Entscheidungsstichwort (Thema)
Besteuerung von Erwerbsunfähigkeitsrenten aus der gesetzlichen Sozialversicherung nach der Neuregelung der Rentenbesteuerung
Leitsatz (redaktionell)
Eine auf eine bestimmte Zeit beschränkte Erwerbsunfähigkeitsrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung ist Leibrente i. S. v. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG, die bei Rentenbeginn vor 2005 mit einem Besteuerungsanteil von 50 % der Einkommensteuer unterliegt. Eine Besteuerung mit dem in der nachrangigen Regelung des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG in Verbindung mit § 55 Abs. 2 EStDV geregelten Ertragsanteil kommt nicht in Betracht.
Normenkette
EStG 2002 § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a DBuchst. bb S. 5, Nr. 1 Buchst. a DBuchst. aa; EStDV 2002 § 55 Abs. 2
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern auferlegt.
Tatbestand
Die Klägerin erhält seit 1994 von der Deutschen Rentenversicherung Bund eine Erwerbsunfähigkeitsrente. Auf den Antrag der Klägerin vom 11. September 2007 wurde die zuvor bis zum 31. Januar 2008 befristete Erwerbsunfähigkeitsrente mit Bescheid vom 18. September 2007 bis zum Ablauf des Monats Januar 2011 verlängert; auf den Inhalt des Bescheids wird im Übrigen Bezug genommen.
Auf der Grundlage der entsprechenden Steuererklärungen besteuerte der Beklagte die Zahlungen aus der Erwerbsunfähigkeitsrente gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a) Satz 4 Einkommensteuergesetz – zukünftig: EStG a.F. – in Verbindung mit § 55 Abs. 2 Einkommensteuerdurchführungsverordnung in der jeweils bis zum Veranlagungszeitraum 2004 geltenden Fassung mit einem Ertragsanteil in Höhe von neun vom Hundert.
In den Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre 2005 und 2006 begehrte die Klägerin weiterhin die Besteuerung der Erwerbsunfähigkeitsrente mit dem Ertragsanteil gemäß § 22 Nr. 1 Buchstabe a) Doppelbuchstabe bb) Satz 5 EStG in Verbindung mit § 55 Abs. 2 EStDV in der in den Streitjahren geltenden Fassung – zukünftig: EStG bzw. EStDV. Der Beklagte folgte den Steuererklärungen nicht und besteuerte die Erwerbsunfähigkeitsrente nach § 22 Nr. 1 Buchstabe a) Doppelbuchstabe aa) EStG mit einem Besteuerungsanteil in Höhe von 50 vom Hundert. Gegen die entsprechenden Steuerbescheide erhoben die Kläger Einspruch, den der Beklagte hinsichtlich der Besteuerung der Erwerbsunfähigkeitsrente als unbegründet zurück wies.
Mit ihrer Klage machen die Kläger geltend, sie, die Klägerin, erhalte eine abgekürzte Leibrente, die nach § 55 Abs.2 EStDV mit ihrem Ertragsanteil von neun vom Hundert zu versteuern sei. Die Erwerbsunfähigkeitsrente gehöre nicht zu den Leibrenten im Sinne § 22 Nr.1 Satz 3 Buchstabe a) Doppelbuchstabe aa) EStG. Die Rentenbescheide seien insoweit Grundlagenbescheide und müssten im Veranlagungsverfahren beachtet werden. Die Vorschrift des § 55 Abs. 2 EStDV sei jedenfalls analog anzuwenden. Der Gesetzgeber habe in Bezug auf die Erwerbsunfähigkeitsrenten den Auftrag des Bundesverfassungsgerichts, eine verfassungskonforme Neuregelung zu schaffen, nicht umgesetzt, weil ausweislich der Begründung des Gesetzesentwurfs die neu geschaffene Regelung des § 22 Nr.1 Satz 3 Buchstabe a) Doppelbuchstabe aa) EStG der Vereinfachung und nicht der sachgerechten Besteuerung diene. Auch verstoße die Regelung, soweit sie abgekürzte Leibrenten erfasse, gegen Art. 3 GG, denn es sei kein einleuchtender Grund ersichtlich, weshalb abgekürzte Leibrenten aus der gesetzlichen Rentenversicherung steuerlich anders als sonstige Leibrenten im Sinne des § 22 Nr.1 Satz 3 Buchstabe a) Doppelbuchstabe bb) EStG behandelt würden.
Der Bevollmächtigte der Kläger weist weiter darauf hin, dass er im Rahmen der Akteneinsicht festgestellt habe, dass der Beklagte am 21. April 2008 einen weiteren Bescheid für 2006 über Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag erlassen habe. Dieser sei durch die Akteneinsicht bekannt gegeben worden und dementsprechend Gegenstand des Verfahrens.
Die Kläger beantragen,
1) den Bescheid für 2005 über Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag des Finanzamtes … vom 8. Oktober 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11. April 2008 zur Steuernummer … dahingehend zu ändern, dass die Einkünfte der Ehefrau aus ihrer Erwerbsunfähigkeitsrente, die sie von der Deutschen Rentenanstalt Bund bezogen hat, mit ihrem Ertragsanteil im Sinne von § 55 Abs. 2 EStDV in Höhe von 9% zu besteuern sind,
2) den Bescheid für 2006 über Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag des Finanzamtes … vom 21. April 2008 zur Steuernummer … dahingehend zu ändern, dass die Einkünfte der Ehefrau aus ihrer Erwerbsunfähigkeitsrente, die sie von der Deutschen Rentenanstalt Bund bezogen hat, mit ihrem Ertragsanteil im Sinne von § 55 Abs. 2 EStDV in Höhe von 9% zu besteuern sind,
3) hilfsweise für den Antrag zu 2) den Bescheid für 2006 über Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag des Finanzamtes … vom 8. Oktober 2007 in Gestalt der Eins...