Entscheidungsstichwort (Thema)
Gestaltungsmissbrauch bzw. Fremdvergleich bei Vermietung von Arbeitszimmern durch Ehegatten-Grundstücksgemeinschaft an jeden Ehegatten
Leitsatz (redaktionell)
1. Schließen Ehegatten als Miteigentümer eines eigengenutzen Einfamilienhauses einen Mietvertrag dergestalt, dass die Ehegatten-Grundstücksgemeinschaft an den einzelnen Ehegatten den von ihm genutzten Arbeitsraum vermietet, so ist diese Gestaltung unangemessen i.S. von § 42 AO 1977 und damit rechtsmissbräuchlich, wenn sie erst im zeitlichen Zusammenhang mit der Einführung der gesetzlichen Abzugsbeschränkungen für häusliche Arbeitszimmer gewählt wird und in ihrer steuerlichen Auswirkung zu einer Umgehung des § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Nr. 6b Satz 3 EStG 1996 führt.
2. Die unter 1. beschriebene Vermietung ist zudem nicht wie unter Fremden durchgeführt, wenn nach den Umständen des Falls nicht feststeht, dass jeder der Ehegatten das angemietete Arbeitszimmer selbst reinigt und die Instandsetzungsaufwendungen insoweit alleine trägt, wenn zudem der in einem Arbeitszimmer stehende Computer von beiden Ehegatten genutzt wird und ferner die in beiden Arbeitszimmern befindlichen Arbeitsmaterialien (z.B. Locher, Papier usw.) beiden Ehegatten uneingeschränkt zur Verfügung stehen.
Normenkette
EStG § 21 Abs. 1 Nr. 1; AO 1977 § 42; EStG § 9 Abs. 5; EStR 1996 § 164 Abs. 2 S. 1; EStG 1996 § 4 Abs. 5 Nr. 6b S. 3; EStG § 12
Tatbestand
Streitig ist die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für häusliche Arbeitszimmer im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.
Der Kläger ist Diplom-Ingenieur und die Klägerin Lehrerin. Die Kläger haben mit notariellem Kaufvertrag vom 25. Juni 1993 eine Doppelhaushälfte mit Garage zum Kaufpreis in Höhe von DM 549.000 in der Weise erworben, dass der Kläger zu 2/3 und die Klägerin zu 1/3 Miteigentümer wurden. Das Haus wurde zum 1. Oktober 1993 fertiggestellt und von den Klägern bezogen. Die Kläger beantragten für das Streitjahr den Abzugsbetrag nach § 10 e EStG in Höhe des Höchstbetrags von DM 19.800. Darüber hinaus machten sie Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus diesem Objekt geltend. Sie legten Mietverträge vom 15. Dezember 1995 vor, wonach die Eigentümergemeinschaft aus beiden Klägern von der Gesamtwohnfläche von 144,8 qm an den Kläger zwei Zimmer (eines im Untergeschoss und eines im 1. Obergeschoss) mit zusammen 25,38 qm für monatlich DM 254 zuzüglich Nebenkosten (Vorauszahlungen monatlich DM 70) vermietet hat und die Grundstücksgemeinschaft ein Zimmer (im Dachgeschoss) mit 29,06 qm an die Klägerin für monatlich DM 290 zuzüglich Nebenkosten (Vorauszahlungen monatlich DM 70) vermietet hat. Auf die Mietverträge wird verwiesen. Sie legten Belege der Bank vor, wonach die Klägerin einen Dauerauftrag vom Konto Nr. … auf das Konto … über monatlich DM 290 erteilt hat. Der Kläger hat einen Dauerauftrag vom Konto Nr. … ebenfalls auf das Konto Nr. … über monatlich DM 254 erteilt. Die Kläger legten in ihrer Einkommensteuererklärung für 1996 folgende Berechnung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung vor und verwiesen auf die Belege:
Mieteinnahmen 12 × DM 254 = |
DM |
3.048 |
12 × 290 DM = |
DM |
3.480 |
Summe der Mieteinnahmen |
DM |
6.528 |
Umlagen |
DM |
1.847 |
Summe der Einnahmen |
DM |
8.375 |
DM 58.502 Werbungskosten × 38,6 % = |
DM |
22.598 |
Überschuss der Werbungskosten |
DM |
14.223 |
davon 2/3 beim Kläger DM 9.483 und 1/3 bei der Klägerin |
DM |
4.740. |
Der Beklagte berücksichtigte zwar bei der Klägerin bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit DM 2.400 Aufwendungen für ein Arbeitszimmer als Werbungskosten. Beim Kläger berücksichtigte der Beklagte bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit keine Aufwendungen für das Arbeitszimmer, weil er nicht mehr als 50 % seiner beruflichen Tätigkeit dort verrichtet habe und ihm ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung gestanden habe. Der Beklagte berücksichtigte den geltend gemachten Überschuss der Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung im Bescheid vom 2. September 1997 über Einkommensteuer für 1996 nicht (zu versteuerndes Einkommen DM 127.684, Steuer DM 31.556).
Dagegen legten die Kläger am 22. September 1997 Einspruch ein, der mit Einspruchsentscheidung vom 12. Dezember 1997 zurückgewiesen wurde. Der Beklagte beruft sich auf R 164 Abs. 2 der Einkommensteuerrichtlinien 1996, wonach die Überlassung von Räumen, die nicht Wohnzwecken dienen, von einer Grundstücksgemeinschaft an einen Miteigentümer nur als Vermietung steuerlich zu berücksichtigen sei, soweit die entgeltliche Überlassung den ideellen Miteigentumsanteil übersteige. Da dem Kläger 2/3 der Wohnfläche von 144,8 qm und daher 96 qm zuzurechnen seien, übersteige die Fläche seines Arbeitszimmers mit 25 qm nicht seinen Miteigentumsanteil. Entsprechend seien der Klägerin 48 qm zuzurechnen und das von ihr genutzte Arbeitszimmer liege mit 29 qm darunter.
Dagegen richtet sich die Klage vom 12. Januar 1998, mit der geltend gemacht wird, die Vermietungsverhältnisse zwischen der Grundstücksgemeinschaft und den Klägern ...