Entscheidungsstichwort (Thema)
Alleinige Klagebefugnis der nach dem Gesellschaftsvertrag einer KG als Liquidatorin vorgesehenen Komplementär-GmbH hinsichtlich des einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellungsbescheids der KG bei Eintritt des Liquidationsfalls infolge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der noch nicht vollbeendeten KG. keine Klagebefugnis der Gesellschafter trotz Einzelbekanntgabe des Gewinnfeststellungsbescheids
Leitsatz (redaktionell)
1. Ist nach dem Gesellschaftsvertrag einer KG nur die Komplementär-GmbH als geschäftsführende Gesellschafterin oder ein von der Komplementär-GmbH bestimmter Dritter als Liquidator vorgesehen, befindet sich die KG infolge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen in Liquidation, ist sie aber noch nicht vollbeendet, so ist hinsichtlich der einheitlichen und gesonderten Feststellung der Einkünfte der KG weiter die KG, vertreten durch die Komplementär-GmbH als Liquidatorin, und nicht etwa der Insolvenzverwalter klagebefugt; die Gesellschafter der KG sind nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens bei Nichterfüllung der Ausnahmetatbestände nach § 48 Abs. 1 Nr. 3 bis 5 FGO auch dann weiter nicht klagebefugt, wenn ihnen der Feststellungsbescheid im Weg der Einzelbekanntgabe nach § 183 Abs. 2 AO bekanntgegeben worden ist (gegen BFH v. 27.5.2004, IV R 48/02 und v. 19.12.2013, IV B 73/13).
2. Verfügt die KG bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch über Vermögen und steht zudem die Frage im Raum, ob Nachschüsse der Gesellschafter zu erlangen sind, so bewirkt die Insolvenzeröffnung nicht zugleich die Vollbeendigung der Gesellschaft. Eine noch nicht erfolgte Löschung im Handelsregister ist ebenfalls als Indiz gegen eine Vollbeendigung zu werten.
Normenkette
FGO § 48 Abs. 1 Nrn. 1-5, Abs. 2; HGB § 131 Abs. 1 Nr. 3, § 161 Abs. 2, § 146 Abs. 1; AO § 183 Abs. 2, § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern auferlegt.
Tatbestand
Streitig ist der laufende Gewinn der I. GmbH, die unter HRA 22… beim Amtsgericht H. im Handelsregister eingetragen ist. Die Kläger wenden sich gegen die Umbuchung des Grundstücks der KG vom Anlage- in das Umlaufvermögen und die daraus vom Beklagten hergeleiteten steuerlichen Folgen.
Die I. KG wurde im Jahr 1989 als geschlossener Immobilienfonds gegründet. Alleinige Komplementärin der KG war zunächst die J. GmbH, die im Jahr 2003 durch die K. GmbH ersetzt wurde; die K. GmbH befindet sich nicht in Liquidation. An der I. KG beteiligten sich ca. 100 Anleger als Kommanditisten, darunter die Kläger. Gegenstand des Unternehmens der I. KG war die Nutzung eines auf dem erworbenen Erbbaugrundstück L.-straße selbst errichteten Wohngebäudes des sozialen Wohnungsbaus mit 71 Wohnungen. Die I. KG erzielte aufgrund ihrer gewerblichen Prägung Einkünfte aus Gewerbebetrieb gem. § 15 Einkommensteuergesetz – EStG –.
Gem. § 7 des Gesellschaftsvertrags der I. KG obliegt die Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft der persönlich haftenden Gesellschafterin. Nach § 23 des Gesellschaftsvertrags der I. KG ist die geschäftsführende Gesellschafterin oder ein von ihr bestimmter Dritter Liquidator.
In den Jahren 2007 und 2008 geriet die I. KG nach Versagung der Anschlussförderung in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Die Geschäftsführung der I. KG stellte am 27. Mai 2008 einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der I. KG. Im Ermittlungsbericht des vorläufigen Insolvenzverwalters Rechtsanwalt M. wurde die Eröffnung des Insolvenzverfahrens befürwortet. Weiter wurde ausgeführt, die erstrangig grundbuchlich gesicherten Darlehen der N. und der O. beliefen sich auf ca. 10,6 Mio. EUR. Bemühungen um ein außergerichtliches Sanierungskonzept seien gescheitert. Es werde im Hinblick auf die den Anlegern drohende Nachversteuerung der negativen Kapitalkonten um freiwillige Sanierungsbeiträge geworben und ein Insolvenzplan angestrebt, was aber einige Zeit in Anspruch nehme. Den Verkehrswert des Erbbaurechts einschließlich der Immobilie bezifferte der Insolvenzverwalter vorläufig mit 2,88 Mio. EUR. Das Insolvenzverfahren wurde am 15. Juli 2008 eröffnet.
Anschließend beauftragte die I. KG die P. AG mit der Vorbereitung einer Sanierung im Insolvenzplanverfahren. Mit Schreiben vom 3. November 2008 erläuterte die P. AG das Sanierungskonzept, das darin bestand, Neukapital aufzubringen, um mit der O., die aufgrund der Bürgschaften der eigentliche Träger des Fremdkapitalrisikos sei, einen teilweisen Forderungserlass zu verhandeln. In einer Gesellschafterversammlung am 1. Dezember 2008 berichtete der Sanierungsberater, dass nach Durchführung der ersten Marktanalyse des Insolvenzverwalters drei Kaufangebote vorlagen. Die anwesenden Gesellschafter stimmten der angestrebten Sanierung im Insolvenzplanverfahren und den dazu erforderlichen Kapitalmaßnahmen mit großer Mehrheit zu. ...