Entscheidungsstichwort (Thema)
Mantelkauf. Änderung der Beteiligungsverhältnisse durch Kapitalerhöhung steht Anteilseignerwechsel gleich. Vor dem Anteilseignerwechsel erfolgter Branchenwechsel regelmäßig ohne Bedeutung
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine Kapitalerhöhung, die zu einer Änderung der Beteiligungsverhältnisse führt, ist im Hinblick auf die wirtschaftliche Identität einer Kapitalgesellschaft einer Anteilsübertragung gleichzusetzen.
2. Hat kein Branchenwechsel stattgefunden, so kommt es für die Frage, ob der Kapitalgesellschaft in Zusammenhang mit der Anteilsübertragung überwiegend neues Betriebsvermögen zugeführt wurde, nur auf das Anlagevermögen an.
3. Ein Branchenwechsel ist im Zusammenhang mit § 8 Abs. 4 KStG nur dann von Bedeutung, wenn er zeitgleich mit dem Anteilseignerwechsel einhergeht. Anders könnte lediglich zu entscheiden sein, wenn das zeitliche Auseinanderfallen von Wechsel des Unternehmensgegenstandes und Anteilseignerwechsel auf einem Gesamtplan beruhte, also ein sachlicher Zusammenhang bestünde.
Normenkette
KStG 2002 § 8 Abs. 4
Tenor
Die Bescheide über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer auf den 31. Dezember 2004 sowie die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 2004, beide vom … 2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom … 2006, werden dahingehend geändert, dass der vortragsfähige Verlust jeweils auf EUR 119 173 festgesetzt wird.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
Die Klägerin wurde am … 1999 gegründet. Sie firmierte seinerzeit als B GmbH; ihr Unternehmensgegenstand bestand in dem Durchführen aller Arbeiten zum Errichten schlüsselfertiger Bauten und der Übernahme der Generalübernehmerfunktion für Sanierung und Modernisierung von Eigentums-, Wohn- und Gewerbeobjekten. Ab 2001 erweiterte die Klägerin ihre Tätigkeit um das Entwickeln und Vermarkten von Software für den Einsatz im Bereich des Gebäudemanagements. Am … 2001 änderte sie ihre Firma in A GmbH Software und Service und erweiterte den Unternehmensgegenstand um „die Entwicklung und Vermarktung von Softwareprodukten einschließlich damit verbundener Dienstleistungen wie Beratung und Schulung”. Am … 2004 wurde das Stammkapital der Klägerin von EUR 25 000 um EUR 90 000 auf EUR 115 000 erhöht. Gleichzeitig wurde der Unternehmensgegenstand erneut in „Entwicklung und Vermarktung von Softwareprodukten einschließlich damit verbundener Dienstleistungen wie Beratung und Schulung” geändert. Die Stammeinlagen aus der Kapitalerhöhung wurden von zwei bis zu diesem Zeitpunkt nicht an der Klägerin beteiligten Gesellschaftern übernommen.
Ausweislich ihrer Bilanz zum 31. Dezember 2004 betrug das Anlagevermögen der Klägerin zum 31. Dezember 2003 EUR 1 420 (Sachanlagen) und zum 31. Dezember 2004 EUR 2 774 (immaterielle Vermögensgegenstände EUR 584, Sachanlagen EUR 2 190).
Die Klägerin erwirtschaftete im Jahre 2000 einen Verlust in Höhe von EUR 51 562, im Jahre 2001 einen Verlust in Höhe von EUR 19 715, im Jahre 2002 einen Verlust in Höhe von EUR 7 787, im Jahre 2003 einen Gewinn in Höhe von EUR 8 321 und im Jahre 2004 einen Verlust in Höhe von EUR 26 041.
Der Beklagte ging davon aus, dass die Klägerin bis Ende 2001 als Bauunternehmen anzusehen war und dass sie ab dem Jahr 2001 teilweise und ab dem Jahr 2002 vollständig im Bereich der Softwareentwicklung tätig war. Er wertete die mit der Aufnahme neuer Gesellschafter verbundene Kapitalerhöhung als Anteilsveräußerung. Zudem sei der Klägerin per 31. Dezember 2004 im Vergleich zur Bilanz 31. Dezember 2003 überwiegend neues Aktivvermögen i.S.d. § 8 Abs. 4 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) zugeführt worden. Der Beklagte ging danach davon aus, dass die Klägerin zum … 2004 ihre wirtschaftliche Identität verloren hatte, und erkannte den körperschaftsteuerlichen und gewerbesteuerlichen Verlustvortrag nur in Höhe von EUR 19 462 an.
Die Klägerin ist der Auffassung, dass eine Kapitalerhöhung einer Anteilsübertragung i.S.d. § 8 Abs. 4 KStG nicht gleichgesetzt werden dürfe. Zwar änderten sich auch bei einer Anteilsübertragung die Mehrheitsverhältnisse der Kapitalgesellschaft, das bedeute aber nicht, dass im Umkehrschluss alle Änderungen der Mehrheitsverhältnisse – wie hier als Folge der Kapitalerhöhung – in den Anwendungsbereich des § 8 Abs. 4 KStG fielen. Zudem sei ihr, der Klägerin, nicht überwiegend neues Betriebsvermögen zugeführt worden. Ihr Betriebsvermögen sei lediglich von EUR 12 699 zum 31. Dezember 2003 auf EUR 17 638 zum 31. Dezember 2004 angewachsen. Allerdings ist nach Ansicht der Klägerin lediglich das Anlagevermögen zu betrachten. Die Erhöhung ihres Anlagevermögens sei im wesentlichen auf Ersatzinvestitionen im Berei...