rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Einbeziehung der Aktivitäten personenidentischer Schwesterpersonengesellschaften in die Beurteilung der Tätigkeit einer Personengesellschaft als gewerblich oder vermögensverwaltend
Leitsatz (redaktionell)
1. Zur Beurteilung der Frage, ob eine Personengesellschaft selbst die Schwelle zum gewerblichen Grundstückshandel überschritten hat, sind die Aktivitäten personenidentischer Schwesterpersonengesellschaften nicht in die Betrachtung einzubeziehen.
2. Warum der bei der Besteuerung sogenannter Zebragesellschaften eingeschlagene verfahrensrechtliche Weg der Umqualifizierung von Einkünften erst auf der Gesellschafterebene (nur) bei vermögensverwaltenden Schwesterpersonengesellschaften versperrt (oder ungeeignet) sein sollte, erschließt sich nicht.
3. Für die Frage, ob eine Personengesellschaft Schuldnerin der Gewerbesteuer ist, kommt es für die jeweilige Personengesellschaft tätigkeitsbezogen nur darauf an, ob sie selbst in ihrer zivilrechtlichen Existenz die Merkmale der Gewerblichkeit erfüllt.
4. Die Zusammenfassung der Ergebnisse der einzelnen Schwesterpersonengesellschaften in einem gemeinsamen Feststellungsbescheid kommt in Betracht, wenn das Handeln der einzelnen vermögensverwaltenden Schwesterpersonengesellschaften über einen gemeinsamen Zweck gesellschaftsrechtlich verbunden ist, so dass ihre Tätigkeit einheitlich – als gewerblicher Grundstückshandel – betrachtet werden muss.
Normenkette
GewStG 1991 § 2 Abs. 1, § 5 Abs. 1 S. 3; EStG 1990 § 15 Abs. 2, § 21 Abs. 1 Nr. 1; AO § 179 Abs. 1, § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a
Tenor
Der Bescheid über den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag 1995 vom 18. Juli 1997 und der Änderungsbescheid über den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag 1995 vom 15. März 2002 sowie die Bescheide über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 1993, 31. Dezember 1994 und 31. Dezember 1995, jeweils vom 15. März 2002, und die Einspruchsentscheidung vom 3. Juli 2002 werden aufgehoben.
Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
Die Klägerin wurde im Dezember 1993 von Herrn W mit einem Anteil von 2% und der X-AG (heute firmierend unter Y-AG) mit einem Anteil von 98% am Gesellschaftsvermögen gegründet. Letzterer wurde die Geschäftsführung und Vertretung der Klägerin übertragen. Zweck der Gesellschaft war nach § 2 Ziff. 2 des Gesellschaftsvertrages vom 28. Dezember 1993 der Erwerb, die Veräußerung und die Verwaltung von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten, deren Bebauung sowie die Vermietung, Verwaltung und Verwertung der Objekte A. Die Gesellschafter gründeten neben der Klägerin 13 weitere BGB-Gesellschaften mit denselben Gesellschafterverhältnissen und demselben Geschäftszweck.
Die Klägerin erwarb mit notariellem Vertrag vom 21. Dezember 1993 das Erbbaurecht an dem Flurstück 1 der Flur … und einer Teilfläche des Flurstücks 2 in der Flur … der Gemarkung F, belegen …straße 2 bis 5 in F von der Wohnungsbaugesellschaft F mbH, einer Gesellschaft des Landes. Das Flurstück 1 ist mit einem Wohn- und Gewerbeobjekt mit insgesamt 78 Einheiten bebaut, das Bestandteil des denkmalgeschützten Ensembles A in F ist. Bei dem Teilstück des Flurstücks 2 handelt es sich um eine zwischen …straße und dem Gebäude liegende, nicht bebaubare Freifläche. Der zwischenzeitlich mehrfach modifizierte notarielle Vertrag enthielt weiter die Verpflichtung der Klägerin, die Gebäude instand zu setzen und zu modernisieren, wobei damit die Grundeigentümerin gegen einen Festpreis beauftragt wurde. Auch durfte die Klägerin nach § 12 des Vertrages das Erbbaurecht nur mit Zustimmung der Grundeigentümerin veräußern, die nur aus wichtigem Grund versagt werden durfte. Schließlich enthielt der Erbbaurechtsvertrag ein Kaufangebot für die Flurstücke. Wegen des weiteren Inhalts des Vertrages wird auf den Inhalt der bei den Akten liegenden Urkunde Bezug genommen. Auch die 13 weiteren Gesellschaften erwarben am 21. Dezember 1993 Erbbaurechte an bebauten Grundstücken an der A sowie zugeordneten Nebenflächen.
Die Gründungsgesellschafter der Klägerin beschlossen in der Gesellschafterversammlung vom 29. September 1994, die X-GmbH (heute Y-GmbH) mit Wirkung ab dem 1. Oktober 1994 als weitere Gesellschafterin in die Gesellschaft aufzunehmen. Die neue Gesellschafterin sollte ab 1. Januar 1995 an Gewinn und Verlust teilnehmen. Am Gesellschaftsvermögen sollte sie mit 5%, Herr W mit 0% und die X-AG mit 95% beteiligt sein. Die Vertretungsverhältnisse blieben unverändert. In gleicher Weise änderten sich auch die Beteiligungsverhältnisse der 13 weiteren BGB-Gesellschaften. Die Erbbaurechtsverträge wurden mit Blick darauf im ...