rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuerliche Kleinunternehmerregelung für im Ausland ansässige Unternehmer nicht anwendbar. umsatzsteuerlicher Ansässigkeits- und Betriebsstättenbegriff
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Kleinunternehmerregelung (§ 19 Abs. 1 UStG) ist bei unionsrechtskonformer Auslegung auf Unternehmer beschränkt, die im Inland oder in den in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebieten ansässig sind. Der Begriff der „Ansässigkeit” im Sinne des § 13b Abs. 7 UStG gilt auch im Rahmen des § 19 UStG.
2. Eine im Ausland wohnende Unternehmerin, die aufgrund eines Nießbrauchsrecht eine Eigentumswohnung im Inland vermietet und gelegentlich bei der Wohnung vorbeischaut, hat im Inland keine feste Niederlassung als Voraussetzung für eine Betriebsstätte und kann daher die Kleinunternehmerregelung nicht in Anspruch nehmen.
3. Eine Betriebsstätte im Sinne des Umsatzsteuerrechts bestimmt sich weder nach der Definition der Abgabenordnung noch nach den Definitionen in Doppelbesteuerungsabkommen, sondern gemäß Art. 43 Mehrwertsteuersystemrichtlinie ist hierfür der Begriff der festen Niederlassung relevant. Hierfür ist grundsätzlich eine Unselbständigkeit gegenüber dem Unternehmen erforderlich, sowie ein zureichender Mindestbestand an personellen und sachlichen Mitteln. Die feste Niederlassung muss in der Lage sein, die Dienstleistungen autonom zu erbringen. Zudem muss ein hinreichender Grad an Beständigkeit vorliegen. Diese von der Rechtsprechung entwickelten Anforderungen finden sich für die Anwendung des Sitzortprinzips auch in Art. 11 Mehrwertsteuerverordnung.
4. Die von der Klägerin gegen das FG-Urteil eingelegte Revision wurde vom BFH durch BFH, Urteil v. 12.12.2019, V R 3/19 als unbegründet zurückgewiesen.
Normenkette
UStG § 19 Abs. 1 S. 1, § 1 Abs. 3, § 13b Abs. 7; MwStSystRL Art. 43, 283 Abs. 1 Buchst. c
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Tatbestand
Die Klägerin ist italienische Staatsangehörige. Bis Juni 2017 lebte sie in Italien. Im Juni 2017 zog sie in die Wohnung, mit welcher sie die im vorliegenden Verfahren streitbefangenen Umsätze aus Vermietung und Verpachtung erzielte. Die Klägerin hat ein Nießbrauchsrecht für diese Eigentumswohnung, die ihrem Vater gehört. Die Wohnung vermietete die Klägerin seit 2013 kurzfristig über Internetportale wie zum Beispiel B.. Die Klägerin stellte seit 2013 jeweils Anträge nach § 1 Abs. 3 Einkommensteuergesetz – EStG – zur Einkommensteuer bei dem Beklagten, welcher die Klägerin daraufhin als fiktiv unbeschränkt steuerpflichtig behandelte. Unter dem Datum vom 09.10.2017 erließ der Beklagte gegenüber der Klägerin zwei Bescheide zur Umsatzsteuer für die Besteuerungszeiträume 2013 und 2014. Hiergegen wandte sich die Klägerin vergeblich mit einem Einspruch, mit der Einspruchsentscheidung wurde der Umsatzsteuersatz auf 7 % reduziert, im Übrigen der Einspruch aber abgewiesen.
Die Klägerin trägt vor, dass sie sich vor ihrem Zuzug nach C. im Juni 2017 in Abständen von zwei Monaten nach C. begeben habe, um sich um die vermietete Wohnung zu kümmern, was ihr Partner, welcher sie begleitet habe, bestätigen könne.
Die Umsatzsteuerbescheide in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 09.10.2017 seien rechtswidrig. In ihren Umsatzsteuererklärungen habe sie von der Kleinunternehmerregelung des § 19 Abs. 1 Umsatzsteuergesetz – UStG – Gebrauch gemacht, so dass sie nicht umsatzsteuerpflichtig sei. Die für Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 geschuldete Umsatzsteuer werde gemäß § 19 Abs. 1 UStG von Unternehmern, die im Inland oder in den in § 1 Abs. 3 bezeichneten Gebieten ansässig seien, nicht erhoben, wenn der in Satz 2 bezeichnete Umsatz zuzüglich der darauf entfallenden Steuer im vorangegangenen Kalenderjahr 17 500 Euro nicht überstiegen habe und im laufenden Kalenderjahr 50 000 Euro voraussichtlich nicht übersteigen werde. Der Umsatzsteuer unterlägen die Umsätze der Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführe. Die Steuerbarkeit entfalle nicht, wenn der Umsatz auf Grund gesetzlicher oder behördlicher Anordnung ausgeführt werde oder nach gesetzlicher Vorschrift als ausgeführt gelte. Die Umsätze, welche sie für die Vermietung ihrer Eigentumswohnung erzielt habe, unterlägen als sonstige Leistungen der Umsatzsteuer. Dies sei jedoch nicht der Fall für die Übernachtungssteuer in Höhe von 896,35 Euro. Gemäß § 4 Abs. 1 des Gesetzes über eine Übernachtungssteuer in C. vom 18. Dezember 2013 bemesse diese sich nach dem Aufwand für die Übernachtung ohne Umsatzsteuer und ohne den Aufwand für andere Dienstleistungen. Demnach habe sie im Jahr 2014 Entgelte für die Übernachtungen in Höhe von 17.210,65 Euro erzielt. Dazu habe sie auf den jeweiligen Preis die Übernachtungssteuer aufgeschlagen, so dass im Jahr 2014 insgesamt 896,35 Euro angefallen sei, welche sie ordnungsgemäß abgeführt habe. Insofern lägen s...