Entscheidungsstichwort (Thema)
Bilanzierungskonkurrenz bei mitunternehmerischer Betriebsaufspaltung. Beteiligung des Kommanditisten an der Komplementär-GmbH als notwendiges Sonderbetriebsvermögen II. Nichtbilanzierung als Indiz für Entnahmewillen
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei einer mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung ist die Bilanzierungskonkurrenz betreffend die an die Betriebsgesellschaft überlassenen wesentlichen Betriebsgrundlagen dahin aufzulösen, dass die Behandlung als eigenes Betriebsvermögen der Besitzgesellschaft Vorrang vor der Behandlung als Sonderbetriebsvermögen bei der Betriebsgesellschaft hat.
2. Die Beteiligung des Kommanditisten an der Komplementär-GmbH ist kein notwendiges Sonderbetriebsvermögen II, wenn die Kapitalgesellschaft neben ihren geschäftlichen Beziehungen zur Mitunternehmerschaft einen anderen eigenen Geschäftsbetrieb von nicht ganz untergeordneter Bedeutung unterhält oder weitere Beteiligungen von nicht ganz untergeordneter Bedeutung verwaltet.
3. War die GmbH zunächst ausschließlich als Komplementärin der Mitunternehmerschaft tätig und die Beteiligung daher notwendiges Sonderbetriebsvermögen II des Kommanditisten bei der Mitunternehmerschaft, so indiziert der Umstand, dass die Beteiligung niemals als Sonderbetriebsvermögen bilanziert wurde, den Willen zur Entnahme der Beteiligung bei Verlust der Eigenschaft als notwendiges Sonderbetriebsvermögen II.
Normenkette
EStG § 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 4 Abs. 1; GewStG § 7
Nachgehend
Tenor
Der zuletzt am 18. Juli 2017 geänderte Gewerbesteuermessbescheid für 2000 und der Bescheid vom 28. Juli 2008 über die Aufhebung der gesonderten Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den31. Dezember 2000, beide in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom20. Oktober 2017, werden dahingehend geändert, dass der Gewinn aus der Veräußerung des Gewerbebetriebs in Höhe von 23.019.257,– DM bei der Ermittlung des Gewerbeertrags nicht berücksichtigt wird.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
Die Revision wird zugelassen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
Tatbestand
Streitig ist die Gewerbesteuerpflicht eines Veräußerungsgewinns der Klägerin.
Zur Gesellschafterstruktur:
An der in den 1970er Jahren durch Herrn B. gegründeten Klägerin waren im Streitjahr 2000 Herr C. als Kommanditist mit einer vermögensmäßigen Beteiligung von 100 % sowie die D. GmbH ohne vermögensmäßige Beteiligung als Komplementärin beteiligt. Die D. GmbH war seit der Gründung an der Klägerin beteiligt. Gesellschafter-Geschäftsführer der D. GmbH waren stets die Kommanditisten der Klägerin. Dies waren zunächst Herr B., dann zusätzlich Herr C. und ab Dezember 1999 letztgenannter allein. Nachdem sich die D. GmbH zunächst auf die Komplementärstellung bei der Klägerin beschränkt hatte, erwarb sie im Jahr 1994 100 % der Anteile an der E. Ltd. und im Jahr 1999 100 % der Anteile an der F. Oy. Außerdem erwarb sie 100 % der Anteile an der G. S.A., einer Gesellschaft französischen Rechts. Die D. GmbH unterhielt aber nie einen eigenen Geschäftsbetrieb. Die Beteiligung an der D. GmbH wurde von der Klägerin zu keinem Zeitpunkt als Sonderbetriebsvermögen der Kommanditisten bilanziert. Die D. GmbH war bei der Klägerin allein geschäftsführungsbefugt.
Die Klägerin ermittelte ihren Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich und erzielte gewerbliche Einkünfte.
Geschäftsbetrieb der Klägerin: Briefumschlagherstellung
Bis Anfang des Jahres 2000 war die Klägerin im Bereich der Briefumschlagherstellung aktiv, wobei sie einen erheblichen Marktanteil erreichte. Ausweislich des Jahresabschlusses auf den 31. Dezember 1999 betrug der Bilanzwert der Klägerin 44.657.433,75 DM. Die Klägerin hatte im Jahr 1999 151 Angestellte (mit Auszubildenden und Teilzeitstellen). Sie erzielte Umsatzerlöse in Höhe von ca. 128 Mio. DM und wies einen Jahresüberschuss von 4,1 Mio. DM aus. Außerdem waren in der Bilanz der Klägerin auf den 31. Dezember 1999 Beteiligungen an der H. Co. mit Sitz in Belgien (Umfang der Beteiligung der Klägerin: 39 %) mit einem Buchwert von 811.503,35 DM und an der I. S.L. mit Sitz in Spanien (Umfang der Beteiligung der Klägerin: 100 %) mit einem Buchwert von 3.125,– DM ausgewiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten verweist der Senat auf den Jahresabschluss auf den 31. Dezember 1999 (Bilanzakte des Beklagten).
Einen Teil ihres Anlagevermögens leaste die Klägerin von der Schwestergesellschaft J. GmbH & Co. KG. Das Betriebsgrundstück befand sich im Eigentum des Herrn C., der es an die Klägerin vermietete.
Unternehmensverkauf (asset deal)
Am 1. März 2000 schlossen Herr C., die Klägerin und die D. GmbH...