § 23 a UStG bei Neugründungen mangels Vorjahresumsatzes auf den voraussichtlichen Umsatz des ersten Jahres abzustellen sei. Trotz Aufforderung habe der Kläger hierzu keine Angaben gemacht. Grundlage für die Schätzung des voraussichtlichen Umsatzes 2002 habe daher der tatsächlich erzielte Umsatz sein müssen. Da dieser Umsatz 141.799 EUR betragen habe, sei davon auszugehen, dass der im Zeitpunkt der Gründung zu prognostizierende Umsatz des Klägers die Umsatzgrenze des § 23 a Abs. 2 UStG in Höhe von 30.678 EUR deutlich überstiegen hätte.
Gegen die Einspruchsentscheidung des Beklagten hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben. Während des Klageverfahrens hat der Beklagte am 16. Juni 2004 den Jahresumsatzsteuerbescheid für 2002 erlassen. Da der Kläger in 2002 keine weiteren Umsätze getätigt hatte und keine weiteren Vorsteuerbeträge angefallen waren, hat der Jahresbescheid inhaltlich dem angefochtenen Vorauszahlungsbescheid für September 2002 entsprochen.
Mit der Klage beantragt nunmehr der Kläger sinngemäß, unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 26. August 2003 den Umsatzsteuerbescheid 2002 vom 16. Juni 2004 dahin abzuändern, dass die Umsatzsteuer 2002 auf 0 EUR (bisher 4.279,13 EUR) herabgesetzt wird; hilfsweise Zulassung der Revision. Zur Begründung trägt er vor: Er habe die Umsatzgrenze des § 23 a Abs. 2 UStG nicht überschritten, da er im Jahr 2001 weder existiert noch Umsätze getätigt habe. Die Vorschrift des § 23 a Abs. 1 UStG enthalte anders als die Vorschrift des § 19 Abs. 1 Satz 1 UStG keinen Bezug zum Vorjahr und spreche damit neu gegründete Unternehmen in gleicher Weise an wie bereits bestehende Unternehmen. Die in der Literatur vertretene Ansicht, dass die Grundsätze der zu § 19 UStG ergangenen BFH-Entscheidung vom 19. Februar 1976 V R 23/73 auf die Regelung des § 23 a UStG übertragbar seien, verkenne nicht nur die strukturellen Unterschiede in den Formulierungen der beiden Vorschriften. Sie übersehe insbesondere auch, dass der Bundesfinanzhof mit seinem o.g. Urteil eine tatsächlich bestehende Gesetzeslücke zugunsten des Steuerpflichtigen geschlossen habe. Die Vorschrift des § 23 a UStG enthalte jedoch keine Gesetzeslücke. Außerdem gehe es zu Lasten des Steuerpflichtigen, wenn zur Schließung der angeblichen Lücke auf den voraussichtlichen Umsatz des ersten Jahres abgestellt werde. Es sei zwar denkbar, dass der Gesetzgeber mit der Regelung des § 23 a UStG nicht das Ziel verfolgt habe, neu gegründeten Vereinen im ersten Jahr stets de...