Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Vorsteuerabzug aus einer Rechnung, die eine unzutreffende Steuernummer des Leistenden enthält. keine Rückwirkung der Rechnungsberichtigung
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Voraussetzung des Besitzes einer Rechnung schließt den Vorsteuerabzug zu einem Zeitpunkt aus, in dem eine (ordnungsgemäße) Rechnung (noch) nicht vorliegt (im Streitfall war eine unzutreffende Steuernummer des Leistenden angegeben war).
2. Eine Rechnungskorrektur entfaltet keine Rückwirkung. Insbesondere ist das EuGH-Urteil v. 15.7.2010, C-368/09 nicht dahin zu verstehen, dass der Vorsteuerabzug nunmehr grundsätzlich rückwirkend zulässig sein soll und dass dies auch dann gilt, wenn die berichtigten Rechnungen noch vor Erlass des Umsatzsteuer-Änderungsbescheids eingereicht werden.
Normenkette
UStG § 15 Abs. 1 Nr. 1, § 14
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Tatbestand
Die Klägerin betreibt einen Flugplatz. Im Ergebnis einer Außenprüfung versagte der Beklagte die Vorsteuer aus vier Rechnungen der B. GbR unter Hinweis darauf, dass diese Rechnungen eine unzutreffende Steuernummer des Rechnungsausstellers auswiesen, indem dort lediglich die Zahl 500 angegeben sei. Auf die Prüfungsberichte vom 30.11.2010 wird Bezug genommen. Noch vor Erlass der entsprechend geänderten Umsatzsteuerbescheide legte die Klägerin dem Beklagten mit Schreiben vom 16.11.2010 korrigierte Rechnungen mit der zutreffenden Steuernummer vor. Der Beklagte berücksichtigte gleichwohl in den Änderungsbescheiden vom 22.08.2011 die in Rede stehenden Vorsteuerbeträge nicht. Das Einspruchsverfahren blieb ohne Erfolg.
Zur Begründung ihrer Klage macht die Klägerin geltend, die Vorsteuerbeträge seien in den Streitjahren 2005 bzw. 2006 zu berücksichtigen. Sie bezieht sich dabei auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, Urteile vom 15.07.2010 C-368/09 – Pannon Gep –; vom 08.05.2013 C-271/12 – Petroma Transports SA –) und des Bundesfinanzhofs (BFH, Urteil vom 30.04.2009 VR 15/07; Beschlüsse vom 20.07.2012 VB 82/11 und 10.01.2013 XI B 33/12) und trägt vor, die ursprünglichen Rechnungsangaben seien zwar unvollständig gewesen, gleichwohl hätten diese Rechnungen die nach der Rechtsprechung des BFH erforderlichen Mindestangaben, nämlich Angaben zum Rechnungsaussteller, zum Leistungsempfänger, Leistungsbeschreibung, Entgelt ohne Steuer, den Steuerbetrag und gegebenenfalls einen Hinweis auf eine Steuerbefreiung enthalten. Zudem seien die korrigierten Rechnungen dem Prüfer noch vor Erstellung des Prüfungsberichts zugeleitet worden.
Die Klägerin beantragt,
die Umsatzsteuerbescheide vom 22.08.2011 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 11.12.2011 ersatzlos aufzuheben,
hilfsweise, die Revision zum Bundesfinanzhof zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Auffassung, die Vorsteuer sei erst im Zeitpunkt der Vorlage der korrigierten Rechnungen zu berücksichtigen.
Dem Gericht haben bei seiner Entscheidung neben der Verfahrensakte ein Band Betriebsprüfungsakten, ein Band Umsatzsteuerakten sowie eine Heftung „Rechtsbehelf” vorgelegen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig.
Der Vorsteuerabzug ist nicht in den Streitjahren zu gewähren, da die Rechnungskorrektur nach Auffassung des Senats keine Rückwirkung entfaltet (so auch Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 9.10.2014 5 K 5092/14).
Der Unternehmer kann die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt werden, als Vorsteuer abziehen. Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14 a ausgestellte Rechnung besitzt (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Umsatzsteuergesetz – UStG –). Dass die ursprünglichen Rechnungen die nach § 14 Abs. 4 Nr. 2 UStG geforderte Angabe der Steuernummer des Rechnungsausstellers nicht enthielten, ist unstreitig. Unstreitig ist auch, dass vor Erlass der Änderungsbescheide ordnungsgemäße Rechnungen vorgelegt worden sind.
Der EuGH hat mit Urteil vom 29.4.2004 (C-152/02 – Terra Baubedarf –, Slg. 2004, 5583) entschieden, dass Artikel 18 Abs. 2 Unterabsatz 1 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern so auszulegen ist, dass das Vorsteuerabzugsrecht für den Erklärungszeitraum auszuüben ist, in dem die beiden dort genannten erforderlichen Voraussetzungen erfüllt sind, dass nämlich die Lieferung der Gegenstände oder die Dienstleistung bewirkt wurde und dass der Steuerpflichtige die Rechnung oder das Dokument besitzt, das nach den von den Mitgliedstaaten festgelegten Kriterien als Rechnung betrachtet werden kann. Die Voraussetzung des Besitzes einer Rechnung, die auch in der ab 2004 gültigen Fassung des § ...