rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerhinterziehung eines Arztes durch Nichtangabe einer privaten Berufsunfähigkeitsrente in den Steuererklärungen
Leitsatz (redaktionell)
Hat ein Arzt trotz der ausdrücklichen Frage auf der Rückseite der Anlage KSO nach Einkünften aus Berufsunfähigkeitsrenten die ihm in den Jahren 1995 bis 2000 zugeflossene, mit ihrem Ertragsanteil steuerpflichtige private Berufsunfähigkeits-Zusatzrente, die in ihrem monatlichen Bruttobetrag der Höhe des Bruttoverdienstes eines durchschnittlich verdienenden Arbeitnehmers entsprach, jeweils in der Einkommensteuererklärung nicht angegeben, so ist zumindest von einem bedingten Vorsatz (dolus eventualis) und somit vom Vorliegen einer Steuerhinterziehung als Voraussetzung für eine auf zehn Jahre verlängerte Festsetzungsfrist sowie für die Festsetzung von Hinterziehungszinsen auszugehen.
Normenkette
EStG 1995 § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a; AO § 169 Abs. 2 S. 2, § 370 Abs. 1 Nr. 1, § 235; EStDV § 55 Abs. 2
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Frage, ob der Kläger bezüglich der Einkommensteuerfestsetzungen 1995 bis einschließlich 2003 wegen Nichtangabe seiner monatlichen Bezüge aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung in Höhe von mehr als … DM pro Monat den objektiven und subjektiven Tatbestand einer Steuerhinterziehung i. S. von § 370 der Abgabenordnung (AO 1977) begangen hat.
Der 1959 geborene Kläger und die 1964 geborene Klägerin sind Ehegatten, die vom Beklagten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. In den Streitjahren 1995 bis 2000 waren beide Eheleute nahezu durchgehend berufstätig (der Kläger im Streitjahr 1995 zunächst als angestellter …-Arzt und, in der Folgezeit als selbständiger …-Arzt, die Klägerin in den Jahren 1995 bis 1998 sowie im Jahr 2000 als angestellte …-login und dann als Angestellte in der Praxisgemeinschaft ihres Ehemannes mit einem weiteren Arzt, Herrn D…). Ferner erzielten beide Kläger ab dem Streitjahr 1996 negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Außerdem erklärten die Kläger im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung für das Jahr 1995 im Rahmen der Anlage KSO Einkünfte aus Kapitalvermögen (aus Guthaben und Einlagen) in Höhe von … DM. Die Rückseite (= S.2) dieser Anlage, die sonstige Einkünfte, u. a. Leibrenten, betraf, blieb unausgefüllt. Im Mantelbogen ihrer Einkommensteuererklärungen für die Jahre 1996 und 1997 gaben die Kläger hinsichtlich S. 1 der Anlage KSO an, dass diese nicht eingereicht werde, da die Einnahmen aus Kapitalvermögen die gesetzlichen Freibeträge nicht übersteigen würden. Im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung 1998 machten sie hierzu keine Angaben. Mit der Einkommensteuererklärung 1999 reichten sie wiederum die Anlage KSO ein und gaben darin Beteiligungseinkünfte aus Kapitalvermögen an.
Ab dem Veranlagungszeitraum 2000 gab es für die Kapitaleinkünfte und die sonstigen Einkünfte nicht mehr einen einheitlichen Vordruck „Anlage KSO”, sondern es waren hierfür mehrere Vordrucke zu verwenden (Anlage KAP sowie Anlage SO).
Im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2001 reichten die Eheleute ausgefüllte Anlagen KAP betreffend Zinseinkünfte sowie SO betreffend private Veräußerungsgeschäfte i. S. von § 23 EStG ein. Im Mantelbogen der Einkommensteuererklärungen 2002 sowie 2003 gaben die Kläger hinsichtlich der Anlage SO lediglich an, keine privaten Veräußerungsgeschäfte getätigt zu haben.
Die Einkommensteuererklärungen gingen am 13. August 1997 (betr. 1995), 6. August 1998 (1996), 10. Dezember 1998 (1997), 31. August 2000 (1998), 28. Dezember 2000 (1999) und 27. September 2001 (2000) beim Beklagten ein. Bei der Erstellungen der Erklärungen 1996 bis einschließlich 2000 hatte jeweils die Steuerberaterkanzlei X aus mitgewirkt. Zu dem Zeitpunkt, als die Einkommensteuererklärung 1995 beim Beklagten eingereicht wurde, war für die Kläger Steuerberater Y aus wegen Anpassung der Einkommensteuervorauszahlungen für die Einkommensteuer 1996 tätig (vgl. dessen Schreiben an den Beklagten vom Mai 1997). Bereits der Einkommensteuerbescheid 1994 vom X. April 1997 wurde ihm bekanntgegeben.
Mit Datum X. Februar 2007 sandte die Steuerberaterkanzlei X folgendes Schreiben an den Beklagten: „Sehr geehrte Damen und Herren, in der Anlage überreichen wir Ihnen die bisher in den Steuererklärungen nicht enthaltenen Anlagen SO bzw. Anlage R. Wir bitten um Änderung der Einkommensteuerbescheide 2001 bis 2005”. Entsprechend dem Antrag änderte der Beklagte die betreffenden Einkommensteuerveranlagungen im Hinblick auf die Einnahmen aus der nacherklärten Berufunfähigkeitsrente von bereits im Jahr 2001 monatlich deutlich über … DM pro Monat.
Auf schriftliche Nachfrage des Beklagten vom 5. März 2007 nach der Höhe des Rentenbezugs in den Jahren 1995 bis 2000 zum Zwecke der Änderung auch dieser Einkommensteuerveranlagungen teilte die o. g. Steuerberaterkanzlei dem Beklagten mit Schreiben vom 18. April 2007 auch die Höhe dieser Rentenbez...