rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Verlust aus der Kündigung einer im Zusammenhang mit der Finanzierung einer vermieteten Immobilie abgeschlossenen Kapitallebensversicherung als Kapitaleinkünfte und nicht als Werbungskosten bei den Vermietungseinkünften bzw. den Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften infolge der Veräußerung der Mietimmobilie
Leitsatz (redaktionell)
1. Ist eine vermietete Immobilie durch ein endfälliges Darlehen finanziert worden, das bei Fälligkeit durch eine – nach 2004 und damit unter Geltung des Alterseinkünftegesetzes 2004 abgeschlossene – Kapitallebensversicherung abgelöst werden sollte, und wird die Immobilie innerhalb von zehn Jahren nach ihrer Anschaffung veräußert sowie zu diesem Zeitpunkt auch die Kapitallebensversicherung vorzeitig aufgelöst, so ist der infolge der vorzeitigen Ablösung der Kapitallebensversicherung entstandene Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG anzusetzen. Der Verlust gehört weder zu den Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung noch zu den Werbungskosten gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG im Zusammenhang mit dem privaten Veräußerungsgeschäft aus der Veräußerung der Immobilie im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG.
2. Überschüsse oder Verluste aus Lebensversicherungen behalten auch dann, wenn die Lebensversicherungen Teil eines Finanzierungskonzepts für andere Einkunftsarten sind, ihre eigenständige Bedeutung und werden nur nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG steuerlich wirksam.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 1, § 20 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 6 Sätze 1-2, § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 4
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern auferlegt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darum, ob der Verlust aus der Kündigung einer Kapitallebensversicherung im Jahr 2015 bei den Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften als Werbungskosten anzusetzen ist.
Die Klägerin wurde für das Streitjahr mit ihrem am 24.03.2021 verstorbenen Ehemann zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Die Klägerin ist die Alleinerbin ihres Ehemanns. Im Streitzeitraum bezogen die Eheleute u. a. Einkünfte aus der freiberuflichen Tätigkeit des Ehemanns, Einkünfte aus Kapitalvermögen und der Vermietung und Verpachtung.
Die Eheleute waren Eigentümer eines mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstückes Am B…-straße in C…. Aus einem Schreiben der D… AG geht hervor, dass ihnen zur Finanzierung des Objekts ein Darlehen mit Endfälligkeit angeboten worden war und dass die Tilgung durch eine an die D… AG abzutretende Kapital-Lebensversicherung zu erfolgen hatte. Das Vertragsangebot wurde von dem Ehemann der Klägerin im August 2006 unterschrieben. Zudem haben die Eheleute einen Abtretungsvertrag über die Lebensversicherung bei der E… AG an die D… AG eingereicht (Bl. 131, 134 der Einkommensteuerakte – EStA –).
Die Eheleute verkauften das vermietete Objekt B…-straße zum 01.11.2015 zu einem Kaufpreis in Höhe von 300.000,00 EUR.
In der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2015 gaben die Eheleute negative Kapitalerträge in Höhe von 21.078,69 EUR an. Die beigefügte Steuerbescheinigung der E… AG wies diesen Betrag als negative Kaitalerträge im Sinne des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG aus (Bl. 76 EStA).
Den Gewinn aus der Veräußerung des Objekts B…-straße ermittelten die Eheleute in Höhe von 11.851,01 EUR, wobei sie den streitgegenständlichen Verlust als Werbungskosten ansetzten.
Mit Bescheid vom 20.03.2017 setzte der Beklagte einen Gewinn aus privaten Veräußerungsgeschäften in Höhe von 23.750,00 EUR an. Den streitgegenständlichen Verlust in Höhe von 21.078,96 EUR berücksichtigte der Beklagte nicht. Allerdings wurden 9.179,65 EUR Vorfälligkeitszinsen zusätzlich berücksichtigt. Bei den Einkünften aus Kapitalvermögen verrechnete der Beklagte den streitgegenständlichen Verlust in Höhe von 617,00 EUR beim Ehemann der Klägerin mit den laufenden Einkünften, so dass der Beklagte die Einkünfte im Ergebnis mit 0,00 EUR ansetzte.
Mit Feststellungsbescheid vom 20.03.2017 stellte der Beklagte den verbleibenden Verlustvortrag zur Einkommensteuer zum 31.12.2015 für die Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von 20.462,00 EUR (21.079,00 EUR abzgl. 617,00 EUR) für den Ehemann der Klägerin gesondert fest.
Dem Einspruch der Eheleute gab der Beklagte aus nicht streitgegenständlichen Gründen zum Teil statt und wies ihn im Übrigen mit Einspruchsentscheidung vom 16.08.2018 als unbegründet zurück.
Daraufhin haben die Eheleute am 19.09.2018 Klage erhoben.
Die Klägerin trägt vor, dass nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes –BFH– (u. a. BFH, Urteil vom 16.06.2004 – X R 22/00) Schuldzinsen als Veräußerungskosten zu berücksichtigen seien, wenn der Vorgang gemäß § 23 Einkommensteuergesetz –EStG– steuerpflichtig sei. Üblicherweise handele es sich bei den Schuldzinsen um Vorfälligkeitsentschädigungen, die durch die Verpflichtung zur lastenfreien Übertragung und die damit verbundene vorzeitige Ablösung eines Darlehens...