Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit der Mitteilung von steuerstrafrechtlichen Erkenntnissen an den Dienstherrn eines Beamten
Leitsatz (redaktionell)
An der Offenbarung von Erkenntnissen aus einem Strafverfahren gegenüber dem Dienstherrn eines Beamten besteht zwingendes öffentliches Interesse, wenn in Falle des Bekanntwerdens der von dem Beamten begangenen Straftaten das Vertrauen der Allgemeinheit in die ordnungsgemäße Arbeit der Verwalung zutiefst erschüttert wäre.
Normenkette
AO § 30 Abs. 4 Nr. 5, § 393 Abs. 2, § 370 Abs. 1 Nr. 1; FGO § 114; BRRG § 125c
Tatbestand
I.
Der Antragsteller will im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes eine Mitteilung des Antragsgegners an seinen Dienstherrn, eine Behörde des Landes Berlin, über nacherklärte Steuern und Vermögenswerte verhindern.
Der Antragsteller bekleidet den Rang eines ... direktors
die mit der letzten Beförderung zum . .. direktor gesetzte Probezeit endete im März 2002.
Für die Jahre 1991 bis 1999 gab er seine eigenen und ab 1994 die mit seiner Ehefrau gemeinsamen Steuererklärungen ab. In diesen erklärte er mit Ausnahme der Jahre- 1996 und 1997 (7.931 DM bzw. 19.853 DM) nur geringe Einkünfte aus Kapitalvermögen (Beträge zwischen 54,- DM und 692,- DM); Vermögenssteuererklärungen gab er nicht ab. Die Einkommensteuerbescheide für diese Jahre wurden im wesentlichen erklärungsgemäß erlassen und die jeweils festgesetzte Steuer bezahlt.
Aufgrund von steuerstrafrechtlichen Ermittlungen bei der A-Bank wurde festgestellt, dass der Antragsteller Geschäftsbeziehungen zu der A.Niederlassung 2. unterhalten und bei dieser Geldüberweisungen und/oder -trans-fers etc. getätigt hatte; aufgrund des vorliegenden Kontrollmaterials ging der Antragsgegner von einem im Ausland angelegten Vermögen von über 560.000,- DM aus. Nach einer dementsprechenden, allgemein gehaltenen Aufforderung des Finanzamtes B., vom 9. Oktober 2000 erklärte der Antragsteller für die Veranlagungszeiträume 1991 bis 1999 ausländische Kapitalerträge, Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften und Spekulationsgewinne bzw. -verluste nach und gab erstmals Vermögensteuererklärungen auf den 01.01.1993 und 01.01.1995 ab.
Gegenüber den ursprünglich erklärten Kapitalerträgen ergaben sich in den Veranlagungszeiträumen 1991 bis 1995 aufgrund der Nacherklärung weitere Kapitalerträge von insgesamt mehr als 375.000,- DM; hinzukamen in den Jahren 1993, 1996 und 1999 Spekulationsgewinne von jeweils deutlich über 25.000,- DM.
Das Finanzamt B. erließ daraufhin am 05. Februar, 20. und 30. März sowie 30. April 2001 geänderte Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1991 bis 1999. Gegen die Bescheide für 1996 bis 1999 legte der Antragsteller fristgerecht Einsprüche ein. Dabei begehrte er für 1997 und 1998 die Berücksichtigung von Verlusten aus Spekulationsgeschäften, da nach seiner Ansicht die Vorschrift des § 22 Nr. 3 Einkommensteuergesetz -EStG- über das Verlustabzugsverbot verfassungswidrig sei. Insoweit vereinbarten die Parteien das Ruhen des Verfahrens gemäß § 363 Abs. 2 Abgabenordnung -AO-, da wegen dieser Rechtsfrage Verfahren beim Bundesfinanzhof -BFH- anhängig sind.
In der Folgezeit beantragte der Antragsteller ferner die Änderung der Einkommensteuerbescheide 1996 bis 1999 - unabhängig vom Ruhen des Verfahrens hinsichtlich der Jahre 1997 und 1998 - mit der Begründung, dass aufgrund der §§ 20 Abs. 2 Nr. 4 S. 2 i. V. m. § 20 Abs. 2 Nr. 4 d EStG entstandene negative Kapitaleinkünfte einkunftsartübergreifend ausgleichsfähig seien. Daher reduziere sich die Einkommensteuerschuld für 1998 auf 0,- DM
Das zuständige Finanzamt B. hat diesen Änderungsantrag bislang noch nicht beschieden; jedoch hat der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 09. Januar 2003 mitgeteilt, dass er für das Kalenderjahr 1998 nicht mehr an seiner Absicht festhalte, dem Dienstherrn des Antragstellers zu berichten.
Ohne Berücksichtigung des ruhenden Rechtsbehelfsverfahren betreffend die Bescheide 1997 und 1998 sowie der Änderungsanträge vom 12. Februar 2002 führten die Nacherklärungen allein des An= tragstellers zu Mehrsteuern (Einkommensteuer) in Höhe von über 115.000,- DM.
Hinzu kommt die erstmals festgesetzte Vermögenssteuer auf den 01.01.1993 und 01.01.1995 gemäß der Bescheide des Finanzamts C. vom 20. März 2001 in Höhe von 2.395,- DM bzw. 1.320,- DM.
Am 4. Mai 2001 erhielt der Antragsgegner den Vorgang zur Bearbeitung. Er sah von der Einleitung eines Strafverfahrens ab, da der Antragsteller zu diesem Zeitpunkt durch Einreichung berichtigter Steuererklärungen eine Selbstanzeige abgegeben und die hinterzogenen Steuern bereits nachgezahlt hatte. Damit war nach Ansicht des Antragsgegners die strafbefreiende Wirkung des § 371 Abs. 3 AO eingetreten.
Mit Schreiben vom 5. Juli 2001, wiederholt am 10. September und 28. November 2001, teilte der Antragsgegner dem Antragsteller mit, er wolle dessen Dienstherrn, einer Behörde des Landes Berlin, gemäß § 125 c Beamtenrechtsrahmengesetz -BRRG-, § 30 Abs. 4 Nr. 2 AO zur Durchführung dienstrechtlicher Maßnahmen die Steuerverkürzung...