rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Aussetzung der Vollziehung für Widerruf einer Lohnsteueranrufungsauskunft nach § 42e EStG möglich. Ermessen der Finanzbehörde bei Rücknahme einer Lohnsteueranrufungsauskunft
Leitsatz (redaktionell)
1. Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass der Widerruf einer dem Arbeitgeber erteilten Lohnsteueranrufungsauskunft ein feststellender Verwaltungsakt ist (Anschluss an BFH v. 2.9.2010, VI R 3/09), dessen Vollziehung ausgesetzt werden kann.
2. Eine Anrufungsauskunft nach § 42e EStG kann nach § 207 Abs. 2 AO (analog) mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben oder geändert werden. Die Finanzbehörde hat dabei im Rahmen ihres Ermessens zu berücksichtigen, ob der Anwendung des richtigen Rechts größeres Gewicht zuzumessen ist als dem Vertrauen des Steuerpflichtigen; dies setzt eine gründliche Prüfung der „richtigen” Rechtslage voraus.
3. Die gegen den Beschluss des FG Berlin-Brandenburg beim BFH eingelegte Beschwerde hatte Erfolg (BFH v. 15.1.2015, VI B 103/14).
Normenkette
FGO § 69 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 1; EStG § 42e; AO §§ 118, 207 Abs. 2, § 5
Nachgehend
Tenor
Die Vollziehung des Widerrufsbescheides vom 24. April 2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22. Mai 2014 wird bis zum Ablauf eines Monats nach Abschluss des Klageverfahrens zum Aktenzeichen 8 K 8134/14 ausgesetzt.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Antragsgegner auferlegt.
Die Beschwerde zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Der Antragsteller hat in seiner Rechtsanwaltskanzlei mehrere Rechtsanwälte angestellt. Er bezahlt für diese Beiträge an den Deutschen Anwaltsverein (DAV). Für die Jahre 2004 bis 2007 fand beim Antragsteller im Jahr 2008 eine Lohnsteueraußenprüfung statt, die unter anderem zu der Feststellung führte, dass vom Arbeitgeber gezahlte Beiträge zur Berufskammer steuerpflichtiger Arbeitslohn sei.
Mit Schreiben vom 31. Dezember 2009 beantragte der Antragsteller die Erteilung einer Lohnsteueranrufungsauskunft nach § 42e Einkommensteuergesetz – EStG – zur lohnsteuerlichen Behandlung der für seine Mitarbeiter gezahlten Beiträge an den DAV. Er führte dazu aus, dass die Übernahme der Beiträge in seinem ganz überwiegenden betrieblichen Interesse erfolge. So würden durch die Beiträge notwendige Fortbildungen kostengünstiger angeboten werden, so dass sich selbst unter Berücksichtigung der Kosten für den DAV insgesamt eine Kostenersparnis ergebe. Zusätzlich bestünden weitere Vergünstigungen bei der Inanspruchnahme von Fremdunternehmen, wie z.B. bei Autovermietungen, Hotels, Fachzeitschriften etc. Sofern sämtliche bei ihm angestellten Anwälte Mitglieder des DAV seien, bestünde die Möglichkeit, die Werbekampagne des DAV zu nutzen. Auch sei die Mitgliedschaft durch eine Eintragung im DAV Suchdienst verbunden.
Am 7. Januar 2010 erteilte der Antragsgegner dem Antragsteller die Auskunft nach § 42e EStG, dass die Zahlungen an den DAV nicht als Sachbezug zu versteuern seien. Diesem Bescheid ging ausweislich der Steuerakte eine Prüfung des Sachverhaltes unter Berücksichtigung einer Anweisung der Senatsverwaltung für Finanzen voraus, die sich zu der Übernahme der Beiträge zur Berufshaftpflichtversicherung angestellter Steuerberater positionierte.
Im Zeitraum Mai 2012 bis Juni 2013 fand beim Antragsteller erneut eine Lohnsteueraußenprüfung statt. Die Prüferin gelangte unter anderem zu dem Ergebnis, dass die Beiträge an den DAV als Werbungskostenersatz steuerpflichtigen Arbeitslohn darstellten. Dabei berief sich die Prüferin auf ein Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 12. Februar 2009 (VI R 32/08, Sammlung der amtlich veröffentlichten Entscheidungen des Bundesfinanzhofs – BFHE – 224, 314, Bundessteuerblatt – BStBl. – 2009, 462). Ausweislich einer Gesprächsnotiz vom 14. Dezember 2012 teilte die Prüferin dem Antragsteller mit, dass es beabsichtigt sei, die Anrufungsauskunft vom 7. Januar 2010 vom Antragsgegner als Betriebsstättenfinanzamt aufheben zu lassen.
Mit auf den 24. März 2013 datierten Bescheid, der ausweislich der Steuerakte jedoch erst am 24. April 2013 abgesandt worden ist, widerrief der Antragsgegner die Anrufungsauskunft vom 7. Januar 2010. Zur Begründung führte er aus, die Feststellungen der Lohnsteueraußenprüfung hätten zu einer neuen rechtlichen Würdigung des Sachverhaltes geführt. Danach stellten die Mitgliedsbeiträge keine Betriebsausgaben allgemeiner Art dar sondern seien zu versteuernde Sachbezüge. Dies entspreche der allgemeinen Verwaltungsauffassung und der Rechtsprechung des BFH. Das Eigeninteresse der angestellten Anwälte sei so gewichtig, dass das Interesse des Arbeitgebers in den Hintergrund trete.
Gegen den Bescheid erhob der Antragsteller Einspruch und beantragte Aussetzung der Vollziehung. Er führte zur Begründung unter anderem aus, dass dem Bescheid nicht zu entnehmen sei, ob er für die Vergangenheit oder nur für die Zukunft gelten solle. Da er keine Gründe für eine Unrechtmäßigkeit der Auskunft enthalte, komme lediglich § 131 Abgab...