rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Beseitigung der zur Vorläufigkeit eines Bescheids führenden Ungewissheit bei Anfechtung des Aussagen zur Ungewissheit enthaltenden Feststellungsbescheids
Leitsatz (redaktionell)
Auch wenn sich aufgrund der Rücknahme der Klage gegen einen Feststellungsbescheid der festgestellte Aufteilungsmaßstab für die Anschaffungskosten einer Eigentumswohnung nicht ändert, entfällt die auf der Ungewissheit wegen der Aufteilung der Anschaffungskosten gründende Vorläufigkeit des Einkommensteuerbescheids nicht bereits mit der Bekanntgabe des Feststellungsbescheids, sondern erst mit der Kenntnis des FA von der Klagerücknahme.
Normenkette
AO § 165 Abs. 1. S. 1, Abs. 1. S. 2, § 171 Abs. 8
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.
Tatbestand
Der Kläger erwarb mit notariellem Vertrag vom 14. Dezember 1998 eine Eigentumswohnung in der B.-straße in C. zum Preis von DM 509.000, die zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch vom Veräußerer saniert wurde. Seit der Fertigstellung der Wohnung erzielt der Kläger daraus Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.
Der Beklagte veranlagte den Kläger zunächst für die Streitjahre unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO).
Das für das Feststellungsverfahren nach § 180 Abs. 2 AO i. V. m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Verordnung zu § 180 Abs. 2 AO zuständige Finanzamt D. (FA) führte für das Objekt B.-straße eine Außenprüfung durch und erließ am 4. März 2005 einen Feststellungsbescheid. Dagegen erhob der Kläger zunächst erfolglos Einspruch und sodann Klage. Die Klage nahm er am 26. September 2007 zurück; damit wurde der Bescheid vom 4. März 2005 bestandskräftig.
Nachdem der Beklagte von der Außenprüfung des FA erfahren hatte, fügte er den Einkommensteuerfestsetzungen für die Streitjahre mit Verwaltungsakten vom 25. März 2004 Vorläufigkeitsvermerke gemäß § 165 Abs. 1 Satz 1 AO bei und hob den Vorbehalt der Nachprüfung jeweils auf. Als Grund für die Vorläufigkeit gab der Beklagte an, dass er die Aufteilung der Anschaffungskosten für die Wohnung nicht abschließend beurteilen könne.
Am 19. Juli 2005 teilte das FA die Besteuerungsgrundlagen für die Anwendung des § 3 Satz 2 Nr. 2 des Fördergebietsgesetzes (FördG) mit und erklärte, die Außenprüfung sei mit dem Feststellungsbescheid vom 4. März 2005 abgeschlossen worden. Im September 2005 erfuhr der Beklagte von dem Einspruch des Klägers dagegen. Auf weitere Nachfrage des Beklagten unterrichtete das FA ihn mit Schreiben vom 15. Oktober 2008 von der Klageerhebung und -rücknahme.
Mit Schreiben vom 31. Oktober 2008 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass er beabsichtige, die Einkommensteuerveranlagungen für die Streitjahre unter Berücksichtigung der Feststellungen des FA in dem Bescheid vom 4. März 2005 zu ändern. Mit den hier angefochtenen Bescheiden vom 23. Dezember 2008 änderte der Beklagte die ursprünglichen Steuerfestsetzungen unter Berufung auf §§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 165 Abs. 2 Satz 2 AO. Dagegen erhob der Kläger Einspruch, den der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 4. März 2010 als unbegründet zurückwies.
Der Kläger ist der Auffassung, dass der Beklagte wegen Ablaufes der Festsetzungsfrist gehindert gewesen sei, die angefochtenen Änderungsbescheide zu erlassen. Hier berufe sich der Beklagte zu Unrecht auf § 165 Abs. 1 Satz 1 AO, den er wegen der noch bestehenden Ablaufhemmung gemäß § 171 Abs. 8 AO am 23. Dezember 2008 seiner Ansicht nach noch habe anwenden dürfen. § 171 Abs. 8 AO hemme die Festsetzungsverjährung bis zum Ablauf eines Jahres, nachdem die Ungewissheit beseitigt sei und die Finanzbehörde hiervon Kenntnis erlangt habe. Hier habe der Beklagte bereits durch den Schriftsatz des FA vom 19. Juli 2004 Kenntnis von den Besteuerungsgrundlagen erhalten. Diese Besteuerungsgrundlagen hätten sich auch im Nachhinein nicht geändert. Daran ändere nichts der Umstand, dass er, der Kläger, dagegen zunächst Einspruch eingelegt und Klage erhoben habe. Die Ungewissheit, auf die § 165 Abs. 1 Satz 1 AO abstelle, müsse sich auf Tatsachen beziehen. Die steuerrechtliche Würdigung selbst sei keine Tatsache und daher keine Voraussetzung, von der die Steuerfestsetzung abhängig gemacht werden könne.
Eine Änderung der Bescheide nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO sei nicht mehr möglich gewesen, weil die Frist des § 171 Abs. 10 AO zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Bescheide abgelaufen gewesen sei
Der Kläger beantragt,
die Einkommensteuerbescheide für 2000, 2001 und 2002, sämtlich vom 23. Dezember 2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 4. März 2010 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er trägt vor, dass er nach der Mitteilung des FA vom 19. Juli 2005 innerhalb der Jahresfrist davon Kenntnis erhalten habe, dass der Kläger den Feststellungsbescheid vom 4. März 2005 angefochten habe. Aus diesem Grund habe die Ungewissheit hinsichtlich der Aufteilung der Anschaffungskosten weiterbestanden. Er, der Beklagte, habe erst...